# taz.de -- Teilhabe und Leichte Sprache: Das schwierige Mitmischen in der Poli… | |
> In Deutschland brauchen ungefähr 14 Millionen Menschen Einfache oder | |
> Leichte Sprache, um sich politisch zu informieren. Wie kann das klappen? | |
Bild: Viele Menschen wollen sich politisch einbringen und wählen. Aber nicht a… | |
Koalitionsvertrag, Bundestag, Legislaturperiode. Begriffe, die in der | |
politischen Berichterstattung ganz selbstverständlich vorkommen. So als | |
wüssten alle, was sie bedeuten. Die, die es nicht wissen, werden | |
ausgeschlossen. Von politischen Diskussionen und von Nachrichten im Radio, | |
im Fernsehen, in Zeitungen. Politik geht aber alle an. Deshalb wurde | |
[1][PoliTisch gegründet, ein Stammtisch zu politischen Themen in Leichter | |
Sprache]. | |
Gegründet wurde der Stammtisch im Dezember 2024, zum ersten Treffen kamen | |
fünf Personen. Heute, beim zweiten Treffen, sind schon zehn Menschen dabei. | |
Treffpunkt ist der Jugendclub Mahler20 in Berlin-Pankow. Durch die zwei | |
gemeinsamen Stunden führen Arthur Hackenthal und Sina Groth, die den | |
Stammtisch gemeinsam mit Stana Schenck gründeten. Die Teilnehmenden sind | |
zwischen 14 und 30 Jahre alt und kommen aus ganz Berlin. Sie alle wollen | |
mehr über Politik wissen und sich informieren. „Die [2][Tagesschau in | |
Leichter Sprache] finde ich gut“, sagt eine Teilnehmerin. Sie hört auch | |
gerne Radio, das Inforadio. Alle sitzen in einem Stuhlkreis. | |
Arthur Hackentahl und Sina Groth erklären die Regeln vom Stammtisch. „Wenn | |
ich rede, seid ihr bitte leise“, sagt Arthur Hackenthal – und das klappt. | |
Eine weitere Regel ist die Leichte Sprache. Dafür gibt es kleine Schilder, | |
die auf jedem Platz liegen. „Achtung, Leichte Sprache“ steht auf ihnen. | |
Versteht man etwas nicht, kann man das Schild hochhalten. Dann wird es noch | |
mal einfacher erklärt. | |
Anne Leichtfuß ist Expertin für Leichte Sprache und beschreibt sie so: | |
„Leichte Sprache ist eine vereinfachte Form des Deutschen.“ Dafür gibt es | |
einige Grundregeln: Die Sätze sind kurz. In jedem Satz steckt nur eine | |
Information. Fremd- und Fachwörter werden erklärt. | |
## „Was ist der Bundestag?“ | |
Das Hauptthema für den Stammtischtermin im Februar [3][ist die | |
Bundestagswahl]. Ungefähr die Hälfte der Teilnehmenden wird an der Wahl am | |
23. Februar teilnehmen. Noch nicht alle wissen, welche Partei sie dann | |
wählen. Und wie das genau geht, mit der 1. Stimme und der 2. Stimme. Die | |
beiden Moderator*innen erklären es. Mit der 1. Stimme wählst du | |
eine*n Politiker*in aus deinem Wahlkreis, mit der zweiten Stimme eine | |
Partei für den Bundestag. | |
„Was ist der Bundestag?“, fragt eine Teilnehmerin. „Der Bundestag ist ein | |
Gebäude“, sagt Arthur Hackenthal, „mit einer Kuppel“ und: „Es steht mi… | |
in Berlin.“ Dann erklärt der 26-Jährige, dass dort die Politiker*innen | |
im Bundestag sind, um miteinander zu arbeiten. Und was die Parteien wollen. | |
„Die AfD ist unter aller Kanone“, sagt Arthur Hackenthal. Das sagt er auch, | |
weil er weiß, wofür beziehungsweise wogegen diese Partei ist. [4][Zum | |
Beispiel gegen Inklusion.] Er zitiert Björn Höcke, der inklusive Schulen – | |
also Schulen, an denen Kinder mit und ohne Behinderung lernen – wieder | |
abschaffen will. Im Raum wird es unruhig. Die meisten der Teilnehmenden | |
waren auf inklusiven Schulen. Und sie wollen, [5][dass es solche Schulen | |
weiter gibt]. | |
Ein anderes wichtiges Thema ist der Arbeitsmarkt. „In Werkstätten bekommen | |
Menschen mit Behinderung zu wenig Geld, sie werden ausgebeutet“, sagt | |
Arthur Hackenthal, der selbst auf dem regulären Arbeitsmarkt arbeitet. Also | |
wird bis zum nächsten Mal recherchiert, welche Parteien die Werkstätten | |
weiter finanzieren wollen und welche dafür sorgen wollen, dass Menschen mit | |
Behinderungen auch auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Chance haben. In Jobs | |
