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# taz.de -- „Mickey 17“ von Bong Joon Ho: Im Kosmos der Kaltherzigen
> Bong Joon Ho kehrt mit einer kapitalismuskritischen Weltraumodyssee
> zurück: „Mickey 17“ zeigt scharfsinnige Sci-Fi und absurden Humor.
Bild: Robert Pattinson in Doppelrolle als Mickey
Die Erwartungen an ein Nachfolgeprojekt sind nach einem Erfolg wie
[1][„Parasite“, Bong Joon Hos bissiger Gesellschaftssatire,] die unter
anderem als bester Film mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, enorm groß.
Vielleicht hat sich der südkoreanische Filmemacher auch deswegen dazu
entschieden, seinem neuen Film einen exorbitanten Rahmen zu geben.
Mit „Mickey 17“ bleibt Bong Joon Ho zwar seinem angestammten Thema, seinem
satirisch-scharfen Blick auf soziale Ungleichheit treu, verlagert die
Problematik aber ins All: Kolonialisierung, Kapitalismus und menschliche
Austauschbarkeit werden vor dem Hintergrund einer ambitionierten
Raumfahrtmission verhandelt.
Und dieses Sci-Fi-Setting besitzt eine größere Aktualität, als es auf den
ersten Blick scheinen mag. Denn die Besiedelung des fernen Planeten
Nilfheim ist Geschäftsidee und Allmachtsfantasie eines ehemaligen
Politikers mit zu weißen Zähnen, enormem medialen Selbstdarstellungsdrang –
und einem Hauch von orangestichigen Bräunungsspray.
Mr. Marshall, der von Mark Ruffalo als grandios überzogene Karikatur
männlicher Hybris gespielt wird, ist unverkennbar eine Mischung aus
„Starlink“-Gründer Elon Musk und Donald Trump. Eine toxische Symbiose,
deren Ausgeburten momentan täglich Schlagzeilen machen.
## Robert Pattinson in Doppelrolle
Mickey Barnes (zeitweise in Doppelrolle: [2][Robert Pattinson]) stellt sich
in die Dienste seiner nächsten Weltraummission, und wird, nicht ganz
freiwillig, zum „Expendable“: einem, dem Tech-Fortschritt sei Dank, nun
restlos verwertbaren Arbeiter. Sein Bewusstsein wie seine biologischen
Daten werden digitalisiert, damit er nach jedem Tod im Rahmen seiner
letalen Aufträge einfach neu ausgedruckt werden kann.
Und Mickey stirbt oft für die Mission: an Strahlenvergiftung, extremer
Kälte oder tödlichen Viren. Bong Joon Ho, der das Drehbuch basierend auf
dem gleichnamigen Roman von Edward Ashton verfasste, inszeniert Mickeys
Martyrien nicht zuerst in ihrer Brutalität, sondern in ihrer absurden
Komik.
Insgesamt erzählt „Mickey 17“ leichter als „Parasite“, sogar Sex-Witze…
eine seltsam charmante Beziehung zwischen einer toughen Weltraumagentin
(Naomi Ackie) und Mickey sowie seinen Kopien haben darin Platz. Brisant
wird es erst, als das Schiff schließlich den fremden Planeten erreicht, den
Mr. Marschall und seine sinistre Gattin (Toni Collette) für ihre „White
Supremacy“-Fantasien nutzen wollen – was auch die Auslöschung allen
örtlichen Lebens bedeuten würde.
Trotz aller Dystopie ist „Mickey 17“ jedoch kein reiner Abgesang. Am Ende
macht Bong Joon Hos ebenso unterhaltsamer wie kluger Sci-Fi-Film sogar
größere Hoffnungen auf die letztliche Vernunft der Menschen, als es die
momentane Nachrichtenlage zulässt.
16 Feb 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Arabella Wintermayr
## TAGS
Korea
Weltraum
Science-Fiction
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