# taz.de -- Neonazi-Vortrag in Berlin-Wilmersdorf: Sellner bleibt nicht ungest�… | |
> Rund 100 Demonstrierende protestierten vor einem Restaurant in | |
> Wilmersdorf gegen eine Veranstaltung mit dem Rechtsextremisten Martin | |
> Sellner. | |
Bild: Neonazi-Treffen unter Polizeischutz und hinter abgeklebten Scheiben am Do… | |
Berlin taz | Rund 100 Menschen haben am Donnerstagabend in | |
Charlottenburg-Wilmersdorf gegen eine Veranstaltung mit dem | |
österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner demonstriert. Vor dem | |
Restaurant am U-Bahnhof Güntzelstraße, in dem der Kopf der „Identitären | |
Bewegung“ einen Vortrag halten sollte, kam es noch vor Veranstaltungsbeginn | |
zu kurzen Auseinandersetzungen zwischen Sellner-Sympathisanten und einer | |
Hand voll vermummter Antifaschist:innen. Auch Pfefferspray kam zum Einsatz. | |
Vorausgegangen war ein Rätselraten über den geheim gehaltenen Ort des | |
Treffens. Ursprünglich wurde vermutet, dass der | |
[1][„Remigrations“-Stichwortgeber Sellner] in einem Lokal an der | |
Uhlandstraße auftreten sollte, das bereits in der Vergangenheit Schauplatz | |
rechter Treffen gewesen sein soll. Etwa 50 Demonstrierende versammelten | |
sich vor dem Lokal. Zum Gegenprotest aufgerufen hatten Initiativen wie etwa | |
das Bündnis Widersetzen und Aufstehen gegen Rassismus. Allein, der Ort war | |
falsch. | |
Gleichwohl kursierten Informationen über einen Sammelpunkt der Rechten über | |
verschiedene Messenger-Dienste. Am Hohenzollernplatz versammelten sich | |
schließlich rund 45 Anhänger Sellners, die von dort zum Restaurant am | |
U-Bahnhof Güntzelstraße zogen. Wenige Minuten später trafen auch Polizei | |
und Gegendemonstrant:innen ein. | |
Romi, eine Sprecherin des Bündnisses Widersetzen, sagte, ein friedlicher | |
Protest sei ihnen wichtig, nur laut müsse er sein. „Nazis [2][werden | |
derzeit immer mutiger]. Antifaschismus auf der Straße ist das, was wir | |
ihnen entgegensetzen können“, sagte sie zur taz. Die Menge skandierte: | |
„Neonazis raus aus den Kiezen“. Und: „Es gibt kein Recht auf | |
Nazi-Propaganda“. | |
## Restaurantbetreiber fühlt sich getäuscht | |
Der Betreiber des Restaurants, Jeyakumar Gopalbali, wurde von dem Protest | |
überrascht, wie er sagte. Er fühle sich von seinen Mietern getäuscht, | |
berichtet er, angesprochen auf den rechtsextremen Vortrag in seinem Laden. | |
Angekündigt habe sich die Gruppe lediglich zum „Essen und Trinken“, sagte | |
Gopalbali zur taz. | |
Klar ist: Die Rechten wollten ungestört sein, wenn ihr Posterboy in Berlin | |
auftritt. Schon vorab wurden die Fenster des von ihnen angemieteten Lokals | |
abgeklebt, um Einblicke von außen zu verhindern. Gopalbali sagte, die | |
politische Einstellung sei ihm vorab nicht bekannt gewesen: „Hätte ich das | |
gewusst, hätte ich meine Räumlichkeiten natürlich nicht an die Gruppe | |
vermietet.“ Er habe nun Sorge, dass sich das negativ auf das Geschäft | |
auswirkt. | |
Und tatsächlich: „Ich finde es schockierend, dass so ein Treffen vor meiner | |
Haustür stattfindet“, sagte eine Anwohnerin zur taz. Manche schlossen sich | |
spontan dem Protest an. „Ich wollte eigentlich nach Hause, aber jetzt muss | |
ich hier stehen bleiben“, sagte eine Passantin. Über eine Stunde begleitete | |
der Protest den rechtsextremen Vortrag lautstark von außen. | |
Nach dem Vortrag verließen die rechten Teilnehmer den Veranstaltungsort in | |
Taxis. Kurzzeitig versuchten Antifaschist:innen, die Straße zu blockieren. | |
Einige Taxifahrer:innen reagierten auf ihre Art. Sie drehten einfach | |
um, nachdem sie von Protestierenden erfahren hatten, um wen es sich bei den | |
potenziellen Fahrgästen handelt. | |
Es ist nicht das erste Mal, dass Sellner in Berlin referierte. Im Juli | |
letzten Jahres las der rechtsextreme Ideologieproduzent Sellner [3][beim | |
Verein „Staatsreparatur“ in Berlin-Lichterfelde] aus seinem Buch | |
„Remigration“. Der rechtsextreme Kampfbegriff ist ein Euphemismus für die | |
Forderungen nach Vertreibungen und Massendeportationen. Rund 1.000 | |
Antifaschist:innen protestierten an diesem Tag gegen den Vortrag. Auch | |
war Sellner [4][im November 2023 zu Gast in einem AfD-Parteibüro in | |
Berlin-Pankow], wie Recherchen der taz zeigten. | |
28 Feb 2025 | |
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[1] /Hintergrund-des-Begriffs-Remigration/!5987412 | |
[2] /Remigration-Sylt-Video-die-Wahlen/!6052955 | |
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[4] /AfD-Geheimtreffen-mit-Martin-Sellner/!5992121 | |
## AUTOREN | |
Nicolai Kary | |
Johanna Weinz | |
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