# taz.de -- Die Wahrheit: Superkicks dank Supermarkt | |
> Einkaufen macht müde und stumpf? Wir hätten da ein paar Tipps, wie man | |
> den täglichen Gang zu Edeka oder Penny wieder etwas aufregender | |
> gestaltet. | |
Für mich gibt es mittlerweile nur einen Ort, an dem ich überhaupt noch | |
etwas fühle: den Supermarkt. Entsprechend werde ich den Teufel tun und | |
Lieferdienste nutzen. | |
Meine Begeisterung für Supermärkte entwickelte ich zur Hochzeit von Corona, | |
als der bloße Gang in diese bunten Todesfallen sich bereits wie Abenteuer | |
anfühlte. Leider hielt diese Begeisterung nicht lange, da Glückshormone die | |
dumme Angewohnheit haben, sich bei gleichbleibendem Reiz immer sparsamer | |
zur Ausschüttung zu bequemen. | |
Zum Glück folgte auf die kritische Phase für unser aller Gesundheit die | |
kritische Phase für den Geldbeutel. Ein neues Ziel ward geboren: sparen. | |
Doch warum nicht Spannung und sparen verbinden? Andere mögen es klauen | |
nennen, ich nenne es sparen an der Kasse oder kurz: Sparung. Zudem stehle | |
ich nur Onigiri, diese japanischen Reisdreiecke, weil deren dunkle | |
Verpackung mit der Farbe meines Jutebeutels beinahe verschmilzt. Außerdem | |
existieren die eh nur, um Diebe von Produkten mit weniger Gewinnmarge | |
abzulenken; der Großteil wird wohl weggeschmissen. Zumindest kann ich mir | |
nicht vorstellen, dass wirklich jemand 3 Euro 79 für ein paar Bohnen in | |
Reis und Seetang zahlt. | |
## White Privilege | |
Leider komme ich mit dieser Methode, White Privilege auf zwei Beinen, das | |
ich nun mal bin, viel zu gut durch. Nie muss ich meine unter Aufbietung | |
aller Raffinesse entwickelte Ausrede „Ups, vergessen aufs Band zu legen“ | |
zum Einsatz bringen und so verliert auch Diebstahl gerade seinen Reiz. | |
Zum Glück bringt der akute Dopaminmangel meine Kreativität auf Hochtouren. | |
Zur Sparung addiere ich jetzt „Partisanen-Shoppen“. Dabei versuche ich, | |
meinen Wocheneinkauf nicht aus den Regalen, sondern ausschließlich aus | |
fremden Einkaufswägen zu bestreiten. Seit allerdings vor Kurzem ein junges | |
Paar wegen meiner Stibitzereien in bösen Streit geriet, ist mir der Spaß | |
daran etwas verlitten. | |
Zusätzlich erfreue ich mich an vorausschauendem Kassenbesetzen. Dafür | |
besuche ich überfüllte Supermärkte und lege meine Einkäufe auf das | |
Kassenband der nächsten noch nicht geöffneten Kasse. Hier beginnt der | |
Nervenkitzel: Werde ich wie der letzte Idiot erfolglos auf die Öffnung der | |
neuen Kasse warten oder wie ein allwissender Gott Leh an allen Kaufschafen | |
vorbeirauschen? | |
Den allergrößten Kick brachte mir jedoch kürzlich ein unplanbares Ereignis: | |
Ich wog ab, ob ich zur anderen Kassenschlange wechseln sollte und tat es | |
schließlich. Während es bei meiner neuen Schlage tatsächlich zügig voran | |
ging, bewegte sich nebenan gar nichts mehr. Also überhaupt nichts. Noch | |
beim Wegfahren sah ich von der Straße aus, dass meine ehemaligen | |
Schlangengenossen weiterhin anstanden. Das High dieses Erfolges werde ich | |
wohl für immer jagen. | |
23 Oct 2024 | |
## AUTOREN | |
Ernst Jordan | |
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