# taz.de -- Pamela Anderson in „The Last Showgirl“: Das Kostüm behält sie… | |
> Im Drama „The Last Showgirl“ landet die Hauptdarstellerin Pamela Anderson | |
> in einer ungeschminkten Trailer-Wirklichkeit. | |
Bild: Mit 57 hat man noch Träume: Shelley (Pamela Anderson) in „The Last Sho… | |
In der Unterhaltungsindustrie der USA ist „Showgirl“ ein feststehender | |
Begriff. Übernommen von den Moulin-Rouge- und Lido-Tänzerinnen des 19. | |
Jahrhunderts und über die „Ziegfeld Follies“ integriert, bezeichnet er die | |
vielen Performerinnen, die eine Show ausmachen. Showgirls tanzen, singen, | |
lächeln und glitzern. Gemein ist ihnen vestimentäre Opulenz bei knappem | |
Kostümschnitt, Jugend und normative Schönheit. | |
Mit 57 Jahren sind die Tage von Shelley (Pamela Anderson) also ganz klar | |
gezählt. Zwar war die blonde Frau einst der Star der („französisch“ | |
inspirierten) „Razzle Dazzle“-Revue in einem klassischen Casino auf dem Las | |
Vegas Strip. Aber was um die Ecke auf Shelley wartet, sieht sie an ihrer | |
engen, noch um einiges älteren Freundin Annette (Jamie Lee Curtis): Annette | |
wurde bereits aus der „Chorus Line“ aussortiert, arbeitet inzwischen – no… | |
immer konsequent in Glanzbody, künstlicher Megabräune und Pumps – als | |
schlecht bezahlte Cocktailkellnerin und schlägt angeschickerten Männern, | |
die ihr an die Brüste fassen, mit resigniertem Automatismus auf die Pfoten. | |
Als der Show-Producer Eddie (David Bautista) den „Razzle | |
Dazzle“-Mitarbeiterinnen eröffnet, dass die Show zugunsten einer moderneren | |
Unterhaltung abgesetzt wird, sind Shelley und ihre Kolleginnen fassungslos. | |
Doch Shelley muss noch mehr Realität ertragen: Ein Versuch, sich bei | |
anderen Revues zu bewerben, scheitert aufgrund ihrer angejährten | |
Tanzskills, und eine Kontaktaufnahme mit der entfremdeten Tochter Hannah | |
(Billie Lourd) geht gründlich ins Paillettenhöschen. | |
Regisseurin Gia Coppola, Mitglied des Coppola-Filmclans, konzentriert sich | |
in ihrer Version der oft erzählten Elternteil-Kind-Annäherungsstory à la | |
[1][„The Wrestler“] auf den Körper: In gesättigten Farben zeigt sie | |
Showgirl Shelley als Opfer genau jener misogynen und ageistischen | |
Strukturen, von denen sie (als medioker talentierte Tänzerin) einst | |
profitierte. Wie eine grellbunte, einsame Krähe stellt sie Anderson immer | |
wieder feder- und strassgeschmückt in den frühen Morgenstunden auf ein | |
Hoteldach und rückt ihr mit der Kamera auf die gebräunte Haut und an die | |
künstlichen Wimpern. Die schmuddelige, im wahrsten Wortsinn ungeschminkte | |
Trailer-Wirklichkeit, in der sich die Frauen nach der Schicht zum Kochen, | |
Trinken und Quatschen treffen, bildet den eindrücklichen Kontrast dazu. | |
Coppolas Bilder sind teils sehr stark. Sie verdeutlichen Trauer und | |
Bedauern, und sie erzeugen Empathie – denn weder gibt es für Shelley | |
Alternativen, noch erfüllt sich ihr Wunsch nach einem engeren Verhältnis zu | |
der glamourfernen, feministisch denkenden Hannah. Die ist nach einem | |
heimlichen Besuch bei einer der letzten „Razzle Dazzle“-Revuen entsetzt von | |
der oberflächlichen Show, die die Puppen tanzen lässt – und wegen der sie | |
als Kind vernachlässigt wurde. | |
Pamela Anderson, deren eigene Karriere die Showgirl-Genese spiegelt, spielt | |
mit wackeliger Stimme eine schwache, etwas müde Frau, die dereinst nicht | |
etwa mit Krallen und Klauen um ihre Tochter kämpfte, sondern vieles | |
geschehen ließ, weil sie es genoss, im Mittelpunkt zu stehen. So sehr, dass | |
sie das Kostüm immer noch nicht ausziehen mag. | |
Der Ambivalenz in diesem Protagonistinnencharakter ist Anderson jedoch | |
nicht wirklich gewachsen – vor allem gegen [2][die großartig spielende | |
Jamie Lee Curtis], deren betrunkener, einsamer Tanz in der Casino-Ecke eine | |
der besten Szenen ist. Ein bisschen verfällt der Film darum eben jener | |
Systematik, die er kritisiert: „The Last Showgirl“ hat etwas Flaches, | |
Vorhersehbares, das die Protagonistinnen auf die Glitzerkostüme reduziert, | |
ihre Machtlosigkeit zugunsten von Klischees ausbeutet. Auch ein Showgirl | |
könnte schließlich mal auf den Casinotisch hauen. | |
19 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Mickey-Rourke-in-The-Wrestler/!5167249 | |
[2] /95-Oscar-Verleihung/!5921243 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
## TAGS | |
Film | |
Spielfilm | |
Filmrezension | |
Erotikfilm | |
DVD | |
Grimms Märchen | |
Oscarverleihung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
„Sad Jokes“ von Fabian Stumm: Mit viel Kunst aus dem Leben gegriffen | |
„Sad Jokes“ ist erst der zweite Langfilm des Regisseurs Fabian Stumm – und | |
er ist sagenhaft gut. | |
Schauspielerin Rachel Zegler: Rassismus gegen Schneewittchen | |
Die Darstellerin Rachel Zegler wird als „nicht weiß“ genug beschimpft, | |
dabei ist sie dem klassischen Schneewittchen wie aus dem Gesicht | |
geschnitten. | |
95. Oscar-Verleihung: „Everything Everywhere“ gewinnt | |
Der Science-Fiction-Film holt sieben Oscars. Das deutsche Weltkriegsdrama | |
„Im Westen nichts Neues“ wird bester internationaler Film und erhält | |
insgesamt vier Oscars. | |
Mickey Rourke in "The Wrestler": Die Muskeln sind müde | |
Ring frei für Mickey Rourke: "The Wrestler" von Darren Aronofsky verschafft | |
dem von plastischer Chirurgie und Karriereknicks versehrten Schauspieler | |
ein tolles Comeback. | |
die wahrheit: Pamela Anderson | |
Ihr wahres Ich hinter den Brüsten |