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# taz.de -- Die Wahrheit: Gehupft wie gesprungen
> Im zeitweise sinnentleerten langweiligen Sommer entwickeln sich manchmal
> Trends und Trendsportarten von schier berückender Dämlichkeit.
Es muss eine neue Trendsportart sein, zumindest sehe ich es jetzt immer
öfter: Springen. Mein Mitbewohner springt als sportliche Betätigung in
seinem Zimmer, das spüre und höre ich allerdings mehr, als dass ich es
sehe, ich springe deswegen langsam im Quadrat, aber schon die Jüngsten
springen auf Spielplätzen umher, um ihre Körper zu stählen.
Auch auf diesen Sportanlagen in Stadtparks wird gern gesprungen, meist auf
Bänke. Dabei sind die explizit für das Gegenteil von Springen da, nämlich
Sitzen. Am meisten gesprungen wird allerdings immer noch in Fitnessstudios.
Dort ist das Wort Kniebeugen schon seit etlichen Jahren regelrecht verpönt.
Sogar „Squats“, unter diesem Namen durften die Kniebeugen nach ungefähr
einem Jahr „abroad“ heimlich weiterexistieren, sind längst aus der
Work-out-Mode gekommen. Und selbst die Beinpresse taugt höchstens noch als
Alternativbegriff für Fußballzeitschriften.
Stattdessen werden besagte Übungen jetzt nicht mehr langsam, sondern
explosiv ausgeführt. Eine explosive Kniebeuge kennen wir eben als Springen.
Schlecht sieht das gar nicht aus, regelrecht kraftvoll kann es im besten
Fall wirken. Einem durchschnittlich trainierten Frosch zumindest würde es
ohne Frage die Neidfalten auf die sonst makellos glatte Stirn zeichnen.
Seltsam am neuen Megatrend Springen ist allerdings, dass aus einem
erfolgreichen Sprung selten etwas gemacht wird. Einmal oben auf dem
üblicherweise genutzten Holzkasten angelangt, verweilen die Springer nicht
mal, um sich kurz umzuschauen, die Aussicht zu genießen oder wenigstens
nach dem nächsthöheren Ding zu suchen, auf das sie springen können.
Alles hat ein Ende und der Sprung bildet da keine Ausnahme, im Gegenteil,
so ein Sprung ist ja schnell gemacht. Logische Folge: Der Abstieg wartet.
Nur ist der weder explosiv noch kraftvoll noch Teil des Trends. Denn
Runterspringen ist nur vermeintlich Teil der Springen-Familie, eigentlich
gehört es aber zum Genus des Fallens. Fallen würde die Gelenke jedoch zu
sehr beanspruchen und beim Springen geht es doch um Gesundheit, darum, fit
zu bleiben, sogar bis zum zweiten Frühling, englisch nicht zufällig Spring.
Könnten die Springer immer wieder auf etwas springen, ohne im Anschluss von
irgendetwas entwürdigend heruntersteigen zu müssen, sie würden es
vermutlich tun. Können sie aber nicht, also quälen sie sich mühsam von
ihren Holzkästen, Bänken oder, wenn es hart auf hart kommt, Rücken ihrer
Trainingspartner.
So folgt auf jeden noch so stolzen Sprung der leidende Abstieg, wird die
eben noch präsentierte Virilität sogleich dem Spott preisgegeben. Kein
Wunder, dass die, die trotzdem springen, meist Männer sind. Frauen springen
viel seltener. Höchstens einmal im Monat. Das liegt an der Biologie: Frauen
haben von Natur aus nicht so einen großen Sprung.
29 Aug 2024
## AUTOREN
Ernst Jordan
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Trendsport
Sommer
Fitness
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Märchen
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