# taz.de -- Migrationsforschung an der Uni Osnabrück: Wider die Verengung des … | |
> Die Debatte über Migration polarisiert. Der Sonderforschungsbereich | |
> „Produktion von Migration“ der Uni Osnabrück legt Mechanismen der | |
> Ausgrenzung offen. | |
Bild: Ostern im Hamburger Stadtpark: Was als migrantisch gesehen wird, hängt v… | |
Osnabrück taz | „Warum gilt eine Person, die vom Land in die Stadt wandert, | |
nicht als Migrant*in?“ Seit geraumer Zeit [1][polarisiert die | |
gesellschaftspolitische Debatte über Migration]. Oft wird sie zur Bedrohung | |
für die innere Sicherheit und die demokratische Grundordnung stilisiert. | |
Doch was meint das Konzept „Migration“ eigentlich, und welche | |
gesellschaftliche Funktion hat sie? | |
Diesen Fragen widmet sich der [2][Sonderforschungsbereich (SFB) 1604 | |
„Produktion von Migration“] an der Universität Osnabrück, der seit April | |
vorigen Jahres von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. | |
Anders als die klassische Migrationsforschung setzt man hier nicht voraus, | |
dass Migration eine gegebene Tatsache ist. „Wir sehen, dass die | |
gesellschaftliche Produktion von Migration ein dynamischer, häufig sehr | |
umkämpfter Prozess ist“, erklärt Andreas Pott, stellvertretender Direktor | |
des Instituts für Migrationsforschung und Sprecher des | |
Sonderforschungsbereichs. | |
Etwa 50 Forschende aus Fachrichtungen wie Geschichts-, Sozial-, Politik-, | |
Rechtswissenschaften und Geografie untersuchen die gesellschaftliche | |
Produktion von Migration anhand der Bereiche „Figuren“, „Räume“ und | |
„Infrastrukturen“. Die Klassifizierung und Kategorisierung von Menschen als | |
„Arbeitsmigrant“, „Asylbewerber“ oder „zweite Generation“ spiele in | |
[3][Migrationsdiskursen] eine große Rolle, erklärt Pott. „Wir sprechen von | |
Figuren, weil sie gesellschaftlich entstehen und identitätsbildend werden. | |
Sie werden zugeschrieben und angenommen, können aber auch abgelehnt oder | |
unterlaufen werden.“ | |
## Als Migrant*in wahrgenommen | |
Neben Figuren strukturieren Räume die Migration. Sie beeinflussen ihre | |
Aushandlung und die damit verbundenen politischen Entscheidungen – | |
„angefangen von der Vorstellung, dass sich Menschen von A nach B bewegen, | |
bis zur Artikulation, Visualisierung und Kontrolle von Grenzen“, sagt Pott. | |
Beispielsweise würden Begrifflichkeiten wie „Problemviertel“ oder | |
„Parallelgesellschaft“ bestimmen, für wen Sozial- und | |
Stadtentwicklungspolitik betrieben werde. Zudem entschieden Infrastrukturen | |
darüber, wer als Migrant*in wahrgenommen werde und welche Rechte damit | |
verbunden seien. | |
Um auch die Rolle der Wissenschaft in der gesellschaftlichen Hervorbringung | |
von Migration zu reflektieren, bezieht sich der Sonderforschungsbereich | |
selbst in die Untersuchung mit ein. Auch die internationale Zusammenarbeit | |
soll helfen, die eigene Rolle und das Verständnis von Migration zu | |
hinterfragen: „Uns interessiert, wie unsere Begriffe an anderen Orten | |
funktionieren und welche anderen Lesarten unsere Interpretation bereichern | |
können.“ | |
Dadurch wolle man den „nationalen Container“ überwinden, der nicht nur die | |
Migrationsforschung strukturiere, sondern auch eine Funktion von Migration | |
darstelle: „Sie wird als Abweichung oder Störung wahrgenommen und | |
reproduziert dadurch die Vorstellung nationaler und territorial gebundener | |
Gesellschaften.“ | |
Gerade in Zeiten, in denen Migration vereinfacht, wenig faktenbasiert | |
verhandelt und für politische Interessen instrumentalisiert werde, sei es | |
zentral, die Blickverengung zu benennen: „Mit dem Sonderforschungsbereich | |
möchten wir den Blick auf Migration verändern“, sagt Pott. „Dazu zählt | |
auch, ernst zu nehmen, dass unser Wissen beobachtungsabhängig ist.“ | |
[4][Migration] könne aus anderen Blickwinkeln betrachtet, | |
Migrationsgeschichten aus der Perspektive Betroffener erzählt werden. „Die | |
starken Problematisierungen, Ausschlüsse und Rassismen, die mit Migration | |
verbunden sind, wollen wir kritisch thematisieren.“ | |
5 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Asylpolitik-im-Koalitionsvertrag/!6081386 | |
[2] https://www.uni-osnabrueck.de/sfb1604/ | |
[3] /Wissenschaftliche-Debatte-um-Migration/!6080800 | |
[4] /Migration/!t5007824 | |
## AUTOREN | |
Sarah Lasyan | |
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