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# taz.de -- Die Wahrheit: Perfekter Kreislauf des Lebens
> Yoga mit Tieren liegt voll im Trend. Aber wo kommen die Tiere bloß alle
> her? Die Wahrheit zu Besuch beim Puppy Provider.
Bild: Warten auf den ganz großen Einsatz beim hündischen Tier-Yoga
Fast stolpert Heribert Michalski über die acht Rottweilerwelpen, die an
acht karmisch aufgeladenen Leinen um seine Beine wuseln. Alltag für Puppy
Provider, wie die Hundelieferanten der aufstrebenden Tier-Yoga-Szene
heißen. Erst als alle Hunde gepieselt haben, gebietet Michalski dem Treiben
Einhalt: „So, jetzt aber los. Wir wollen die jungen Damen nicht warten
lassen.“
Mit einem einzigen Schwung seines muskulösen Armes schnappt er sich die
Welpen und betritt das Yoga-Studio Animality in Dinslaken unauffällig über
den Hintereingang. Dort lässt er die Welpen im noch leeren Studio wieder
frei.
„Die Illusion soll natürlich aufrechterhalten werden“, erklärt der
Hundelieferant sein klandestines Vorgehen. Denn dass hinter den trendigen
Yoga-Angeboten mit Welpen, Kätzchen oder Ziegen schnöde Puppy Provider
stehen, würde den Wohlfühlfaktor der Kursteilnehmerinnen wohl merklich
verringern. „Aber irgendwo müssen die Tierchen ja herkommen“, führt
Michalski entschuldigend aus. Und das irgendwo ist eben sein Zwinger in
Hünxe bei Dinslaken.
In seinem ersten Leben war Michalski, Schalle, wie ihn die Kollegen
nannten, Maurer. Als er vor zwölf Jahren mit kaputtem Rücken in Frührente
ging, begann er Rottweiler zu züchten. Als Hobby. Irgendwann habe ihn die
Freundin seiner Tochter dann gefragt, ob sie sich den neuen Wurf nicht mal
fürs Puppy Yoga leihen könne. „Also eigentlich“, sagt Michalski,
„eigentlich nutze ich die Tiere ja für Hundekämpfe.“ Nach ein paar
Verrenkungen seiner Weltsicht ließ er sich jedoch breitschlagen. „Tja, und
der Rest ist Geschichte – eine tierisch lukrative“, beendet der Ex-Maurer
lachend seine Erfolgsstory.
## Volles Wohlbefinden im Animality
Als 90 Minuten später im Animality in Dinslaken eine Gruppe vor
Wohlbefinden strotzender Frauen das Yoga-Studio verlässt, ist das für
Michalski das Zeichen, seine Hunde wieder einzusammeln. Etwas schwerfällig
steigt er aus seinem rostigen Transporter, denn: „Jetzt kommt der traurige
Teil des Dog Yoga, kurz Doga.“
Denn wie bei jedem Yoga mit Tieren dürfen auch Heribert „Schalle“
Michalskis Rottweiler nur eine einzige Session mitmachen. Sonst „geben sie
die negativen Energien, die sie den Teilnehmerinnen abgenommen haben, an
die nächsten Kursbesucherinnen weiter“. Aber, und jetzt grinst Michalski
breit, „für Hundekämpfe sind die negativen Schwingungen genau das
Richtige“.
Ganz schön verschwenderisch das Puppy-Provider-Business! „Ja, ich muss mich
auch ständig hier im tierischen Bereich nach frischen Geldquellen umsehen“,
meint der mehr als kräftige Hüne. Beim Tier-Yoga wolle er insgesamt
allerdings fürs Erste bleiben: „Kursleiterinnen, die alle weltlichen
Bedürfnisse regelmäßig wegatmen, zahlen einfach atemberaubend gut.“
Nur eigne sich eben lange nicht jedes Tier für ein lukratives Geschäft.
Schlangen würden zu oft, versteckt in Yoga-Matten, mit nach Hause
geschmuggelt. „Ziegen fressen einem im Unterhalt die Haare vom Kopf“, weiß
Heribert Michalski. Und selbst die Frösche im Frosch-Yoga würden sich mit
den Fliegen vom Fliegen-Yoga, in dem man Selbstbeherrschung lernen soll,
nur schwer arrangieren.
Aktuell arbeitet der Hünxer mit einer befreundeten Yoga-Lehrerin an dem
Konzept Aal-Yoga. Beim Aal-Yoga, so die Hoffnung, verleiht der Schleim der
Tiere den Bewegungen der Menschen eine unvergleichliche Eleganz.
Langfristig möchte Michalski dann aber doch weg vom Yoga mit Tieren. „Aber
so Entspannungsalternativen wie Shiatsu mit Shih Tzu am Stuhl – auf so eine
Shitshow lasse ich mich gar nicht erst ein.“
## Erfolg mit Paddle-Board-Yoga
Erfolgversprechender klingen da für ihn schon Paddle-Board-Yoga und
Brunch-Yoga. „Beim Paddle-Board-Yoga muss man im Prinzip nur die Bretter
austeilen und aufpassen, dass keine der Teilnehmerinnen die Atemkontrolle
dem Wasser überlässt.“ Bei ersten Testläufen, die der umtriebige Michalski
schon veranstaltet hat, wurde auch die Kombination aus Brunch und Yoga
„ausgesprochen gut aufgenommen“. Vor allem der Brunch-Anteil gefiel – und
da „insbesondere die Ananas Asanas“. Mit dem, was davon übrig bleibe, kön…
er dann sogar noch seine Ziegen füttern, „der perfekte Kreislauf“.
Trotz seiner zahlreichen Geniestreiche glaubt Heribert Michalski aus
Hünxe, dass seine aktuellen Angebote letztlich aber nur temporär Erfolg
versprechen. „Das ist Zeug für Millennials, und die sind bald zu alt für
solche Späßken“, erklärt er. Langfristig sei nur Geld mit der immer
trendhungrigen Gen Z zu verdienen. Und da die nun mal total auf
Spiritualität und Esoterik abfahre, „heißt der neue heiße Scheiß halt eben
Geister-Yoga“. Für diese Variante muss Michalski dann nicht einmal mehr
Tiere züchten. „Ab und an vom Hof aus in die Luftschächte pfeifen, reicht
völlig aus.“
28 Feb 2025
## AUTOREN
Ernst Jordan
## TAGS
Die Wahrheit
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