| # taz.de -- Frau erzieht Mann: Mein bestmöglicher Mann | |
| > Unsere Autorin hat eigentlich genug vom Optimierungswahn, bei ihrem Mann | |
| > versucht sie’s trotzdem seit Jahren. Eine Handreichung. | |
| Bild: „Was soll ich sagen? Wir arbeiten dran, am wichtigsten hier natürlich:… | |
| Das Optimieren, das Verbessern von allem und jedem und jeder habe ich im | |
| leicht fortgeschrittenen Alter sattsam satt. Nicht wegen der vermeintlichen | |
| bis knallharten Widerstände des Gegenübers, die können höchst | |
| aufschlussreich sein, ja manchmal regelrecht komisch und entlarvend. Man | |
| denke da nur an sich selbst. Stichworte Prokrastinieren, Pünktlichkeit, | |
| Serien- oder Schokomüslisucht. | |
| Nein, ich habe das Optimieren satt, weil es letztlich mindestens zwei | |
| Folgen hat. Und die sind schlimm genug. Die eine: Optimieren endet nie. | |
| Einmal angefangen, komme ich da nicht mehr heraus aus der Nummer. Die | |
| andere Folge ist eher eine Frage, die bleibt: Ist das optimierte Gegenüber, | |
| so es sich denn tatsächlich hat optimieren lassen, wirklich das bessere | |
| Gegenüber? | |
| Oder das Verschlimmbesserte? Ein „bildungssprachliches Wort“ übrigens, | |
| dieses Optimieren, das weiß der Duden und er weiß ebenso, dass es ein | |
| „schwaches Verb“ ist. So sehe ich das auch – jenseits davon, dass sich der | |
| Verbstamm beim Optimieren und bei der Bildung des Präteritums und des | |
| Partizipperfekts nicht verändert. | |
| Denn ebenso wenig verändert sich, und da sind wir mitten im Thema, der, | |
| die, das Partner, das Gspusi oder die Liebste in einer Beziehung, wenn wir | |
| versuchen, zu optimieren. Bleiben wir einfach, zumindest in diesem Text, | |
| bei der Optimierung des Mannes. | |
| Das Wiktionary teilt uns mit, dass Optimieren bedeute: „etwas | |
| weiterverbessern, soweit es nötig und auch möglich ist; etwas in den | |
| bestmöglichen Zustand versetzen“. Schauen wir uns an, in welchen | |
| Lebensbereichen wir den Mann überhaupt optimieren könnten, wenn wir es denn | |
| wollten. Oder ist es hin und wieder sogar ratsam, den Partner auf eine | |
| kleine Verbesserungsschleife zu schicken? | |
| ## Haushalt | |
| Ich teile einen Trauschein mit einem Mann in den allerbesten Wechseljahren. | |
| Wir sind beide nicht ordentlich, sind beide keine Messies, aber beide haben | |
| wir unterschiedliche Vorstellungen davon, was es heißt, unordentlich | |
| ordentlich zu sein. | |
| Aus Gründen meines persönlichen Schönheitsgefühls, das, ich gestehe, auf | |
| Außenstehende rührend bis lächerlich wirken muss, versuche ich | |
| selbstverständlich meinen Liebsten dahingehend zu optimieren. Er soll mein | |
| Prinzip des Haufenmachens bei noch zu lesenden Printmedien, des Ablegens | |
| von Kleidung und des Verhüllens von Unordnung per schnellem Überwurf einer | |
| Decke oder eines Tuchs so akribisch befolgen wie ich. | |
| Was soll ich sagen? Wir arbeiten dran, am wichtigsten hier natürlich: | |
| Verständnis. Denn für meinen Mann ist es etwa überhaupt kein Problem – | |
| obwohl er oft beteuert, wie gern er abwäscht –, dass sich das Geschirr in | |
| der Spüle deckennah und dann noch chaotisch, sprich nicht in Reih und Glied | |
| stapelt. | |
| Optimierte, ja optimale Lösung? Selbst abwaschen? Nö. Also verbringe ich | |
| nicht wenig Zeit damit, das Schmutzgeschirr ästhetisch in der Spüle | |
| anzuordnen. Mannomann. | |
| ## Kulinarik & Klo | |
| Beginnen wir mit der Kulinarik, streifen Kochen und Kühlschrank und enden | |
| auf dem Klo. Mein Mann könnte sich definitiv nur von Schokolade, Chips oder | |
| Knabbermischung plus Hefeweizen ernähren, ja er könnte so leben, er wäre | |
| wohl glücklich. Und? Da geht noch was, weil, mir ist das natürlich nicht | |
| ausgewogen genug – und „gesund“ schon gar nicht. Letzteres ein Wort aus | |
| meinem Mund, das meinen Mann fix und fertig macht, er isst dann lieber gar | |
| nichts und begibt sich gleich ins Bett. | |
| Was ich tue, um ihn kulinarisch zu optimieren? Ich füttere ihn mit | |
