# taz.de -- Digitales Gedenken an Holocaust: Jeder Name zählt | |
> Das Arolsen-Archiv hat die größte Sammlung von Akten zu NS-Opfern. In | |
> dieser Woche sollen 27.000 digitalisiert werden. Jeder und jede kann | |
> mithelfen. | |
Bild: Geschichte im Netz finden: Die Seiten des Arolsen-Archivs lassen sich lei… | |
Berlin taz „Fam-Name: Bochanek; Vorname: Jakub. Verheiratet. Kinder: 1.“ | |
Eingewiesen am 10.8.44 im „KL Mauth“ – also im Konzentrationslager | |
[1][Mauthausen]. Grund: „Polnischer Jude“. | |
All dies steht auf einer penibel geführten „Häftlings-Personal-Karte“, die | |
[2][das Arolsen-Archiv jetzt auf seine Webseite gestellt hat]. Von dem aus | |
Ungarn offenbar erst nach Auschwitz und später nach Mauthausen deportierten | |
Mann sind auch Körpergröße, Form von Mund, Nase und Körper, Augenfarbe und | |
noch viel mehr festgehalten. | |
Wer jemals Einblick in die Akten der deutschen Konzentrationslager genommen | |
hat, wird die dahinter liegenden Geschichten nicht mehr los. Die Akten | |
bieten eine Chance, die Opfer nicht zu vergessen – wenn sie denn nicht in | |
den Archiven verstauben. | |
Deshalb wurde jetzt in den Wochen um den 80. Jahrestag der Befreiung des KZ | |
Auschwitz am 27. Januar 1945 zu einer Challenge aufgerufen. Sie heißt: | |
[3][#everynamecounts], jeder Name zählt. | |
Eine Sammlung von 27.000 Häftlingspersonalkarten soll digitalisieren werden | |
– die meisten davon aus dem KZ Auschwitz. Und jeder und jede kann dabei | |
mithelfen. | |
Die Namen, die Daten und damit die Geschichten der Opfer stehen bisher nur | |
auf den Akten. Die hat das Arolsen-Archiv bereits gescannt. Als Foto sind | |
sie also vorhanden. Nun müssen sie auch gelesen und in Datenbanken | |
übertragen werden. | |
Es ist eine Mammuaufgabe. Die NS-Verbrechen waren unermesslich. Und genau | |
deshalb braucht es das Archiv und die Mithilfe von sehr vielen. | |
## Das größte digitale Denkmal | |
#everynamecounts lädt dazu ein, am größten digitalen Denkmal für die Opfer | |
und Überlebenden der Nazi-Zeit mitzuarbeiten. Die Crowdsourcing-Initiative | |
macht es leicht, selbst ein Zeichen zu setzen und aktiv zu werden“, heißt | |
es [4][in einer Mitteilung des Archivs]. | |
Die Eingabe der Daten erfolgt über ein leicht verständliches, intuitiv | |
nutzbares Tool unter [5][https://everynamecounts.arolsen-archives.org/]. | |
Mehr als 180.000 Freiwillige haben sich laut Arolsen-Archiv in den letzten | |
Jahren bereits für #everynamecounts engagiert und mehr als 7 Millionen | |
Dokumente digitalisiert. | |
Tatsächlich benötigen Mitwirkungswillige nur ein Smartphone oder einen | |
Computer mit Internetzugang. Beim Aufrufen der Webseite bekommt man eine | |
eingescannte Akte angezeigt. Deren Daten kann und soll man dann Stück für | |
Stück in das Archiv übertragen. Alles, was man nicht findet oder nicht | |
lesen kann, wird per Mausklick übersprungen. | |
Und wenn man mal einen Fehler macht? Das ist kein Problem. „Jedes Dokument | |
wird zur Qualitätssicherung von drei verschiedenen Freiwilligen erfasst“, | |
erklärt Anke Münster vom Arolsen Archiv. Sind die Eingaben nicht | |
einheitlich, werde nochmal nachgeprüft. | |
Als Mithelfer:in ist man nach wenigen Minuten mit der ersten Akte durch. | |
Die Akte von Jakub Bochanek zum Beispiel ist jetzt digitalisiert. Wer will, | |
kann dann gleich das nächste Dokument angehen. Wer will, kann auch eigenen | |
Account beim Arolsen-Archiv anlegen. Aber schon die Bearbeitung einer | |
einzigen Akte hilft. Denn: Every name counts. | |
Mit ihrer Challenge hat das Arolsen Archiv offenbar einen Nerv getroffen. | |
Schon jetzt haben sich „rund 60.000 Menschen beteiligt, davon knapp 30.000 | |
Nutzerinnen und Nutzer, die zum ersten Mal dabei sind“, teilt Anke Münster | |
mit. Aber es dürfen ja gern noch viel mehr mitmachen. Die Zahl 27.000 sei | |
ja nur symbolisch für den 27. Januar gewählt, so Münster. | |
## Digitalisierung ermöglicht den leichten Zugang | |
Denn diese Digitalisierung gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Denn wenn | |
nun auch die letzten Überlebenden aufgrund ihres hohen Alters nach und nach | |
sterben, bleiben nur noch diese Dokumente als Zeitzeugen. Wenn ihre Daten | |
in leicht durchsuchbare Datenbanken eingelesen sind, werden sie auffindbar | |
durch einfache Suche in den elektronischen Archiven. [6][So haben schon | |
viele Recherchen begonnen]. Und sie bieten gerade auch den jüngeren, | |
internetaffinen Generationen einen leichten Zugang zu dieser schweren | |
Geschichte. | |
27 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mauthausen-memorial.org/de | |
[2] https://everynamecounts.arolsen-archives.org/ | |
[3] https://everynamecounts.arolsen-archives.org/ | |
[4] https://arolsen-archives.org/news/everynamecounts-challenge-zum-80-jahresta… | |
[5] https://everynamecounts.arolsen-archives.org/ | |
[6] /MaxAnschel | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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