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# taz.de -- Die Wahrheit: Regelhaftes Spachteln
> Essen gerade für Männer sollte unbedingt gewissen Leitlinien folgen.
> Dafür gibt es ein paar nur wenig bekannte ungeschriebene Gesetze.
Rund ums Essen gibt es bekanntlich etliche Regeln: Besteck darf man nur von
außen nach innen ablecken, die Gemüsebeilage muss nach Norden ausgerichtet
werden und mit vollem Mund darf man nicht kauen. Weniger bekannt sind die
ungeschriebenen Regeln, die es beim Essen unter Männern gibt. Über diese
Regeln begann ich nachzudenken, als ich mir gerade ein Dürüm reinpfiff, es
inhalierte, verspachtelte, verputzte, mir reinhaute und hinters Fressbrett
zimmerte. Als Mann hat man nämlich stets ein Synonym für die
Nahrungsaufnahme zu benutzen, das besonders martialisch klingt und im
besten Falle aus dem Handwerk stammt.
Schon wenige Fressmeilen weiter begegnete mir die nächste Regel in Form
zweier junger Männer vor einem Ramen-Restaurant. Der eine hatte schon
aufgegessen und war nun dazu verdammt, betrübt dazusitzen, sich das aber
auf keinen Fall anmerken zu lassen und schon gar nicht begehrlich auf den
noch halb vollen Teller des anderen zu schauen. Rettung bietet bei
vorzeitigem Ramengenuss allein noch die Bestellung eines alkoholischen
Getränks. Nach dem Essen einfach nur herumsitzen ist unter Männern
verboten.
Schnell ging und aß ich weiter, was mich zur nächsten Regel brachte:
Schnell essen ist gut, zeugt es doch vom virilen Macher-Mindset. Einen
schnellen Esser darauf anzusprechen, gilt jedoch als Fauxpas und wird mit
einer Beleidigung naher Familienangehöriger beantwortet. Unsichere Männer
rechtfertigen sich mit „Ich hatte auch echt Hunger.“ Das ist zwar echt
peinlich, kann aber mit einer Gruppensitzung beim „All You Can Eat BBQ“
wettgemacht werden. Langsames Essen hingegen muss jedes Mal aufs Neue und
mehrfach entschuldigt werden.
Trifft man sich zum Essen, müssen mindestens drei Männer anwesend sein.
Zwei Männer essen entweder etwas auf die Hand oder schauen nebenher Sport –
seit 2017 sind auch E-Sports erlaubt. Wird von beiden Männern Alkohol
konsumiert, entfallen diese sowie alle anderen Regeln. Generell muss
Alkohol aber von mindestens der Hälfte aller Anwesenden konsumiert werden,
warum geht man sonst essen?
Selbst allein sind Männer nicht vor Essensregeln gefeit: Jedem Mann wird
bei Geburt ein Gericht zugewiesen, das er in seinen Zwanzigern besonders
gut kochen lernen muss. Zur Auswahl stehen: Spaghetti Bolognese, Spaghetti
Carbonara oder ein namenloses Gericht, das aussieht wie Erbrochenes, aber
die perfekte Aminosäurenkombination zum Muskelaufbau aufweist.
Pizzabäcker mit Steinofenabhängigkeit entwickeln ihre Neigung erst nach
Eigenheimerwerb.
Nun stehe auch ich leider nicht über dem Gesetz. Nachdem ich mir mein Dürüm
reingeschaufelt hatte, bekam ich Lust auf etwas Süßes. Da Nachtischessen
außerhalb von Familienfeiern allerdings grundsätzlich als unmännlich gilt,
genehmigte ich mir ein Bier. Zu meiner Schande muss ich gestehen: Es war
leider ein Radler.
25 Jul 2024
## AUTOREN
Ernst Jordan
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Essen
Männer
Gesetz
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Pandemie
Tierschutz
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