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# taz.de -- Dua Saleh über toxische Beziehungen: „Der Angst mit Humor entgeg…
> Dua Saleh erklärt den Unterschied zwischen Umweltschutz und
> Umweltgerechtigkeit. Und spricht über Falschbehauptungen und den
> Bürgerkrieg im Sudan.
Bild: Weltbekannt wegen der Rolle in „Sex Education“: Dua Saleh macht nun a…
taz: Dua Saleh, die Texte auf Ihrem Album „I Should Call Them“ beleuchten
Liebe und Beziehungen aus verschiedenen Blickwinkeln. Einige Songs klingen
melancholisch wie etwa „Time and Time again“, andere lustvoll und sexuell
aufgeladen wie „Want“. Was genau hat Sie inspiriert?
Saleh: Als ich die Musik komponiert habe, war ich erstmals in Europa auf
Tour. Dabei musste ich die ganze Zeit an meine Ex denken, hatte aber kaum
Zeit, meine Gefühle zu verarbeiten. [1][Gleichzeitig fanden Dreharbeiten
zur letzten Staffel der TV-Serie „Sex Education“ statt, Cal, die Figur, die
ich darin spiele, setzt sich ebenfalls mit Identität und Beziehungen
auseinander.] Es war also eine emotional aufgeladene Zeit, die die Musik
inspirierte. Durch das Komponieren konnte ich alles besser verstehen.
taz: Ein Kernthema Ihres Albums ist Umweltschutz. Was haben Liebe und
Sehnsucht damit zu tun?
Saleh: Meine Songs handeln auch von toxischen Beziehungen, was für mich in
direktem Zusammenhang zur Erde steht. Unsere Beziehung zur Umwelt ist
ebenfalls toxisch, sogar wortwörtlich. Wir zerstören die Erde, obwohl sie
unsere Mutter ist und uns mit Sauerstoff, Wasser, Nahrung und Wärme
versorgt. Wie eine toxische Beziehung, die wir retten müssen.
taz: Was genau bedeutet Umweltschutz für Sie?
Saleh: Umweltschutz bedeutet Fürsorge für die Erde und den Menschen
gegenüber. Für mich geht das über individuelle Handlungen hinaus. Wir
müssen kollektiv Verantwortung übernehmen, dafür sorgen, dass es auch für
zukünftige Generationen auf Erden lebenswert bleibt. Diejenigen Menschen,
die am stärksten von Umweltkatastrophen betroffen sind, sind nicht für die
Zerstörung der Erde verantwortlich. Deswegen muss Umweltschutz immer von
Umweltgerechtigkeit ausgehen.
taz: Kommt die Beziehung zwischen Mensch und Erde auch in der
futuristischen Ästhetik Ihres Albumcovers zum Ausdruck?
Saleh: Ja, es ist beeinflusst vom verzerrten Selbstbild, das die Menschheit
zu sich selbst hat. Wir ignorieren, dass wir Teil der Erde sind. Wie wir
die Hand der Erde halten, so hält die Erde unsere. Die Hände auf dem Cover
spiegeln das wider, und eine digitalisierte, futuristische Ästhetik mit
verzerrten Körperteilen bildet diese Toxizität ab, von der wir gesprochen
haben.
taz: Stilistisch klingt Ihr Album vielfältig. „Chi Girl“ hat den Charakter
eines Popsongs, was an der Autotune-Stimme liegt, während „Cradle“ eher an
Rap erinnert, und mit „2excited“ experimentieren Sie sogar mit Black Metal.
Was ist das verbindende Element in Ihrem Sound?
Saleh: [2][Durch die Musik zieht sich R&B als roter Faden]. Mit „I Should
Call Them“ habe ich dieses Genre neu interpretiert und spiele mit
verschiedenen musikalischen Einflüssen und Themen. Letztendlich entstehen
alle Melodien spontan, in Momenten, wenn ich verschiedene Gefühle
verarbeite.
taz: „I Should Call Them“ spricht wichtige gesellschaftliche Themen an,
gleichzeitig hat es eine humorvolle Seite. Wie kam es zu diesem Titel?
