# taz.de -- Forschung zu Seegras in der Ostsee: Mit Unterwasser-Mooren gegen de… | |
> Seegras ist eine Waffe im Kampf gegen den Klimawandel. Ein Projekt des | |
> Kieler Geomar-Zentrums erforscht, wie sich neue, robuste Sorten züchten | |
> lassen. | |
Bild: Speichert CO2 wie die Moore über Wasser: Seegraswiese in der Ostsee | |
Rendsburg taz | Grüne, dünne Halme, die aus dem Sand ragen und sich im | |
Wasser wiegen: Es sieht unscheinbar aus, dabei ist Seegras „ein wahrer | |
Tausendsassa“, so nennt es der Naturschutzbund Nabu. Die | |
Unterwasserpflanzen können hunderte von Jahren alt werden und bieten | |
Lebensraum für zahlreiche Arten. Da die Halme am Meeresgrund besonders viel | |
CO2 aufnehmen können, gelten sie als neue Superwaffe im Kampf gegen den | |
Klimawandel. | |
Am Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel startet nun eine | |
Studie rund um den „blauen CO2-Speicher“. Ein Bestandteil des Projekts, das | |
mit rund sechs Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln gefördert wird, | |
sind Mitmach-Aktionen, bei denen Freiwillige neue Seegraswiesen anpflanzen. | |
„Seegraswiesen sind wie unterseeische Moore“, erklärt Thorsten Reusch, | |
Professor für Marine Ökologie am Geomar. „Sie speichern Kohlenstoff, der | |
über Jahrhunderte im sauerstoffarmen Sediment konserviert wird.“ Reusch ist | |
der wissenschaftliche Leiter des Projekts Zobluc. Die Abkürzung steht für | |
„Zostera marina als Blue-Carbon-Kohlenstoffspeicher“, „Zostera marina“ … | |
der wissenschaftliche Name des in der Ostsee heimischen Großen Seegrases. | |
Das Projekt, das bis 2030 laufen soll, erforscht eine Reihe | |
unterschiedlicher Fragen. | |
Zunächst wird der aktuelle [1][Bestand von Seegraswiesen in der Ostsee] | |
umfassend kartiert. Dazu arbeitet das Geomar mit der Kieler | |
Christian-Albrecht-Universität zusammen. Dann gilt es herauszufinden, unter | |
welchen Bedingungen die grünen Halme besonders viel CO2 speichern, heißt es | |
in einer Mitteilung des Geomar. | |
Das Forschungsteam vergleicht dazu unter anderem Flächen mit viel Seegang | |
mit ruhigen Buchten. In einem folgenden Schritt geht es darum, Seegras neu | |
anzupflanzen. Dabei schauen die Wissenschaftler:innen darauf, welche | |
Sorten künftig in der Ostsee eine Chance haben: „Es nützt wenig, wenn wir | |
jetzt Seegraswiesen wieder anpflanzen, die dann in wenigen Jahren | |
absterben, weil sie mit den [2][steigenden Wassertemperaturen] nicht | |
zurechtkommen“, sagt Reusch. Daher will das Team aus den resistentesten der | |
heutigen Pflanzen neue, robuste Sorten züchten. | |
Seegräser sind keine Algen, sondern eine Gras-Art. Die Pflanzen bilden ein | |
unterirdisches Wurzelwerk, das überwintert, auch wenn die Halme bei | |
kühleren Temperaturen absterben. Unter dem Boden breiten sich die Pflanzen | |
aus und festigen damit den Untergrund. Da Seegras nur Halm für Halm von | |
Hand gepflanzt werden kann, hofft das Geomar auf die Hilfe von | |
Freiwilligen. Bereits in diesem Jahr übernehmen Taucher:innen aus fünf | |
Vereinen und Nichtregierungsorganisationen das Anpflanzen auf ausgewählten | |
Flächen am Ostseegrund. Die Ergebnisse aller Untersuchungen geben die | |
Forschenden dann als Handlungsempfehlungen an die Politik weiter. | |
Gefördert wird das Projekt aus dem [3][„Aktionsprogramm Natürlicher | |
Klimaschutz“] (ANK) des Bundes. „Angesichts der fortschreitenden Klimakrise | |
müssen wir die Natur schützen, damit sie uns schützen kann“, sagte | |
Bundesministerin Steffi Lemke (Grüne) im vergangenen August, als die | |
damalige Ampel-Regierung mit einem Kabinettsbeschluss das Programm für die | |
Zukunft absicherte. Bis 2028 stehen 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung, um | |
Wälder, Moore, Böden und Gewässer intakt und naturnah zu erhalten. Sie | |
sollen als natürliche Speicher Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden. | |
## Auch an Italiens Küste werden Seegraswiesen gepflanzt | |
„Das AKN hat das Zeug, zum Booster für Klima- und Naturschutz zu werden“, | |
sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne), der | |
nach Berlin gereist war, um zwei Förderbescheide entgegenzunehmen. Auch der | |
niedersächsische Umweltminister Christian Meyer sowie Vertreter:innen | |
der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg nahmen an dem Termin teil, | |
bei dem alle vier Bundesländer Förderbescheide aus dem ANK erhielten. | |
Programme zum Schutz oder zum Anpflanzen von Seegraswiesen gibt es nicht | |
nur in der [4][Ostsee]. So kümmert sich das „Project Manaia“ aus Österrei… | |
seit mehreren Jahren darum, vor der Küste Italiens das dort heimische | |
Neptunsgras zu erhalten und neue Wiesen zu pflanzen. Beteiligt daran ist | |
auch die Deutsche Stiftung Meeresschutz im Rahmen ihres Projektes „Die | |
Meeresgärtner“. | |
Ähnlich wie das Geomar-Programm setzt auch die Stiftung Meeresschutz auf | |
Freiwillige. Sie können im Wasser treibende, abgerissene Seegras-Halme oder | |
Samen sammeln und bei den Stationen des „Seegärtner-Netzwerks“ abgeben; die | |
gibt es in mehreren Ländern rund um das Mittelmeer. Auch die Stiftung ist | |
von der Bedeutung des Seegrases überzeugt: Meereswiesen könnten deutlich | |
mehr CO2 aufnehmen als Wälder, heißt es auf der [5][Homepage]: „Je nach Art | |
speichert eine ein Hektar große Seegraswiese dieselbe Menge Kohlenstoff wie | |
zehn Hektar Wald und das auch noch 35-mal schneller.“ | |
3 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Oekosystem-Meer/!6037891 | |
[2] /Folgen-der-Erderwaermung/!5891316 | |
[3] https://www.bmuv.de/natuerlicher-klimaschutz | |
[4] /Ostsee/!t5008146 | |
[5] https://www.stiftung-meeresschutz.org/presse/zum-welttag-des-seegrases-un-w… | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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