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# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Rest von Liebe
> Lebenslänglich Bayer: Vor 20 Jahren starb der König von München, ein
> Herrenschneider namens Moshammer. Würde der Mann heute noch Liebe
> abbekommen?
Viel ist er nicht mehr wert, der einst legendäre Rudolph Moshammer. 26,50
Euro kostet das originale Sterbebildchen, das bei der Beerdigung des
schrillen Krawattenverkäufers mit der schwarzen Riesenperücke vor 20 Jahren
an die Trauernden verteilt worden ist, bei den einschlägigen Kramportalen
im Netz. Wenn man der Berichterstattung der Boulevardmedien aus jenem Jahr
glauben mag, waren es 15.000 Menschen, die vor der Allerheiligen-Hofkirche
der Residenz in München auf einer Großleinwand die Trauerfeier verfolgt
haben.
Sittsam soll es zugegangen sein, obwohl die meisten viel darangesetzt haben
sollen, einen Blick auf den mit schneeweißen Rosen und Nelken geschmückten
Mahagonisarg zu erhaschen. 10.000 Sterbebildchen waren seinerzeit verteilt
worden und schon am Tag danach sind etliche für mehr als 50 Euro bei Ebay
versteigert worden.
Heute weiß man, dass sie nicht an Wert gewonnen haben. Gibt es keine Liebe
mehr für den Mann, den sie den König von München genannt haben, als er
gestorben ist? War die Gesellschaft in Bayern damals etwa offener als
heute?
Den finsteren Umfragen aus dem Land zufolge würden derzeit knapp 70 Prozent
der abstimmungsberechtigten Bayern rechts (CSU), rechtsradikal (Freie
Wähler) oder rechtsextrem (AfD) wählen. Da drängt sich glatt die Frage auf,
ob heutzutage diesem so schrillen Mamasöhnchen die Herzen der Bayern noch
ebenso zufliegen würden wie seinerzeit – einem, dessen Lieblingsspielzeug
ein Schoßhündchen namens Daisy war, der ein Herz für die Obdachlosen seiner
teuren Heimatstadt hatte, und der sich, wenn er einsam war, die
Liebesdienste junger Männer vom Straßenstrich gekauft hat.
## Trauerkundgebung ohne Hass
Ein solcher Stricher hat im Streit um sein Honorar Moshammer damals mit
einem Stromkabel erdrosselt. Ein junger Mann aus dem Irak wurde der Tat
überführt. Man mag sich gar nicht vorstellen, was die Herkunft des Täters
heute für Reaktionen auslösen würde. Die Trauerkundgebung für Moshammer vor
20 Jahren war von Liebe getragen, gut möglich, dass eine solche heutzutage
von Hass getrieben wäre. 18 Jahre hat der Mörder abgesessen, bevor er vor
zwei Jahren in den Irak abgeschoben worden ist.
Das riesige Mausoleum am Ostfriedhof, in dem Moshammer neben seiner Mutter
Else, gestorben 1993, liegt, gehört noch immer zum Programm so manch
origineller Stadtführung und thront wahrhaft königlich über den anderen
Grabstätten. Manchmal liegen frische Blumen auf den Steinen. Ganz
abgestorben ist die Liebe zu Moshammer also noch nicht. Auch an der
Grabstätte in der Gruft des anderen schrillen Königs der Bayern in der
Michaelskirche liegen fast immer frische Blumen. Ludwig II., der sogenannte
Kini, auch er ein schwuler Paradiesvogel, wird immer noch geliebt.
Vielleicht ist dieses gottverdammte Bayern ja doch noch nicht verloren.
Schön wär’s.
17 Jan 2025
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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