| # taz.de -- Die Wahrheit: Intelligenz hoch grün | |
| > Die Klugheit der Pflanzen und ihrer Verehrer schlägt die Dummheit ihrer | |
| > Verächter. Ein nachdenklicher Blick auf das Darwin’sche Wurzelhirn. | |
| Bild: Brokkoli schmeckt zwar nicht, hat aber ein grünes Gehirn | |
| Gibt es grüne Intelligenz? Diese Frage beschäftigte die Wissenschaft | |
| bereits, als es noch gar keine Grünen gab. Ausgerechnet Charles Darwin, der | |
| Begründer des Darwinismus und der Evolutionstheorie, löste eine hitzige | |
| Debatte über die Klugheit der Pflanzen aus. Seine Vermutung, der | |
| Wurzelstock sei so etwas wie das Hirn der niederen Tiere brachte die | |
| Pflanzenverächter auf die Palme. Darwin nannte seine Theorie die | |
| „Wurzelspitzen-Hirn-Hypothese“ und sorgte damit kurz vor seinem Tod wieder | |
| einmal für Aufruhr in der Wissenschaft. Denn diese schätzte die | |
| Pflanzenwelt seit jeher geringer ein als die Welt der Tiere. Diese | |
| Geringschätzung der Pflanzen hat eine lange traurige Tradition und geht | |
| zurück bis auf Noah, der keinerlei Pflanzen mit in seine Arche nahm. | |
| Intelligente Pflanzen, hat man so etwas schon gehört?, schimpften die | |
| Animalisten. Doch schon, war die Antwort, schließlich gibt es ja | |
| Studentenblumen, die kluge Fuchsie und die intellektuelle Kopfweide, die | |
| alle vom Geist der Intelligenz umweht sind. Dazu kommen die ganzen | |
| Kohlsorten, die alle das auffällige Denkorgan Kohlkopf aufweisen. Besonders | |
| der schmackhafte Rotkohl sieht im Querschnitt einem hochentwickelten | |
| Denkorgan verblüffend ähnlich. Andere Pflanzen gelten eher als Flachwurzler | |
| der Intelligenz. Da wären der etwas dümmliche Boskop, die schlichte | |
| Platterbse und die intellektuell eingeschränkte Runkelrübe zu nennen. | |
| Wer jemals die Schale einer Walnuss geknackt hat, wird wissen, dass sich | |
| darin ein herrlich geformtes Kleinhirn verbirgt, das auch noch prima | |
| schmeckt! Und sehen wir uns einmal die höheren einheimischen Pflanzen an, | |
| die hohen Bäume nämlich. Deren kostbarstes Holz wird Hirnholz oder auch | |
| Stirn- oder Kopfholz genannt. Nur ein Holzkopf wird hier nicht stutzig, wo | |
| wir Hirnholz finden, muss schließlich auch Hirn sein! | |
| ## Skandal der Biologie | |
| Dieses Hirn verortete Charles Darwin allerdings in der Wurzelspitze. Eine | |
| Spitzentheorie, die sein Sohn Francis, der sich als Botaniker einen Namen | |
| machte, auf den Punkt brachte: Pflanzen sind intelligente Lebewesen, | |
| stellte er fest. So hatte die Biologie ihren nächsten Skandal. | |
| Die pflanzlichen Positivisten sprachen von „stupenden Fähigkeiten“, andere | |
| von „genialem Grünzeug“. Der amerikanische Erdenpoet ud Kräuterkundler | |
| Stephen Buhner lobte überdies das wunderbare Wurzelgedächtnis der Pflanzen. | |
| Die ARD-Sendung „Planet Wissen“ jubelt gar: „Pflanzen können Entscheidun… | |
| treffen.“ Da wird mancher Spätentscheider blass. | |
| Das Hauptproblem der pflanzlichen Intelligenz ist ihre Definition. „Es gibt | |
| mehr als 70 Definitionen für Intelligenz“, berichtet der Ökologe André | |
| Kessler von der Cornell University. Leider gibt es bisher noch keine von | |
| einer Pflanze selbst. | |
| Kräutermännchen Stephen Buhner ist sich jedenfalls sicher: Ja, sie haben | |
| ein Gehirn, es ist bisher nur so, dass bisher niemand auf die richtige | |
| Stelle geschaut hat. Vielleicht sollte man deshalb einfach mal an der | |
| Stelle nachsehen, die eine kluge Pflanze am besten versteckt hält. | |
| Vermutlich heißt sie „die Wurzelhaube“. Und die könnten wir ziehen aus | |
| Respekt vor dem hellsichtigen alten Pflanzenfreund Charles Darwin. | |
| 11 Feb 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Kriki | |
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