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# taz.de -- Neue Zahlen zu Korruption in Deutschland: Sie nehmen, was sie krieg…
> Deutschland verschlechtert sich im globalen Korruptionsindex. Warum das
> nicht überraschend ist.
Bild: Transparenz ist immer mehr gefährdet
Autoritäre Herrscher sind korrupt. Ob der ungarische Ministerpräsident
[1][Viktor Orbán], der türkische Machthaber [2][Recep Tayyip Erdoğan] oder,
natürlich, Donald Trump: Sie alle vereint nicht nur die Ablehnung der
freiheitlichen Demokratie, sondern auch das instrumentelle Verhältnis zum
Staat.
Korruption ist dabei nicht Begleiterscheinung des Autoritarismus, sondern
zentrales Strukturmerkmal. Dass mit dem weiteren Erstarken der Rechten in
Deutschland auch die Korruption zunimmt, ist deswegen kein Wunder.
Neue Zahlen der Nichtregierungsorganisation Transparency International
belegen das: Von Platz 12 rutscht Deutschland auf Platz 15 im
Korruptionsindex. Rechte machen sich den Staat zur Beute, um ihn für die
privaten Interessen kleiner Gruppen zu nutzen.
## AfD bleibt historischem Vorbild treu
Treiber dieser Entwicklung ist offenkundig die AfD, die ein maximal
strategisches Verhältnis zum Recht pflegt. Ob illegale Parteispenden,
dubiose Zahlungen aus Russland oder die Beschäftigung von Spionen im
Parlament – AfD-Funktionäre nehmen, was sie kriegen können. Damit bleibt
die AfD in diesem Feld dem historischen Vorbild treu: Schließlich war auch
die NSDAP bis in den letzten Gau durchsetzt von Korruption.
Aber auch die Union und die Parteien der Ampel stachen in den vergangenen
Jahren nicht gerade als Vorkämpfer für Korruptionsprävention hervor. Um
Machtmissbrauch erfolgreich zu bekämpfen, braucht es vor allem öffentliche
Kontrolle und starke Richtlinien. Und die wurden unter Bundeskanzler Olaf
Scholz nicht gestärkt.
Sei es die unzureichende Kontrolle von Parteispenden oder auch das erst
vollmundig angekündigte, aber dann im SPD-geführten Innenministerium
versauerte [3][Bundestransparenzgesetz] – kaum war die Ampelkoalition in
ihren Ämtern angekommen, verstummten die Forderungen nach Transparenz, die
die Parteien in der Opposition noch lauthals verkündet hatten.
## Dicke Fische kommen davon
Im Gegenteil: Das Kanzleramt agierte unter Scholz noch intransparenter als
unter Merkel, Innen-, Finanz- und Wirtschaftsministerium vergruben sich
hinter angeblichen Sicherheitsinteressen, die mittlerweile zu einem Joker
der Transparenzverweigerung geworden sind: Sorry, diesen Beratervertrag
darf die Öffentlichkeit nicht einsehen, die Sicherheit des Abendlandes ist
in Gefahr.
Dass unter Bundeskanzler Friedrich Merz die Gefahr für steigende Korruption
noch deutlich zunehmen wird, lässt sich allein schon an den derzeitigen
Kampagnen des rechten Lagers gegen NGOs zeigen. Die CSU-Politikerin
[4][Monika Hohlmeier treibt im EU-Parlament eine Diffamierungskampagne]
gegen die staatliche Finanzierung von Umweltorganisationen voran. Und Merz’
CDU skandalisiert gemeinsam mit der Springer-Presse die Zahlung von 18.000
Euro Steuergeldern für Bildungsarbeit an die „Omas gegen Rechts“.
Damit verschiebt die politische Rechte wie auch im Bereich der
Sozialpolitik den Fokus von den dicken Fischen auf ein paar dünne
Sardinen. Wir reden nicht über 100 Milliarden Euro Steuerhinterziehung pro
Jahr, sondern über ein paar Millionen Euro, die Bürgergeld-Empfänger*innen
zusätzlich weggenommen werden sollen.
## Freier Weg für Machtmissbrauch
Und wir reden nicht über milliardenschwere klimaschädliche Subventionen,
mit denen sich ein paar wenige Superreiche weiter vollstopfen, sondern über
ein paar Euro für sowieso größtenteils ehrenamtlich arbeitende
Demokratie-Initiativen, die den Zusammenhalt im Land organisieren.
Dabei kommt der Union zugute, dass die Unterschiede zwischen Millionen und
Milliarden für Menschen einfach nicht vorstellbar sind. Ein Beispiel: Eine
Million Sekunden entsprechen 11 Tagen. Eine Milliarde Sekunden entsprechen
31,7 Jahren. Noch ein Beispiel gefällig? Eine Million Meter sind 1.000
Kilometer, also etwa die Entfernung von Hamburg nach Wien. Eine Milliarde
Meter sind eine Million Kilometer, also etwa dreimal die Entfernung von
Hamburg zum Mond.
Ein entgrenzter öffentlicher Diskurs, in dem nicht die Mächtigen kritisiert
werden, sondern vor allem die Machtlosen angegangen werden, öffnet
Machtmissbrauch Tor und Tür – und zwar millionen- und milliardenschwer.
Arne Semsrott ist Journalist und Aktivist und leitet das Projekt
FragDenStaat, das für Informationsfreiheit kämpft. Er hat zudem den
Freiheitsfonds gegründet.
11 Feb 2025
## LINKS
[1] /Korruption-in-Ungarn/!5891995
[2] /Korruption-in-der-Tuerkei/!5914093
[3] /Entwurf-fuer-Transparenzgesetz/!5885870
[4] https://www.politico.eu/article/eu-lawmakers-escalate-ngo-funding-fight/
## AUTOREN
Arne Semsrott
## TAGS
Schwerpunkt Korruption
Die Rechte
Machtmissbrauch
Arne Semsrott
Aserbaidschan
Lobbyismus
Wochenendkrimi
Schwerpunkt AfD
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