| # taz.de -- Die Wahrheit: Wo ist das Bullen-Haferl abgeblieben? | |
| > Die Wahrheit bei Inspektor Schöninger von der Polizeiinspektion 1. Auch | |
| > hier gehts um den Merz'schen Zensus: Hat die Polente alle Tassen im | |
| > Schrank? | |
| Bild: Vorbildlich und vorschriftsgemäß: Alle Tassen, alle im Regal | |
| Klar, der Heinl hat sich natürlich freigenommen. Inspektor Schöninger war | |
| sauer. Blieb wieder die ganze Arbeit am Moosgruber hängen, weil der gnädige | |
| Herr Wachtmeister zum Skifahren auf die Alpspitz zu gehen geruht. Bei den | |
| Temperaturen! Früher wäre das gar nicht gegangen. Da ist man zu Hause | |
| geblieben, wenn alles weggetaut war. Aber seit sie angefangen haben, den | |
| Klimawandel mit Schneekanonen zu bekämpfen, war das ja kein Problem mehr. | |
| Die Zeiten ändern sich, ja, das war dem Schöninger schon klar, auch bei ihm | |
| in der Polizeiinspektion 1 in München. | |
| Der Heinl jedenfalls war nicht da am Tag der Tasseninspektion. Wie gut, | |
| dass der Moosgruber eine so gute Seele war. Der war schon unterwegs mit den | |
| Listen, die sie neuerdings zu führen hatten. Die große Aufregung um den | |
| Tassenzensus war ja gottlob wieder abgeebbt. Über 150.000 Leute waren | |
| damals auf die Theresienwiese gezogen und hatten demonstriert. Sie wollten | |
| sich nicht in den Küchenschrank schauen lassen. Auch seine Elisabeth war | |
| damals skeptisch gewesen. „Mama, die wollen doch nur wissen, wie viel | |
| Tassen du im Schrank hast“, hatte er immer wieder zu ihr gesagt. | |
| Ob er sie wirklich überzeugt hatte, wusste der Schöninger nicht so recht, | |
| auf jeden Fall ließ die „Mama“ am Ende den Schüler, der sich als | |
| Tassenzähler hatte anheuern lassen, in die Wohnung. Mit dem Service, das | |
| sie von ihrer Großmutter geerbt hatte, dem schon etwas ausgedünnten | |
| Aussteuer-Porzellan und den großen Haferln, von denen sich über die Jahre | |
| immer mehr angesammelt hatten, kam der Zensor auf insgesamt 31 Tassen. So | |
| wurden sie registriert. | |
| Inspektor Schöninger seufzte. Der Tag war schon nicht gut losgegangen. Ob | |
| er denn wisse, wo das Haferl mit Aufdruck „365 x 24/7 = 110“ abgeblieben | |
| sei, hatte sie ihn schon gefragt, bevor er den ersten Schluck Kaffee des | |
| Tages getrunken hatte. So brauche sie ihm nicht zu kommen, sagte er. Als ob | |
| er je gewusst hätte, wo sich irgendwelche Sachen im Haushalt befinden. Zwei | |
| Stunden hatte er neulich mal gebraucht, um den Ort ausfindig zu machen, an | |
| dem die „Mama“ seine Socken aufbewahrte. | |
| Da hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben vergessen, ihm die Strümpfe | |
| rauszulegen. Und jetzt kam sie ihm mit diesem Haferl! „Weil doch heute | |
| Überprüfung ist, das müsstest du doch am besten wissen“, sagte sie und er | |
| wäre wohl ernsthaft sauer geworden, wenn er schon richtig wach gewesen | |
| wäre. So sagte er leise, aber so, dass die „Mama“ es durchaus hören konnt… | |
| „Meine eigene Frau hat also nicht mehr alle Tassen im Schrank.“ | |
| Wachtmeister Moosgruber, der sicher gleich bei ihr läuten wird, würde ihr | |
| den Kopf schon nicht abreißen. Der Tassenzensus war ja am Ende nichts | |
