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# taz.de -- Krise im Osten der DR Kongo: Kongo droht Ruanda mit Krieg
> Die M23-Rebellen in der DR Kongo nähern sich Goma und setzen der
> Regierungsarmee eine Frist, die Waffen niederzulegen. Ruanda wappnet sich
> für Massenflucht.
Bild: Ein gepanzerter Mannschaftstransporter der Vereinten Nationen brennt, Gom…
Kampala | taz Kongos Rebellen haben Kongos Armee ein Ultimatum gestellt:
[1][Am Samstagabend rief die M23] (Bewegung des 23. März), die im Osten der
Demokratischen Republik Kongo gegen die Regierung kämpft und in der
vergangenen Woche wichtige Durchbrüche bis an den Rand der Millionenstadt
Goma erzielt hat, in einer Erklärung die kongolesischen Streitkräfte dazu
auf, in Goma „innerhalb von 48 Stunden ihre Waffen niederzulegen.“ Sonst
würden sie die Bevölkerung „befreien“.
Die M23 warnt: „Die Stadt Goma darf niemals zum Schlachtfeld werden.“
Sonntagfrüh [2][wiederholte M23-Sprecher Lawrence Kanyuk]a die Drohung:
„Das Ultimatum rückt näher. Handelt jetzt, um eine Eskalation zu
verhindern!“
Seit der [3][Eroberung der letzten Frontstadt Sake] am Donnerstag, 25
Kilometer westlich von Goma gelegen, ziehen die M23-Rebellen den Gürtel um
die Handelsmetropole Goma immer enger zu. Am Samstag nahmen die
Tutsi-geführten Rebellen den Hügel Kanyamahoro ein, von wo aus man die
ganze Millionenstadt überblicken – und beschießen kann.
Am Sonntag früh fiel auch die letzte Verteidigungsposition der Armee auf
dem Hügel Kibati im Norden der Stadt in die Hände der Rebellen. Mit einer
bewaffneten Kamikaze-Drohne gelang es ihnen, einen Radpanzer der Armee
unschädlich zu machen.
## Ruanda positioniert Polizeihundertschaften entlang der Grenze
Damit stehen die kongolesischen Kämpfer der M23, die vom Nachbarland Ruanda
mit Truppen und modernen Waffen militärisch unterstützt werden, nun gleich
von zwei Seiten an den Toren Gomas. Die Stadt liegt ansonsten am Kivu-See
und an der Grenze zu Ruanda.
Auf [4][Handy-Videos] von Einwohnern Gomas sieht man, wie Menschen voll
beladen mit Bündeln voller Habseligkeiten von den Hügeln im Norden der
Millionenstadt hinabwandern, um nahe der Grenze Schutz zu suchen. Ruanda
hat Polizeihundertschaften entlang der Grenze stationiert, um für eine
mögliche Massenflucht von Kongolesen vorbereitet zu sein.
Die M23 droht ganz offen damit, die Hauptstadt der ostkongolesischen
Provinz Nord-Kivu nach Ablauf der 48- Stunden Frist einzunehmen und die
„Bevölkerung zu befreien“, wie sie es nennen. Dies war ihnen bereits im
Jahr 2012 gelungen. Damals hielten sie die wichtigste Stadt im Osten der DR
Kongo zehn Tage lang und zwangen Kongos Regierung damit an den
Verhandlungstisch.
Kongolesische Kriegserklärung an Ruanda
Ist der Fall Gomas – wo sich zwei Millionen Menschen auf engstem Raum
drängeln, darunter Hunderttausende Kriegsvertriebene – noch abzuwenden? Aus
Armeekreisen erfährt die taz: Die Moral sei am Boden, es herrscht
gegenseitiges Misstrauen unter den Offizieren. Militärgouverneur General
Peter Cirimwami war am Donnerstag, als er die Frontlinie mit Journalisten
vor laufender Kamera inspizierte, von einem ferngesteuerten Geschoss
getroffen worden. Er wurde schwer verletzt nach Kinshasa ausgeflogen, wo er
am Freitag verstarb.
Cirimwami galt in den Augen Ruandas als Erzfeind. Er unterhielt enge
Beziehungen zu den Anführern des ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
Kräfte zur Befreiung Ruandas), die von ehemaligen Tätern des Völkermordes
an Ruandas Tutsi 1994 geführt werden, und hatte diese in die Reihen der
kongolesischen Armee integriert.
Als im vergangenen August Kongos Armee versuchte, die FDLR zu
„neutralisieren“, wie es in den Friedensverhandlungen zwischen Kongo und
Ruanda vorgesehen war, warnte Cirimwami laut UN-Ermittlungen die
FDLR-Führung vorab. FDLR-Militärchef Omega gelang die Flucht nach Burundi.
Seitdem wurde Cirimwami in Kigali als „Pate der FDLR“ bezeichnet.
