| # taz.de -- „Matrix Resurrections“ im Kino: Rückkehr der roten Pillen | |
| > Lana Wachowski setzt mit dem Science-Fiction-Film „Matrix Resurrections“ | |
| > die Erfolgsreihe mit Keanu Reeves fort. Alles ist diesmal größer und | |
| > lauter. | |
| Bild: Alles beim Alten? Neo (Keanu Reeves) und Trinity (Carrie-Anne Moss) in �… | |
| Wenige Filme der letzten Jahrzehnte haben einen derartigen popkulturellen | |
| Fußabdruck hinterlassen wie „The Matrix“, der 1999 praktisch aus dem Nichts | |
| kam. Die damaligen Wachowski-Brüder (inzwischen sind sie Schwestern) hatten | |
| erst einen Film gedreht, den Erotikthriller „Bound“, der ihnen das | |
| Vertrauen des Hollywoodsystems und ein gewisses Budget einbrachte. Was sie | |
| aus den Möglichkeiten machten, war ein atemberaubendes | |
| Science-Fiction-Action-Abenteuer, das so viel philosophische Tiefe hatte, | |
| dass es zum Thema von unzähligen Proseminaren und den Texten Slavoj Žižeks | |
| wurde. | |
| Zwei umstrittene Fortsetzungen später war es mit dem Hype schon wieder | |
| vorbei, als Duo drehten die Wachowskis noch den [1][stilistisch | |
| spektakulären „Speed Racer“], zusammen [2][mit Tom Tykwer den esoterisch | |
| angehauchten „Cloud Atlas“], der andeutete, was kommen sollte. Mit der | |
| [3][Netflix-Serie „Sense8“] bestätigten die Wachowskis ihren Ruf als | |
| Vorreiter des diversen Kinos, wie sie es schon, lange bevor es in Hollywood | |
| Trend wurde, praktizierten, doch ein Erfolg war die Serie nur in kleinen | |
| Kreisen. | |
| Angesichts dieses Wegs des stetig geringeren Erfolgs verwundert es nicht, | |
| dass mit Lana Wachowski ein Teil des Duos nun zu den Anfängen zurückkehrt, | |
| was passenderweise auch das Konzept von „The Matrix: Resurrections“ ist. | |
| Denn am Ende des dritten Teils fand die Trilogie einen konsequenten | |
| Abschluss, in dem sich der von Keanu Reeves gespielte Neo, wie sein als | |
| Anagram zu lesender Name als The One erwies, sich für die Menschheit | |
| opferte und für Frieden zwischen den Menschen und den Maschinen sorgte. | |
| Wie das moderne Comic-Kino aus pragmatischen (und die Bibel aus | |
| spirituellen) Gründen weiß, ist der Tod für den Messias nur ein | |
| vorübergehender Zustand. Und so ist Neo, im Zivilleben Thomas Anderson, zu | |
| Beginn des neuen Films quicklebendig. Als Programmierer fristet er ein | |
| langweiliges Dasein, hat ein sehr erfolgreiches Spiel namens „Matrix“ | |
| geschrieben, aber immer wieder psychotische Attacken. Sein Psychiater (Neil | |
| Patrick Harris) versorgt ihn mit einem nie endenden Strom blauer (!) | |
| Pillen, doch wie wir wissen, weist allein die rote den Weg zur Wahrheit. | |
| Diesen Weg hat Neo schon einmal bestritten, hat sich dem Propheten Morpheus | |
| (jetzt gespielt von Yahya Abdul-Mateen II) anvertraut, hat in Trinity | |
| (immer noch Carrie-Anne Moss) eine Frau kennengelernt, deren Liebe selbst | |
| den Tod überwindet, hat Kung Fu gelernt und Kugeln gestoppt. All das tut er | |
| jetzt wieder, was einerseits als hübsch selbstreflexiver Moment gelten | |
| kann, andererseits genau das bedient, was Fortsetzungen eben so machen: das | |
| Gleiche noch einmal erzählen, in leichter Variation, größer, lauter, aber | |
| in jedem Fall weniger originell. | |
| ## Der Fan-Faktor ist hoch | |
| Offensiv zitiert Lana Wachowski die ersten „Matrix“-Filme, will deutlich | |
| zeigen, wie bewusst ihr die Tatsache ist, das die gleiche Geschichte erneut | |
| erzählt wird. Was es nur bedingt besser macht, auch wenn sich gerade Kenner | |
| der „Matrix“-Filme über viele teils offensichtliche, teils versteckte | |
| Bezüge zu den früheren Filmen freuen können. | |
| Der Wiedererkennungsfaktor, der Fan-Faktor ist ähnlich hoch wie beim | |
| jüngsten Spider-Man-Film, dort ein wenig plakativer, hier ein wenig | |
| versteckter. | |
| Vielleicht ist es im zeitgenössischen Hollywood-Blockbusterkino kaum noch | |
| möglich, wirkliche Individualität zu entwickeln, vielleicht muss man | |
| zumindest für den Moment akzeptieren, dass ein großer, teurer Film wie „The | |
| Matrix: Resurrections“, der mindestens 150 Millionen Dollar kostet, nicht | |
| mehr sein kann als das, was er ist: ein extrem professionell gemachtes | |
| Produkt, das auf bisweilen originelle Weise an eine Zeit erinnert, in der | |
| ambitioniertes Blockbusterkino noch möglich war. | |
| Auf seine Weise ist „The Matrix: Resurrections“ so gut, wie es ein Film | |
| dieser Art gestattet. Schade nur, dass das weit von einem inhaltlich wie | |
| stilistisch revolutionären Film wie „The Matrix“ entfernt ist. | |
| 23 Dec 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Meyns | |
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