| # taz.de -- Deutsch-syrische Klinikpartnerschaften: Gesundheit für Syrien | |
| > Nach dem Sturz Assads ist der Zustand der Krankenversorgung im Land | |
| > desaströs. Kooperationen mit deutschen Partnern sollen helfen. | |
| Bild: Ministerin Svenja Schulze Mitte Januar bei ihrem Besuch in Syrien | |
| Berlin taz | Mehr als 300 syrische und deutsche Ärzt*innen sind am | |
| Mittwoch in Berlin zusammengekommen, um ein Programm für | |
| Klinikpartnerschaften mit Syrien auf den Weg zu bringen. Das Projekt wird | |
| vom Bundesentwicklungsministerium ausgerichtet. Es soll den Wiederaufbau | |
| der syrischen Gesundheitsversorgung unterstützen. | |
| Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte bei der | |
| Auftaktveranstaltung, Deutschland habe die historische Chance, in Syrien | |
| bei der Sicherung einer friedlichen Zukunft zu helfen. Für einen | |
| funktionierenden Staat, brauche es dabei ein stabiles Gesundheitssystem. | |
| Derzeit ist die Lage in Syrien desaströs: Mindestens 15 Millionen | |
| Syrer*innen haben keinen angemessenen Zugang zu Gesundheitsversorgung. | |
| Wegen der [1][Sanktionen, die noch immer gelten], fehlt es an allem: | |
| Medizinische Geräte werden nicht repariert, weil Ersatzteile nicht | |
| importiert werden können. In den Krankenhäusern fehlen funktionierende | |
| Krankenwagen, die Aufzüge sind kaputt, die Gebäude wegen des Krieges | |
| zerstört oder marode. Es fehlen Medikamente und einfache Ausstattung, wie | |
| Verbandsmaterial, Spritzen oder Kochsalzlösungen. | |
| ## Unbürokratisch und langfristig | |
| Die Klinikpartnerschaften sollen schnell und unbürokratisch Hilfe leisten. | |
| Sie sind als langfristige Projekte über mehrere Jahre angelegt. Die | |
| deutschen Partner sollen bei der Finanzierung und Beschaffung von | |
| medizinischen Geräten, Ausstattung und Medikamenten helfen, Expertise | |
| teilen und Fortbildungen in Syrien und in Deutschland anbieten. | |
| Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat 15 Millionen Euro für das | |
| Programm bewilligt. Die Mittel gehen dabei nicht an die [2][syrische | |
| Übergangsregierung], sondern nur an lokale Hilfsorganisationen und | |
| Krankenhäuser. Geplant sind zunächst mindestens 20 Partnerschaften. Die | |
| Projekte soll es im ganzen Land geben, mit Angeboten für alle | |
| Bevölkerungsgruppen, für Frauen, Kinder und ethnische Minderheiten. | |
| Das Engagement der syrischen Ärzt*innen sei ein „Spagat für Deutschland“, | |
| sagte Schulze. Denn das Land könne und wolle auf diese Menschen nicht | |
| verzichten. Im deutschen Gesundheitssystem arbeiten etwa [3][6.000 | |
| Ärzt*innen mit syrischem Pass und weitere 4.000 Ärzt*innen mit | |
| syrischen Wurzeln]. Zahlreiche Kranken- und Altenpfleger*innen, | |
| Apotheker*innen und weitere Beschäftigte im Gesundheitssektor kommen | |
| hinzu. Die Klinikpartnerschaften seien auch deswegen gut für Deutschland, | |
| weil sie Syrer*innen die Möglichkeit gebe, in ihrem Heimatland zu | |
| helfen, ohne dem deutschen System sofort abhanden zu kommen, so Schulze. | |
| ## Großer Bedarf an psychologischer Versorgung | |
| Der syrisch-deutsche Augenarzt Iyad Durmus ist im Januar gemeinsam mit der | |
| Entwicklungsministerin nach Syrien gereist, um dort die Bedarfe der | |
| Krankenhäuser festzustellen. „Da kommt ein große Aufgabe auf uns zu“, sag… | |
| er zur Auftaktveranstaltung. Auch in Syrien würde das Treffen in Berlin | |
| wahrgenommen, für Mediziner*innen dort sei es ein Hoffnungsschimmer. | |
| Heute ginge es darum, zu entscheiden, wo anzufangen sei: „Da sind so viele | |
| Trümmer. Wir wollen Stein für Stein wieder aufbauen.“ | |
| Auch der Bedarf nach psychologischer Versorgung ist in Syrien riesig, sagte | |
| Sara Mohamad, Psychiaterin und Psychotherapeutin an der Charité Berlin. | |
| Dort gebe es viele Menschen mit traumatischen Erfahrungen, | |
| Binnenflüchtlinge, Folteropfer oder Familien, die voller Ungewissheit auf | |
| Nachricht über Vermisste warten. Mohamad hat Syrien 2017 verlassen, so wie | |
| die meisten ihrer Kolleg*innen. | |
| Im ganzen Land würden nur noch etwa 45 Fachärzt*innen für Psychiatrie | |
| arbeiten, schätzt sie. Für traumatisierte Syrer*innen müsse es sofort | |
| Hilfe geben. Kurzfristig könnte Psychoedukation, also fachliche Aufklärung, | |
| für Mediziner*innen und Betroffene helfen. Langfristig müssten | |
| Medizinstudent*innen wieder für Psychiatrie und Psychologie | |
| begeistert und bei der Ausbildung unterstützt werden. | |
| 12 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Luisa Faust | |
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