Saleh: Die simple Antwort: Ich fand ihn einfach lustig. Selbst wenn es um
existenzielle Themen und grundlegenden Fragen zum Umweltschutz geht, muss
man nicht bierernst sein. Manchmal kann man an die Ex denken und sich dabei
fragen, ob man sie anrufen oder ihr schreiben sollte.
taz: In Social Media haben Sie den Song „Pussy Suicide“ geteilt und ihn als
Song für transgender Aliens beschrieben. Warum?
Saleh: [3][Schuld daran ist US-Präsident Donald Trump.] Er redet ständig
über trans* Personen und äußert sich wiederholt transfeindlich. Im
Wahlkampf hat er zum Beispiel von „transgender Aliens“ gesprochen, die „in
Gefängnissen Operationen bekommen“. Trumps falsche Behauptungen gefährden
trans* Personen und erzeugen Angst. Durch meine Statusmeldung bin ich der
grassierenden Angst mit Humor entgegentreten.
taz: Die Instrumentalisierung von trans* Personen durch rechte Politik ist
weitverbreitet, von den USA bis Russland und Ungarn. Wie sehen Sie das im
aktuellen politischen Kontext der USA?
Saleh: Juristisch gesehen sind wir erledigt. Gesetze werden verabschiedet,
die lebenswichtige medizinische Versorgung verbieten. Es gibt keinen Raum,
in dem trans* Personen existieren und sich sicher fühlen können. Das macht
Angst. Aber ich versuche dem entgegenzutreten, indem ich Räume schaffe, in
denen queere Kinder und Personen sich gesehen fühlen und für einen Moment
Freude empfinden können.
taz: Durch Ihre Social-Media-Präsenz, Ihre Musik und Ihre Rolle als „Cal“
in der Serie „Sex Education“ geben Sie besonders queeren schwarzen
Jugendlichen Identifikationsraum. Glauben Sie, ein Album wie dieses oder
eine Rolle wie Cal hätte Ihnen in Ihrer eigenen Jugend geholfen?
Saleh: Ja, darüber denke ich oft nach. Wie wäre ich gewesen, wenn ich Cal
oder mich selbst als Sänger:In gehabt hätte, als ich jünger war? Ich wäre
viel selbstbewusster gewesen. Ich wäre ein völlig anderer Mensch. Natürlich
hätte das allein nicht alles perfekt gemacht, aber es hätte meine Angst
gelindert. Trotz allem bin ich optimistisch für die Zukunft. Es werden
immer mehr Filmrollen für trans* Rollen geschrieben und mehr queere
Künstler:Innen in der Öffentlichkeit stehen. Diese Repräsentation kann
Leben verändern und retten.
taz: Bereits vor dem Album haben Sie die Single „Daylight Falls“
veröffentlicht. Mit dem Lied machen Sie auf den Bürgerkrieg im Sudan
aufmerksam, wo Sie geboren sind. Speziell erwähnen Sie die Darfur Women’s
Action Group, die sich für Menschen vor Ort einsetzt. Wie spiegelt sich das
in dem Lied?
Saleh: [4][Der Sudan wird immer ein Teil von mir bleiben und deswegen auch
mein künstlerischer Abdruck sein.] Ich wäre nicht ich ohne meine Kultur,
ohne die Leute, die meinen Blick auf Gender, Rassismus und imperiale
Strukturen beeinflusst haben, ohne Protestierende wie die Frauen der Darfur
Women’s Action Group. Deswegen werde ich bei jeder Gelegenheit über meine
Leute, die Ungerechtigkeiten, die Hungersnot und den Krieg im Sudan
sprechen. Es wird zu wenig getan, um die Menschen im Sudan zu unterstützen.
Für mich schafft meine künstlerische Präsenz auch Möglichkeiten, um
Informationen über mein Heimatland, den Sudan, zu teilen.
31 Jan 2025
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## AUTOREN
Ilo Toerkell
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