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# taz.de -- Neuer Batman-Film von Matt Reeves: Ein Böser betrügt den anderen
> Er ist ein Prügler vor dem Herrn. Auch sonst schafft es der neue Batman
> von Regisseur Matt Reeves kaum, der Legende neue Akzente zu geben.
Bild: Batman sieht traurig aus
He’s come a long way, sagt man im Englischen, wenn man die Entwicklung
eines Menschen andeuten möchte. Jemand wie Batman hat das geschafft: Seine
Figur, von Kindern jüdischer Einwander:innen als Außenseitergeschichte
ersonnen und ab 1939 kongenial im Comic verewigt, wurde innerhalb der
Batman-Legende vom traumatisierten Waisenjungen aus der Milliardärsfamilie
zum capetragenden, nachtaktiven Rächer des Molochs Gotham, dessen
Superkraft sein gutes Herz und der Einsatz des Wayne-Vermögens für sinnige
Gimmicks ist.
Im Live-Action-Setting baute man die Figur fast noch einfallsreicher aus
und um: Immer düsterer gestaltete sich die einst als Held-in-Strumpfhose
mit Anti-Hai-Spray hantierende Fledermaus über die Jahrzehnte und mit den
jeweiligen filmischen Adaptionen, immer gebellter klang seine Sprache,
immer brutaler ging er ans Werk, parallel zur brutaleren Umwelt. Lego
parodierte ihn in den „Lego Movies“ als Eremiten, der in Cape und
Öhrchenmaske missmutig vor der Mikrowelle sitzt, bis es „Pling“ macht.
Der neue Batman-Film, inszeniert und geschrieben vom [1][„Planet der
Affen“-Regisseur Matt Reeves], soll nun eine eigene Filmreihe begründen.
Zum dritten Mal: Nach den vergleichsweise fröhlichen Werken der 80er und
90er und [2][Christopher Nolans raffinierten Erzählungen zwischen 2005 und
2012] wurde Batman jetzt wieder ein neuer Darsteller verpasst. Der seit
„Twilight“ auf Dunkelheit abonnierte britische Ex-Teenieschwarm [3][Robert
Pattinson] spielt einen depressiven Bruce Wayne, der das Sonnenlicht
seltener erlebt als sämtliche Fledermäuse und Vampire vor ihm.
Blass und traurig wirkt er – wenn man ihn mal sieht. Meist steckt er von
Kopf bis Stiefel in Drag, in schwarzem Fetischmaterial, vermutlich Gummi
oder Leder. (Sein Cape kann zum Wingsuit werden, vielleicht ist es also ein
Nylon-Polymer.) Er trägt Knobelstiefel, an denen bei jedem Schritt Sporen
zu klirren scheinen – es ist nicht die einzige Westernreminiszenz. „Fear is
a tool“, sinniert The Batman dazu sinister, oder „I am the shadow“.
## Actionszenen und … viel Erklärung
„The Batman“ beginnt sein Abenteuer passend in einer schwarzen,
regenreichen und von Megawolkenkratzern zugestellten Welt, in der
einflussreiche Gothamer Persönlichkeiten von einem zunächst anonymen
Serienmörder (Paul Dano) in Klebebandmaske gemeuchelt werden. Am Tatort
finden sich Briefe an „The Batman“, die kindisch-verrätselte Hinweise auf
weitere Opfer geben. (Dass es sich irgendwann um den „Riddler“ handeln
muss, ist damit selbst für DC-Laien kein Spoiler.) Eine Spur führt
Batman/Wayne in einen dämmrigen Club, dort trifft er auf Selina (Zoë
Kravitz), eine Katzenliebhaberin mit eigenem Motorrad und eigenem schwarzen
Ledersuit, die, ebenfalls kein Spoiler, damit als „Catwoman“ in die
Pfotenstapfen von Michelle Pfeiffer und Eartha Kitt treten wird.
Mehr Story soll nicht verraten werden – so viel mehr passiert auch nicht:
„The Batman“ ist trotz Gnadenlosigkeit und Tempo in den Actionszenen ein
Film, der seine Geschichte unterm Strich durch langwierige und mit tiefen
Männerstimmen herausgehustete Erklärdialoge voranzutreiben sucht. Der
korrupte Mob spielt eine Rolle, ein Böser betrügt den anderen – nicht
selten erinnert „The Batman“, auch wegen der Schießszenen, in denen
dickliche Männer (der „Pinguin“) hinter Autotüren Schutz suchen, an
Mafiaszenerien.
Reeves’ in der Schwärze des Settings eindrucksvoll inszenierte, rare
Kampfchoreografien werden zuweilen nur von Maschinengewehrsalven erhellt –
der neue Batman ist wenig überraschend ein Prügler vor dem Herrn. Und wenn
er nicht mehr kann, haut er sich ein Aufputschmittel in ein eigens dafür
vorgesehenes Loch im Kampfanzug.
## Ein Butler als Vaterfigur muss reichen
Irgendwo hinter dem dürren Plot lässt sich immerhin eine eventuell auch nur
unbewusste Auseinandersetzung mit dem Thema Elternschaft erahnen: Nicht nur
Bruce Wayne ist eine (ökonomisch wenigstens sorgenfreie) Waise, auch sein
Gegenspieler, wie sich für echtes Interesse zu spät in der Handlung
herausstellt, stammt aus dem Gothamer Waisenhaus, Selina hat ihre Mutter
früh verloren, und leidet unter einem absenten Vater – die Spieler:innen
von Gotham sind eine Gruppe traumatisierter Ex-Kinder. Für die ein Butler
wie Alfred (Andy Serkis) als verlässliche Vaterfigur reichen muss.
„The Batman“ zementiert dennoch den alten Batman-Status-quo, anstatt die
Figur innovativ in die Zukunft zu schieben, gar modern oder überraschend zu
plotten: Was der Sinn dahinter sein soll, den aggressiven, kämpfenden
Männern mit Selina genau eine einzige normschöne Frauenfigur
entgegenzustellen und diese auch noch mit einem Kameraschwenk von den High
Heels über den Minirock bis hin zum Latex-Top einzuführen und dem rein
männlichen Blick preiszugeben, bleibt im Dunkeln von Gotham verborgen,
irgendwo hinter den Gewitterwolken. What a drag. Und damit ist nicht das
Kostüm gemeint.
3 Mar 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Jenni Zylka
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