# taz.de -- Fake News auf Social Media: Rette sich selbst, wer kann | |
> Die Boomer versagen im Kampf gegen Fake News. Doch junge Menschen sollten | |
> es eigentlich besser können. Zeit, dass wir uns selbst ermächtigen. | |
Bild: Marode Schulen, wenig Medienbildung – eine Toilette an der Fritz-Kars… | |
Jede Minute werden wir mit Tausenden Nachrichten überschüttet. Wer soll da | |
eigentlich noch den Überblick behalten? Vor allem, wenn sich unter all die | |
wahren Meldungen haufenweise Desinformation mischt. Insbesondere den | |
jüngeren Generationen wird nachgesagt, dass sie immer weniger zwischen | |
wahren Nachrichten und Falschinformationen unterscheiden können. | |
Doch wer jetzt um die Ecke kommt mit: „Die dumme Jugend! Die sind ja auch | |
zu faul, sich gescheit zu informieren“, kann mit diesem Boomertake gleich | |
die Tasche packen. Denn die älteren Generationen mit ihren treuen | |
Telegram-Gruppen und reißerischen Facebook-Posts könnten [1][von einem | |
besseren Factchecking auch profitieren]. Wahrscheinlich sogar mehr als wir, | |
die jüngere Generation. | |
Und doch: Als Generation, die mit den sozialen Medien aufgewachsen ist, | |
müssen wir selbst aktiv werden. Denn niemand anderes wird es für uns tun. | |
Wir können nicht warten, bis die Boomer in der Politik sich des Problems | |
annehmen. Wir sind die, die am besten wissen, wie wir uns in den sozialen | |
Netzwerken bewegen können. Also sollten wir auch davon Gebrauch machen. | |
Es ist keine neue Einsicht, dass sich junge Leute anders informieren als | |
ältere. Statt Sonntagszeitungen zu lesen, beschäftigen wir uns über die | |
sozialen Medien mit Nachrichten und gesellschaftspolitischen Themen. Der | |
bunte Instagram-Post ist nun mal einfacher erreichbar und leichter zu | |
verstehen als der mit Fachwörtern beladene Bericht. Aber fürs Factchecking | |
bleibt entweder keine Zeit, oder man weiß nicht, wo man anfangen soll. | |
## Informatik-Ein-Mal-Eins statt Medienkunde | |
In einer [2][Eurobarometer]-Befragung waren fast drei Viertel der 16- bis | |
30-Jährigen davon überzeugt, in der vergangenen Woche mit Falschnachrichten | |
konfrontiert gewesen zu sein. Doch wenn sie diese Fake News schlecht | |
erkennen, sind sie daran nicht nur selbst schuld. Der entscheidende Begriff | |
hier heißt Medienkompetenz. | |
An vielen Schulen in Deutschland wird das Unterrichtsfach Medienkunde oder | |
Medienkompetenz unterrichtet. Fatal ist nur, dass oft nicht der | |
[3][kritische Umgang mit Nachrichten im Netz] und in den sozialen Medien | |
auf dem Lehrplan stehen, sondern lediglich ein Informatik-Einmaleins. In | |
meinem Gymnasium, einer dem Verfall nahen Schule, ist noch nicht mal das | |
drin. Der Unterricht beschränkte sich auf das Erstellen von Excel-Tabellen. | |
So bleibt Medienkompetenz an deutschen Schulen ein Fremdwort. Vor sieben | |
Jahren entschied die [4][Kultusministerkonferenz], dass Digitalkompetenz in | |
allen Schulfächern eine Rolle spielen soll. Doch in diesen sieben Jahre hat | |
sich wenig getan. | |
Für die Bundesländer scheint Bildung nicht an oberster Stelle zu stehen, | |
was dazu führt, dass die Lehrkräfte gar nicht erst die Mittel bekommen, den | |
Schüler:innen einen richtigen Umgang mit Falschinformationen | |
beizubringen. Es fehlt die Zeit, die Ausstattung und seitens der Lehrkräfte | |
oft auch einfach das Interesse, sich mit den sozialen Medien zu befassen. | |
Die Konsequenzen müssen die Kinder und Jugendlichen ausbaden, die im | |
Spinnennetz der sozialen Medien immer weniger wissen, [5][was Wahrheit und | |
was Lüge ist]. Die Verantwortung einfach nur auf die jungen Leute | |
abzuwälzen, ist also auch der falsche Schritt. Es braucht bessere | |
Regulierungen und mehr Medienbildung. Schuldzuschreibungen dagegen werden | |
jungen Menschen nicht helfen, in der Nachrichtenflut über Wasser zu | |
bleiben. | |
## Wir können nicht warten | |
Doch meine Generation kann es sich nicht leisten zu warten, bis sich die | |
Politik für uns interessiert, bis sie für vernünftiges Factchecking sorgt | |
oder für Medienkompetenzkurse in der Schule. | |
Also hangelt euch nicht von einer Nachricht zur nächsten. Holt eure Infos | |
nicht von XY-Influencern, sondern von Nachrichtenaccounts. Konsumiert die | |
Nachrichten nicht passiv, sondern nehmt sie aktiv auf. Lest über den | |
Instagram-Post hinaus und checkt die Informationen, vor allem wenn sie | |
reißerisch, gefühlsbetont oder einfach merkwürdig erscheinen. Redet mit | |
Freund:innen, und macht euch vertraut mit Factcheckingprogrammen. | |
[6][Correctiv], der [7][dpa-Faktencheck] und der [8][ARD-Faktencheck] sind | |
erste Anlaufstellen, nur einen Klick entfernt und bei Weitem nicht die | |
einzigen Checker. | |
Die Flut an Fake News hat die Jugend mitgerissen. Aber kein Grund zur | |
Panik. Denn die Jugend kann auch selbst zurechtkommen. Sie muss nur wissen, | |
wie. | |
24 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Kommunikationswissenschaftler/!6061178 | |
[2] https://www.derstandard.de/story/3000000257681/eurobarometer-drei-viertel-d… | |
[3] /Strategien-gegen-Fake-News/!6044579 | |
[4] https://www.deutschlandfunk.de/digitale-analphabeten-warum-schueler-in-deut… | |
[5] /Fake-News-liegen-im-Trend/!6051660 | |
[6] https://correctiv.org/ | |
[7] https://www.dpa.com/de/faktencheck | |
[8] https://www.tagesschau.de/faktenfinder | |
## AUTOREN | |
Julia Schöpfer | |
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