| # taz.de -- Verkostung von besonderen Bieren: Zu tief ins Fass gestarrt | |
| > Um „fassgereifte Lebensmittel“ ging es beim Berliner „Barrel Summit“.… | |
| > dabei vor allem an Schnaps und Bier denkt, liegt völlig richtig. | |
| Bild: Probieren ist hier studieren | |
| So recht will sie sich noch nicht einstellen: die ungezwungene Entspannung. | |
| Gastgeber und Brauerei-Chef Oliver Lemke ist sogar etwas genervt, sagt er, | |
| „in welche Richtung sich das Gespräch hier entwickelt“. Die Rede ist vom | |
| alkoholfreien Bier und der zweiten Publikumsfrage in die Richtung, ob man | |
| damit heutzutage nicht auch jene Geschmacksdimensionen ausloten könne, die | |
| früher nur auf Kosten von Kater und Magenverstimmung zugänglich waren. Oder | |
| Schlimmerem. | |
| Abstinenz ist das Thema der Stunde, aber darum sollte es beim Berliner | |
| „Barrel Summit“ nun gerade mal nicht gehen, sondern um den ungetrübten Spa… | |
| an der Freude, beziehungsweise am Bier. Fassgelagerte Spezialitäten stehen | |
| auf dem Programm der Abendveranstaltung in der Biermeisterei Lemke am | |
| Hackeschen Markt. Sie sind Thema bei Podiumsdiskussionen, werden im | |
| Dokumentarfilm vorgestellt und natürlich auch im Glas verkostet. | |
| Mit Fässern sind dabei übrigens nicht etwa diese silber-grauen Alu-Dinger | |
| gemeint, sondern solche – wie früher – aus Holz: eine historische | |
| Notwendigkeit, die hippe Brauereien auf der ganzen Welt kürzlich | |
| wiederentdeckt haben und die sich auch in Deutschland gerade zum Trend | |
| aufschwingt. Neben der Pflege traditioneller Handwerkskunst geht es dabei | |
| tatsächlich um den Geschmack, weil Aromen des vorherigen Inhalts aus dem | |
| Holz nach und nach ins Bier übergehen: Rum, Sherry, Whisky, Wein … | |
| Lemke selbst führt ein paar sehr brauchbare Stouts aus Holzfässern und hat | |
| mit seiner „Luise“ auch einen Beitrag zur Wiederentdeckung der | |
| traditionellen [1][Berliner Weisse]n geleistet. Zu seinem dritten „Barrel | |
| Summit“ hat er allerdings noch ein paar Gäste eingeladen, die zumindest in | |
| Sachen Erfahrung sogar noch etwas mehr zu bieten haben: Die belgischen | |
| Brauer von [2][den speziellen Lambic-Bieren] wie 3 Fonteinen, Rodenbach | |
| oder Boerenerf setzen für ihre sauren Biere nämlich seit jeher auf wilde | |
| Fermentation und eben Lagerung im Fass. | |
| ## Proppenvoll bei den Belgiern | |
| Und das kommt offensichtlich auch in Berlin gut an: Die Veranstaltung ist | |
| proppenvoll. Zu den Ständen der Belgier muss man sich durch eine | |
| Buffetschlange kämpfen, die gerade am Anfang manche direkt ins Obergeschoss | |
| ausweichen lässt, wo Whiskey und Obstbrände aus dem Fass stehen – die nach | |
| dem Abendessen vielleicht sogar noch etwas bekömmlicher gewesen wären. | |
| Hat man es aber doch zum Bier geschafft, kommt’s einem eher vor wie ein | |
| Klassentreffen von Winzer:innen. Über besonders gute Jahrgänge wird | |
| gefachsimpelt, über wilde Hefen im belgischen Westen und vor allem: wie | |
| lange das Bier im heimischen Keller noch reifen sollte, bis es so richtig | |
| kickt. Tatsächlich sind die Übergänge wortwörtlich fließend und manche | |
| dieser Biere dem Wein auch geschmacklich sehr viel näher als einem Pils | |
| oder Hellem. | |
| Manchen steigt neben dem Alkohol auch die neu erworbene Kennerschaft zu | |
| Kopf: „Das ist jetzt aber wirklich keine Weisse für Touristen mehr“, lässt | |
| sich eine vernehmen und wird es wenig später nochmal wiederholen. Dafür | |
| aber, dass wir es hier in der Nische mit der Crème de la Crème des | |
| Bier-Nerdism zu tun haben, geht es doch bemerkenswert bodenständig zu. | |
| [3][Manch eine:r] traut sich sogar, öffentlich zu staunen. „So was hab ich | |
| noch nie getrunken“, gibt ein junger Mann im schicken Sakko zu und verzieht | |
| dabei nur leicht die Stirn. Im Glas hat er die wohl spannendste Kreation | |
| dieses Abends: Boerenerfs „Symbiose“, ein Mischgetränk aus | |
| Lamic-Sauerbier, Cider und Met. | |
| Bald haben sich auch die nagenden Fragen um Alkoholverzicht und Gesundheit | |
| erledigt. Am Ende siegen doch das All-you-can-eat-Buffet mit faktischer | |
| Bierflatrate über die Zweifel, auch wenn man für die Gratisverkostung nett | |
| fragen und interessiert gucken muss. Ein Modell übrigens, das auch anderen | |
| Bierfesten gut zu Gesicht stünde. | |
| 9 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Weisse | |
| [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Lambic | |
| [3] /Craftbeer-Tasting-fuer-Frauen/!6017610 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan-Paul Koopmann | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Kolumne Großraumdisco | |
| Bierbrauer | |
| Bier | |
| Alkohol | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Kolumne Großraumdisco | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Auf der Wandsbeker Polizeiwache: Mit Sicherheit warten | |
| Wenn das Portemonnaie plötzlich weg ist, sollte die Polizei doch die | |
| nächste Adresse sein. Dort aber braucht man Geduld und muss auch warten | |
| können. | |
| Mongolische Selbstvergewisserung: Die alte Klage der Pferdekopfgeige | |
| In der Mongolei sieht man die Zeit als Kriegsmacht als vorbei an und setzt | |
| nun auf Soft Power. In Berlin durfte man dabei von erfundener Tradition | |
| hören. | |
| Musiktheater mit Dada-Charme: Es könnte doch schade sein um diese schöne Welt | |
| Es war ein Schreien, Kreischen und Trommeln in der Nacht. Im Berliner | |
| Exploratorium wurde mit improvisatorischem Zugriff der Weltuntergang | |
| geprobt. | |
| Fangesänge im Museum: Fußballhymnen mit dem Drang zur Kunst | |
| Legendär ist der Büchsenwurf, der fest zum Mythos vom Bökelberg zählt. Nun | |
| hat Borussia Mönchengladbach auch die erste atonale Fußballhymne der Welt. | |
| Craftbeer-Tasting für Frauen: Ohne Männer perlt es besser | |
| Die Craftbeer-Szene ist von Männern dominiert. Ein Laden in Hamburg bietet | |
| Verkostungen exklusiv für Frauen an. |