| weiter als ein groß angelegter Faktencheck. Das zumindest hatten sie ihnen | |
| bei einer Schulung im Polizeipräsidium erklärt. Der damals noch ganz | |
| frische Bundeskanzler hatte damals zugegeben, dass seine Behauptung, nach | |
| der diejenigen, die gegen die Nazis auf die Straße gegangen seien, nicht | |
| alle Tassen im Schrank hätten, nicht wirklich faktenbasiert gewesen sei. | |
| Das dürfe sich nicht wiederholen, meinte er, und ordnete den Tassenzensus | |
| an. Nach der Erfassung sollte dann jedes Jahr einmal überprüft werden, ob | |
| die Bürgerinnen und Bürger des Landes noch alle Tassen im Schrank hätten. | |
| So wie es an diesem Tag geschehen sollte. Am Ende ließe sich so doch noch | |
| überprüfen, ob der nunmehrige Kanzler vielleicht doch recht gehabt hat mit | |
| seiner Behauptung. | |
| ## Der Moosgruber unter Verdacht | |
| Logisch, ausbaden mussten derartige Ideen natürlich wieder er und seine | |
| Kollegen in der Polizeiinspektion. Als hätten sie nicht genug zu tun. | |
| Gerade erst war aufgeflogen, dass sich ein paar Kollegen mit dem Kauf und | |
| Weiterverkauf von Kokain ein paar Euro dazuverdient hatten. Damit hatte der | |
| Schöninger immer noch genug Ärger. Sogar der Moosgruber war unter Verdacht | |
| geraten. Doch am Ende stellte sich heraus, dass es stinknormaler | |
| Schnupftabak war, den er sich regelmäßig einverleibte. | |
| Und der Schöninger selbst hatte sich gefragt, wie es sein konnte, dass sich | |
| der Heinl dieses neue Paar Ski leisten konnte, mit dem er eines Tages auf | |
| dem Dachgepäckträger dahergekommen war. „ETFs“, hatte der Heinl | |
| geantwortet, als er ihn gefragt hat. Er wollte gar nicht weiter nachfragen, | |
| was sich hinter dieser Abkürzung verbarg. Schwierige Zeiten waren das. | |
| Und jetzt sollten sie jedes Jahr Tassen zählen! Der Schöninger war nicht | |
| der einzige, der Zweifel am Tassenzensus hatte. Kritiker hatten von einem | |
| riesigen Bürokratiemonster gesprochen, weil ja nun der Kauf von neuen | |
| Tassen ebenso registriert werden musste wie der Verlust eines Haferls, wenn | |
| er beispielsweise zu Boden fiel und zerbrach. | |
| ## Schnell die Bonpflicht bei Bäckereien abgeschafft | |
| Als Ausgleichsmaßnahme hatte man schnell die Bonpflicht bei den Bäckereien | |
| wieder abgeschafft. Die „Mama“ jedenfalls hatte jetzt Angst. „Dann hätte | |
| ich es doch gemeldet, Papa“, hatte sie gesagt, als er am Morgen die | |
| Vermutung geäußert hatte, das Haferl könnte ihr ja runtergefallen sein. Ob | |
| der Karli sie vielleicht mal mitgenommen hat? Er würde seinen Sohn gleich | |
| mal anrufen. | |
| Inspektor Schöninger schaute auf die Uhr. Es war halb acht. Eineinhalb | |
| Stunden Dienst hatte er schon hinter sich. Auch dieser Tag würde also | |
| vorübergehen. Er musste lächeln. Eigentlich hatten sie ja Glück. Bayerns | |
| Wirtschaftsminister Aiwanger hatte seinerzeit bei dieser | |
| Heizungsdemonstration in Erding die Vermutung geäußert, die „do oben in | |
| Berlin hätten den Orsch auf“. In der Haut der Berliner Kollegen, die das | |
| nun überprüfen sollten, wollte er jedenfalls nicht stecken. | |
| 3 Mar 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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