| delikaten Pralinen, ich kitzle mit einem Gianduja-Schlag seine durchaus | |
| vorhandenen, nur arg verschütteten Geschmacksnerven heraus, sodass er | |
| regelmäßig verzückt die Augen schließt. Und mir am nächsten Tag mit den | |
| originellsten Überbleibseln aus unserem betagten Kühlschrank, nein, keinen | |
| Dosentexaseintopf kocht, sondern sein ganz persönliches köstliches | |
| Süppchen, nur für uns zwei. | |
| Er ist übrigens ein Spitzenkoch – er denkt leider nur zu selten an diese | |
| Gabe. Auch da arbeiten wir dran. Und apropos Klo: Da bin ich fein raus, da | |
| muss ich ihn nicht optimieren. Wir haben zwei Toiletten. Er sitzt gefühlt | |
| regelmäßig 2,5 Stunden zu WC, ich höchstens zweieinhalb Minuten. Ich weiß | |
| nicht, ob wir noch ein Paar wären, wenn wir nur ein Klo hätten. | |
| ## Reden | |
| Ich erinnere mich gerade an einen alten Lieblingswitz von viel früher. Ein | |
| kleiner Junge, der vorher noch nie gesprochen hat, sitzt im Kreise seiner | |
| Familie am Esstisch. Plötzlich sagt er: „Salz!“ Die Familie freut sich | |
| scheckig, dass er spricht, fragt ihn, warum er bis jetzt nichts gesagt hat. | |
| Er antwortet: „Es hat ja nichts gefehlt.“ | |
| Mein Mann war früher auch recht einsilbig, mittlerweile lobt meine | |
| Schwiegermutter seine „liebevolle Sozialkompetenz“, oder so ähnlich. Hat | |
| die was mit mir zu tun? Kann sein. Wie ich das optimierend gedrechselt | |
| habe, um den Mann auf die doch recht selig machende Schiene der | |
| wechselseitigen, ja streckenweise zugewandten Kommunikation zu bringen? Ich | |
| interessiere mich für ihn, ich stelle ihm Fragen, ich höre ihm zu. Immer | |
| noch, nach all den Jahren. Das färbt ab. | |
| ## Mode | |
| Mein Mann ist extrem pflegeleicht, was seine Ober- und Unterbekleidung | |
| angeht. Ich optimiere ihn in der Wahl seines Outfits, seiner Unter- und | |
| Oberhosen, seiner Hemden und Pullis. | |
| Die Optimierung besteht darin, dass ich, ja, ich weiß, total altmodisch, | |
| total gerne für ihn Anziehzeug kaufe. | |
| Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich lege ihm in der Folge nicht | |
| abends die passende Klamotte für den kommenden Tag raus oder packe ihm | |
| prophylaktisch seinen Koffer. Bloß nicht! Da muss er schon selber | |
| danebengreifen. | |
| Passiert aber nur noch selten, weil: Früher habe ich dahingehend schon | |
| optimierend eingewirkt. Die modischen Früchte unserer Beziehung ernte ich | |
| nun, na gut, mehr oder weniger. Finde ich ihn fesch? Ja. | |
| ## Hobbys | |
| Mein Mann hat keine Hobbys. Insofern kann ich ihn da nicht optimieren. Im | |
| Grunde hat er sein einziges Hobby schon lange vor meinem Eintritt in sein | |
| Leben zur Berufung gemacht. Er zeichnet den ganzen Tag und hat immer | |
| einen DIN-A4-Block unliniert dabei. | |
| Davon lebt er, es ist also sein Beruf, und diesen Beruf betreibt er | |
| zeitweise in einer Eckkneipe, in der mittenmang ein Baum wächst. Was soll | |
| ich da noch optimieren? | |
| Ein Tipp jedoch, den ich von einer Freundin bekam, deren Freund | |
| hingebungsvoll leuchtend gelbe Doktorfische sammelt: „Dagegen bist du | |
| machtlos. Da hilft, zumindest was das Hobby angeht, nur bedingungslose | |
| Liebe.“ | |
| ## Sex | |
| Dieses eine Optimierungsthema fehlt Ihnen hier noch? Tja, da muss ich Sie | |
| enttäuschen, das bleibt süßes Geheimnis. Nur so viel: Selten optimal | |
| optimiert, das mit dem Sex, und das ist in der Theorie auch gut so. Wenn da | |
| in der Praxis nur nicht hin und wieder Leistungsdruck herrschte. | |
| Wummswumms: Es gibt so viele sexuelle Spielarten, allein, zu zweit, zu | |
| Rudel oder gar nicht – denken Sie zur Abwechslung einfach mal nur an sich | |
| selbst. Und denken Sie nicht ständig an das sowieso nur bedingt zu | |
| optimierende Gegenüber aka Mann – wie hier zu beweisen war. Haben Sie Ihren | |
| Spaß. Mit 17, 47, 57 und mit 85 Jahren. Ich zumindest peile ihn auch für | |
| dann schon mal an. | |
| 8 Mar 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Harriet Wolff | |
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