Deswegen stand er offenbar auf Ruandas Abschussliste. „Der ermordete
Militärgouverneur entkam 24-mal dem Tod und starb beim 25. Mal“, [5][so
Kongos Armeesprecher Sylvain Ekenge] am Samstagabend vor Journalisten in
Kongos ferner Hauptstadt Kinshasa. Getötet worden sei von einem
„Scharfschützen der ruandischen Armee“. Was er dann [6][sagte], klingt wie
eine Kriegserklärung. „Die Ruander denken, dass der Krieg noch nicht
begonnen hat“, so Ekenge: „Aber er wird beginnen.“
## „Eine Frage von Leben und Tod“
Am Freitag hatte in Kinshasa Kongos Sicherheitsrat unter Vorsitz von
Präsident Felix Tshisekedi getagt. „Der Angreifer wird gejagt und weit von
Goma zurückgedrängt, verfolgt, bis das gesamte Staatsgebiet zurückerobert
ist“, befahl der Präsident seinen Generälen. Kongos Generalstab forderte am
Samstag seine Truppen und alle Kampfverbände loyaler Milizen auf,
„motiviert zu bleiben“ um Goma zu verteidigen. „Es ist eine existenzielle
Frage von Leben und Tod“, heißt es in der [7][offiziellen Erklärung].
[8][Kongos Außenministerium erklärte] am Samstag, dass es alle
diplomatischen Kontakte nach Ruanda abbreche, zog seine
Botschaftsangestellten aus Kigali ab und forderte Ruandas Diplomaten in der
DR Kongo zur Ausreise aus. [9][Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe
antwortete prompt]: Der letzte ruandische Diplomat habe Kongos Hauptstadt
ohnehin längst verlassen, da er „unter permanenter Bedrohung durch
kongolesische Offizielle“ gelebt habe.
Am Samstag flog Tshisekedi nach Südafrika, offenbar um Unterstützung
anzufordern. Die Regionalorganisation SADC (Entwicklungsgemeinschaft des
Südlichen Afrika), der auch die DR Kongo angehört, hat eine
[10][Eingreiftruppe] mit rund 3000 Soldaten aus Südafrika, Tansania und
Malawi nach Ostkongo entsandt, um Kongos maroder Armee im Ernstfall zu
helfen.
## Südafrikanische Soldaten getötet
Südafrikas Verteidigungsministerin Angie Motshekga war vergangene Woche auf
Stippvisite in Goma. Als die M23 immer weiter vorrückte, verließ sie Goma,
versicherte aber, dass Südafrikas Truppen die Stadt verteidigen würden.
„Unseren Truppen gelang es nicht nur, den Vormarsch der M23 zu stoppen,
sondern sie konnten sie auch zurückdrängen“, [11][behauptete Südafrikas
Verteidigungsministerium] am Samstag. Doch seien neun südafrikanische
Soldat*innen bei den Kämpfen ums Leben gekommen, zwei davon waren im
Rahmen der UN-Mission dort stationiert. Auch drei Soldaten aus Malawi
wurden getötet.
Westliche Länder, [12][darunter Deutschland], haben ihren Staatsangehörigen
empfohlen, Goma zu verlassen. Die UN-Mission (MONUSCO) sowie die zahllosen
internationalen Hilfswerke in Goma haben Mitarbeiter abgezogen. Die meisten
sind mit dem Boot über den Kivu-See in Süd-Kivus Provinzhauptstadt Bukavu
verlegt worden.
## Deutschland ruft Staatsbürger zur Ausreise aus
Der UN-Sicherheitsrat hat für Sonntagabend eine Dringlichkeitssitzung zur
Lage in der DR Kongo einberufen. [13][Die Europäische Union (EU)] zeigt
sich „zutiefst beunruhigt“ über die weitere Eskalation des Konfliktes und
„fordert die M23 dringend auf, ihren Vormarsch zu stoppen und sich
unverzüglich zurückzuziehen“. Gleichzeitig verurteilt sie „die
Militärpräsenz Ruandas“ und fordert Kongo „weiterhin dringend auf, die
Zusammenarbeit mit der FDLR und anderen bewaffneten Gruppen einzustellen.“
[14][Die Afrikanische Union (AU)] drückt in einer Erklärung
„uneingeschränkte Unterstützung“ für Verhandlungsbemühungen aus, die der
„einzige Weg“ seien, den Konflikt zu lösen. Die AU hatte im März Angolas
Präsident João Lourenço beauftragt, zwischen Ruanda und Kongo zu
vermitteln. Die Unterzeichnung eines Friedensabkommens war im Dezember
allerdings geplatzt.
Präsident Lourenço versicherte jetzt: „Wir hoffen weiterhin, dass es uns
trotz der jüngsten negativen Entwicklungen rund um Goma gelingt, die noch
immer bestehenden Meinungsverschiedenheiten zu überwinden und endlich
Frieden zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda zu
schließen.“
26 Jan 2025
## LINKS
[1] https://x.com/LawrenceKanyuka/status/1883170137723043925
[2] https://x.com/LawrenceKanyuka/status/1883406472207634663
[3] /Durchbruch-fuer-Kongos-M23-Rebellen/!6064480
[4] https://x.com/actualitecd/status/1883420307853300079
[5] https://x.com/StanysBujakera/status/1883244964857119058
[6] https://x.com/casusbellii/status/1883256785920041413
[7] https://x.com/FARDC_Info/status/1883414933628452953
[8] https://x.com/RDC_Minafet/status/1883250285684146207
[9] https://x.com/onduhungirehe/status/1883269275420659741
[10] https://www.sadc.int/fr/node/5230
[11] https://x.com/SANDF_ZA/status/1883205374372872448
[12] https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/kongodemokratischerepub…
[13] https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2025/01/25/democra…
[14] https://au.int/en/pressreleases/20250125/communique-chairperson-grave-situ…
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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