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# taz.de -- Psychotherapeutin über Migrant*innen: „Ich will diese Menschen s…
> Saher Khanaqa-Kükelhahn hört als Psychotherapeutin viele Geschichten von
> Migration. 28 von ihnen schildert sie in ihrem Buch „Mein Ich – mein
> Zuhause“.
Bild: Viele Lebensgeschichten: Migranten helfen beim Befüllen von Sandsäcken …
taz: Frau Khanaqa-Kükelhahn, die 28 kurzen Erzählungen Ihres Buchs
schildern die Lebenserfahrungen von Migrant*Innen in Deutschland. Sind
diese literarischen Texte aus Ihrer Arbeit als Psychotherapeutin erwachsen?
Saher Khanaqa-Kükelhahn: Seit 31 Jahren habe ich eine Praxis als
Psychotherapeutin und da habe ich viele Geschichten von der [1][Migration]
und [2][Integration] gehört, die sich ähneln. Und meine Erzählungen sind
angelehnt an viele dieser wahren Begebenheiten.
taz: Geschichten aus dieser Perspektive gehören ja so gut wie gar nicht zum
kollektiven Bewusstsein dieses Landes. War das ein Grund dafür, warum Sie
dieses Buch geschrieben haben?
Khanaqa-Kükelhahn: Geflüchtete und Menschen im Migrationsprozess werden
fast immer als eine homogene Gruppe wahrgenommen, die in einer grauen Zone
lebt. Aber sie sind alle individuelle Menschen mit ihren eigenen Stärken,
Kompetenzen, Schwächen und kulturellen Zwängen. Ich will diese Menschen
sichtbar machen und deshalb war es mir wichtig, Geschichten zu erzählen, in
denen etwas Positives aus dem erwächst, was diese Menschen in sich tragen.
taz: Auch wenn Sie zum Beispiel in einer der Geschichten eine junge Frau
aus Ghana von der brutalen Gewalt erzählen lassen, die ihr angetan wurde,
haben tatsächlich alle Ihre Geschichten ein optimistisches Ende. Ist das
realistisch oder nicht doch Wunschdenken?
Khanaqa-Kükelhahn: Ich kann ganz frech aus meiner eigenen Erfahrung
behaupten, dass 90 Prozent der Menschen mit traumatischen Erfahrungen dann,
wenn man schafft, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und sie nicht als Opfer
zu sehen, in ihrem Leben eine neue Wendung mit einer neuen Basis und einem
neuen Zuhause finden. Das ist mein tägliches Brot.
taz: Sie schreiben Ihre Geschichten als Rollenprosa, also aus dem
Blickpunkt und in dem Idiom der Protagonist*innen. Das ist auch literarisch
interessant, weil Sie den Ton immer überzeugend treffen. Haben Sie dieses
gute Ohr für die Sprache auch in Ihrem Beruf entwickelt?
Khanaqa-Kükelhahn: Ich kann die Menschen ja nur behandeln und ihnen
weiterhelfen, wenn ich sie verstehe. Und das bedeutet ja immer auch, in
ihre Welt und ihre Sprache einzutauchen. Ich kann mich gut in die Menschen
hineinversetzen und bei meinen Texten ist es dann ein Stilmittel, um von
ihrem Fokus aus die Welt zu sehen.
taz: Sie erzählen von Migrationserfahrungen von Menschen aus der
[3][Ukraine], aus [4][Syrien], [5][Ghana] und auch aus der ehemaligen DDR.
In einer Geschichte lassen Sie sogar einen Hund in sehr kultiviertem
Deutsch von seinen türkischen Herrchen erzählen. Wie sind Sie denn auf
diese witzige Idee gekommen?
Khanaqa-Kükelhahn: Ich haben mal auf einem Campingplatz beobachtet, wie ein
Hund von einer türkischen Familie behandelt wird und als ich dann fragte,
wo der Hund hergekommen ist, hat ein Jugendlicher protzig geantwortet: „Das
war der Hund von einem Professor.“ Und dann habe ich darüber nachgedacht,
dass der Hund von diesem deutschen Bildungsbürger ganz anders behandelt
wurde als es in unseren Kulturen üblich ist. Das ist ja ganz ähnlich wie
bei Menschen in einem Flüchtlingsheim, die in ihren Heimatländern einen
hohen Status hatten, von dem in Deutschland nichts mehr übrig geblieben
ist.
11 Mar 2025
## LINKS
[1] /Migration/!t5007824
[2] /Integration/!t5010246
[3] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
[4] /Syrische-Fluechtlinge/!t5013529
[5] /Ghana/!t5020936
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Bremen
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Psychische Erkrankungen
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