# taz.de -- FDP-Parteitag: Bangen um den schwarz-gelben Traum | |
> Die Liberalen sind angeschlagen. Doch Christian Lindner versucht sie auf | |
> dem FDP-Parteitag als einzige Rettung vor Schwarz-Grün in Szene zu | |
> setzen. | |
Bild: Optimistische Liberale: Auf dem Parteitag träumt die FDP von der Regieru… | |
Potsdam taz | Am Anfang donnern dröhnende Gitarrenriffs durch die | |
Metropolishalle in Potsdam. Der Sound ist übersteuert, die Blitzlichtwellen | |
erinnern an Rockkonzerte. Von dem aufmunternden Text sind nur Fetzen zu | |
verstehen. „Ändern wir jetzt die Politik, bevor es 2029 die Falschen tun“, | |
steht in riesigen schwarzen Lettern auf gelbem Hintergrund. Die FDP also | |
als letzte Ausfahrt vor der AfD-Mehrheit? Die FDP mag es zwei Wochen vor | |
der Wahl dramatisch. | |
„Es geht um mehr als Wirtschaft und Migration. Es geht um alles“, heißt es | |
im Leitantrag. Diese Pathosformel hat einen Doppelsinn. In den Umfragen | |
dümpelt die Partei bei 4 Prozent. Wolfgang Kubicki sieht die Liberalen vor | |
einem Endspiel. Wenn die Partei an der Fünfprozenthürde scheitere, werde | |
sie „über kurz oder lang aufhören zu existieren“, so der FDP-Vize in der | |
Welt am Sonntag. | |
Dieses Szenario beschäftigt manche. Am Rande des Parteitags sagt ein | |
Funktionär, anders als im Endspurt zur Bundestagswahl 2013, als die FDP aus | |
dem Bundestag flog, hätten bislang keine Mitarbeiter im Genscher-Haus | |
gekündigt. Immerhin. | |
Die Lage ist schwierig. [1][Parteichef Christian Lindner ist geschwächt,] | |
seit Teile der Fraktionsspitze ihm bei den Migrationsanträgen im Bundestag | |
die Gefolgschaft verweigerten. Die FDP-Spitze betont zwar, die gesamte | |
Partei wolle eine restriktivere Einwanderungspolitik. Doch Fraktionsvize | |
Konstantin Kuhle, Vertreter des sozialliberalen Flügels, trug den Kurs, | |
für [2][das Zustrombegrenzungsgesetz mit der AfD im Bundestag abzustimmen,] | |
nicht mit – wie 22 andere liberale Mitglieder des Bundestags. Gespalten in | |
einer zentralen Frage kurz vor der Wahl – schlechtes Timing. | |
## Merz stichelt gegen FDP | |
Und dann kracht es auch noch im bürgerlichen Lager. Union-Kanzlerkandidat | |
Friedrich Merz ätzte, dass „4 Prozent 4 Prozent zu viel für die FDP“ seien | |
– ein Frontalangriff auf die Existenz der Liberalen. In Potsdam beschwor | |
Kristina Schröder, Ex-CDU-Familienministerin, schwarz-gelbe | |
Gemeinsamkeiten. Union und FDP müssten zusammen „woke Deutungsmacht“ | |
bekämpfen. Es müsse nicht so sein, dass „die FDP gewinnt, was die Union | |
verliert“ – und vice versa. Die FDP müsse Nichtwähler mobilisieren. Doch | |
das klang nach Wunschdenken. In der Union spielt Schröder machtpolitisch | |
keine Rolle mehr. [3][Im schwarz-gelben Lager] herrscht zwei Woche vor der | |
Wahl eher Krieg als Kampf. | |
Christian Lindner stichelt in Potsdam am Ende einer umjubelten Rede zurück. | |
Friedrich Merz werde als Kanzler ein „Fall für betreutes Regieren“. Dass | |
Merz Mehrheiten mit der AfD in Kauf genommen habe, zeige dessen Grenzen. | |
Denn eine wünschenswerte härtere Migrationspolitik könne sowieso nur die | |
neue Bundesregierung durchsetzen. „Welche Berater hat Friedrich Merz?“, | |
fragt Lindner. Außerdem habe Merz mit den Migrationsanträgen im Bundestag | |
dafür gesorgt, dass Migration Wirtschaft als Thema Nummer eins im | |
Wahlkampf verdrängt habe. | |
Dass die FDP in der Frage im Bundestag gespalten war, erwähnte der FDP-Chef | |
nicht. Zudem ließ der FDP-Chef die bekannten liberalen Thesen Revue | |
passieren. Nur die FDP werde die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. | |
Viele würden in Deutschland „Arbeit für die lästige Unterbrechung der | |
Freizeit“ halten. Robert Habeck, Lieblingsfeind der FDP, sei „die größte | |
Wachstumsbremse in dem Land“. | |
Lindner erneuerte die Ansage, die FDP werde keinesfalls mit den Grünen | |
regieren. Nur wer FDP wähle, verhindere eine drohende schwarz-grüne | |
Regierung, die dem irrlichternden Merz zuzutrauen sei. „Die entscheidende | |
Frage ist: Lindner oder Habeck im Kabinett?“, ruft Lindner in den Saal in | |
Postdam. Die liberalen Delegierten springen begeistert auf. Mit dieser | |
Formel scheint der FDP-Chef die Partei hinter sich zu versammeln. Dass eine | |
schwarz-gelbe Mehrheit am 23. Februar ein Wunder wäre, interessiert in | |
diesem Moment nicht. | |
9 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
Stefan Reinecke | |
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