mit Bezahlung, durch die ein gutes und selbstständiges Leben möglich ist. | |
## Vielfältige Gründe | |
In Deutschland brauchen ungefähr 14 Millionen Menschen Einfache oder | |
Leichte Sprache, um sich zu informieren. Menschen mit Lernschwierigkeiten, | |
wie hier beim Stammtisch. Aber auch Menschen mit Demenz. „Es ist total | |
individuell, warum man Leichte Sprache braucht“, erklärt Anne Leichtfuß und | |
weist darauf hin, dass es wichtig sei, den Bedarf nicht zu stigmatisieren. | |
Es brauche mehr Angebote, damit sich alle entscheiden können, wie sie sich | |
informieren möchten. Was es dafür aber auch braucht: Menschen mit | |
Lernschwierigkeiten müssten auch in den Medienhäusern arbeiten, damit sie | |
die Texte prüfen können. „Und das ist meines Wissens nach bisher noch nicht | |
der Fall“, sagt Anne Leichtfuß. | |
Also braucht es erst mal Projekte wie den Stammtisch, damit alle Menschen | |
an Informationen gelangen. Bis Ende 2026 bekommt „PoliTisch leicht“ eine | |
Förderung der Berliner Senatsverwaltung. Damit wird die Arbeit der drei | |
Gründer*innen bezahlt. Sina Groths Sorge ist, dass das Projekt danach | |
nicht weiter gefördert werden könnte. „Ich wünsche mir, dass es lange | |
bezahlt wird“, sagt sie. | |
Ihr ist es wichtig, dass Forderungen für Inklusion auch in der Politik | |
Gehör finden. „Ich möchte die Politik ein bisschen kitzeln“, sagt die | |
18-Jährige. Ein*e Politiker*in zu Besuch beim Stammtisch, das wär’s. | |
„Robert Habeck vielleicht“, schlägt Arthur Hackenthal vor. | |
Sina Groth findet: „Man sollte immer laut über Inklusion sprechen.“ So wie | |
hier, beim politischen Stammtisch. Beim nächsten Mal – das nächste Treffen | |
ist kurz vor der Bundestagswahl – soll gewählt werden. Nicht in echt, | |
sondern mit einer nachgebauten Wahlkabine. Damit beim echten Wahltag nichts | |
schiefgeht. Und alle da ihre Kreuze machen können, wo sie es wollen. | |
12 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/politisch_leicht/ | |
[2] /Nachrichten-in-einfacher-Sprache/!6014864 | |
[3] /Schwerpunkt-Bundestagswahl-2025/!t5007549 | |
[4] /Leichte-Sprache/!6056242 | |
[5] /Debatte-um-Hoecke-Aussage/!5949598 | |
## AUTOREN | |
Mareice Kaiser | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Leichte Sprache | |
Inklusion | |
Wahlrecht | |
Gesellschaftliche Teilhabe | |
Schwer mehrfach normal | |
Inklusion | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Inklusion | |
Inklusion | |
Leichte Sprache | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wählen für Menschen mit Behinderung: Sollen Egemen und Achmad weg? | |
Mein Sohn hat eine geistige Behinderung. Damit er wählen kann, müssten | |
Formulierungen gefunden werden, die sich auf seine Lebenswirklichkeit | |
beziehen. | |
Inklusives Restaurant feiert Geburtstag: Jubiläumsfeier mit ein bisschen Theat… | |
Das Restaurant Charlottchen wurde vor 35 Jahren eröffnet. Es hat einen | |
Wandel vollzogen, nun lädt es als französische Brasserie ein. Ein | |
Ortsbesuch. | |
Didacta-Eröffnung: Proteste gegen AfD-Stand auf Didacta | |
Am Dienstag öffnete die Bildungsmesse mit einem Stand der rechtsextremen | |
Partei. Kritiker zeigen sich von der Entscheidung der Veranstalter | |
enttäuscht. | |
UNO-Berichterstatter über Inklusion: „Das System muss sich anpassen, nicht d… | |
Wenn Migration als Problem gesehen wird, verändert das auch etwas für | |
Menschen mit Behinderungen, sagt Jurist Markus Schefer. Er kritisiert die | |
Union. | |
Teilhabe in Schulen: Bezirke vertrödeln echte Inklusion | |
Neukölln plant ein weiteres Förderzentrum für beeinträchtigte Kinder. Das | |
Institut für Menschenrechte sieht darin einen schweren Rechtverstoß. | |
Leichte Sprache: „Wer AfD wählt, wählt gegen uns“ | |
Im Februar 2025 wird in Deutschland gewählt. Wahrscheinlich wird die Partei | |
AfD bei der Wahl stärker. Was bedeutet das für Menschen mit Behinderung? |