# taz.de -- Stiftungsmitarbeiterin über Rojava: „Die Angriffe durch den tür… | |
> In Celle ist eine Ausstellung über die Frauenrevolution im Nordosten | |
> Syriens zu sehen. Stiftungsmitarbeiterin Elisabeth Olfermann über die | |
> Lage vor Ort. | |
Bild: Widerstand gegen die Situation in Rojava gibt es auch hierzulande: Demons… | |
taz: Frau Olfermann, wie organisiert sich die Gesellschaft in der | |
[1][kurdischen Selbstverwaltung Rojava im Nordosten Syriens]? | |
Elisabeth Olfermann: Die Gesellschaft organisiert sich dort von unten nach | |
oben. In Nachbarschaftskomitees werden zum Beispiel kleine Probleme | |
angesprochen. Auf städtischer Ebene geht es um übergeordnete Strukturen und | |
Probleme. Parallel dazu gibt es Organisationen, in denen Frauen unter sich | |
diskutieren. | |
taz: Die Frauen spielen also eine große Rolle? | |
Olfermann: Oft wird von der Rojava-Revolution vor mehr als zwölf Jahren | |
auch als der Frauen-Revolutionen gesprochen. Das liegt daran, dass die | |
Frauen seither in allen Bereichen eine leitende Rolle übernommen haben. | |
Schon zu Beginn der Bewegung waren Frauen ein sehr starker Teil der | |
Proteste. Sie haben Institutionen und Strukturen mit aufgebaut und haben | |
sich stark an der Selbstverwaltung beteiligt, indem sie an der | |
militärischen Verteidigung gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ | |
mitgewirkt haben. Das sieht man auch in den Strukturen: Den Komitees sitzen | |
zum Beispiel immer eine Frau und ein Mann vor. | |
taz: Wie war das unter dem dem syrischen Diktator Baschar al-Assad? | |
Olfermann: Das Regime von Baschar al-Assad hat die eigene Bevölkerung | |
unterdrückt und Frauen massiv entrechtet, insbesondere Kurd*innen und | |
andere Minderheiten. Jetzt haben die Frauen ihre eigenen | |
Bildungsinstitutionen und Frauenakademien, um sich fortzubilden, arbeiten | |
zu können und unabhängiger zu werden. | |
taz: Wird die Arbeit von Frauen in Rojava von Repressionen bedroht? | |
Olfermann: Was wirklich dramatisch ist, sind die Angriffe auf Syrien durch | |
den türkischen Staat. Auch zivile Infrastruktur wird attackiert. | |
Getreidesilos oder auch ein Krankenhaus wurden bereits zerstört. Im Zuge | |
des [2][Sturzes des Assad-Regimes] durch die islamistische Hajat Tahrir | |
al-Scham (HTS) hat sich die Syrisch Nationale Armee, die im Norden und | |
Nordwesten Gebiete besetzt, militärisch ausgedehnt und die zuvor noch | |
selbstverwaltete Region Minbic besetzt. Dabei hat man sehr deutlich | |
gesehen, dass explizit die Fraueninstitutionen angegriffen wurden. | |
taz: Wie geht die [3][internationale Politik] mit Nord- und Ostsyrien um? | |
Olfermann: In all den Jahren hat es die Politik immer noch nicht geschafft, | |
die Region anzuerkennen – und das, obwohl eine sehr konkrete demokratische | |
Gesellschaft aufgebaut wurde. Es ist sehr fadenscheinig, wenn | |
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von „Jin Jiyan Azadî“ spricht, ab… | |
dann Nord- und Ostsyrien vergisst. | |
taz: Also „Frau, Leben, Freiheit“, die Losungsworte der [4][Proteste nach | |
dem gewaltsamen Tod] der jungen Kurdin „Jina“ Mahsa Amini in Iran. | |
Olfermann: Ja, da hat es bis jetzt noch keine Veränderung gegeben – eher im | |
Gegenteil. Wenn man sich anschaut, was es generell für Krisen und Konflikte | |
auf der Welt gibt, gerät Nordost-Syrien eher immer weiter in den | |
Hintergrund. | |
taz: Welche Konsequenzen hat das für die Bevölkerung ? | |
Olfermann: Ganz unterschiedlich. Es gibt ein Embargo. Dadurch ist es total | |
schwierig, bestimmte Medikamente oder wirtschaftliche Güter in die Region | |
zu bekommen. Es gibt eine hohe Inflation. Das sind wirtschaftliche Folgen, | |
die gerade arme Menschen und Frauen, die wirtschaftlich schlechter | |
aufgestellt sind, härter treffen. Das alles mit der Ungewissheit von der | |
permanenten Kriegsbedrohung, wo der [5][türkische Staat Drohnenangriffe] | |
fährt. | |
taz: Kann man da noch Hoffnung haben? | |
Olfermann: Wenn die Frauen von [6][Solidaritätsaktionen aus anderen | |
Ländern] hören, ist das total bestärkend. Ansonsten haben sie das Gefühl | |
sie werden vergessen. Es scheint als wären die Bedrohungen, denen sie | |
ausgesetzt sind, der westlichen Welt egal. | |
1 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sabrina Bhatti | |
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