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# taz.de -- Klage von Ferien-Vermieter abgewiesen: Küstengemeinden dürfen Fer…
> St. Peter-Ording darf Dauerwohnen vorschreiben, um Wohnraum zu sichern.
> Das Urteil könnte auch für andere Gemeinden richtungsweisend sein.
Bild: Es gibt ein Leben jenseits des Tourismus – und künftig vielleicht auch…
Hamburg taz | Es ist ein Wendepunkt in der [1][Debatte um die Balance von
bezahlbarem Wohnraum und Ferienwohnungen in Schleswig-Holstein]: Das
Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hat [2][in einem richtungsweisenden
Urteil] die Rechte von Gemeinden gestärkt, den Anteil von Ferienwohnungen
zu begrenzen. Am Dienstag wies der erste Senat den Normenkontrollantrag
eines Privateigentümers gegen einen Bebauungsplan der Gemeinde St.
Peter-Ording ab. Damit darf sie künftig in bestimmten Gebieten einen
Mindestanteil an Dauerwohnraum vorschreiben.
St. Peter-Ording an der Nordsee ist bekannt für seine weiten Strände und
den Tourismus und kämpft seit Jahren mit einem Problem, das viele Orte an
der Küste betrifft: Mangel an bezahlbarem Wohnraum für die ortsansässige
Bevölkerung. Grund ist der Boom der Ferienwohnungen. Immer mehr Wohnraum
wird touristisch genutzt. Das treibt die Preise in die Höhe. Immer weniger
Einheimische leben deshalb in den Urlaubsregionen. Nun erhält die
ortsansässige Bevölkerung eine stärkere Stimme in der Gestaltung ihrer
Gemeinden.
Auslöser des Konflikts war das verstärkte [3][Vorgehen des Kreises
Nordfriesland gegen illegale Ferienwohnungen] seit zwei Jahren. Der Streit
um Ferienwohnungen an der Nordseeküste hatte in den vergangenen Jahren an
Schärfe zugenommen. Allein auf Sylt könnten nach Schätzungen des Kreises
Nordfriesland rund 3.500 Wohnungen unerlaubt als Ferienwohnungen genutzt
werden, so Kreisbaurat Burkhard Jansen damals gegenüber „Spiegel online“.
## 30 Prozent fürs Dauerwohnen
Auf Föhr sprachen Verbände angesichts der Maßnahmen des Kreises
Nordfriesland in einem Brief an den schleswig-holsteinischen
Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) von der „Hälfte des
Vermietungsbestandes“, der betroffen sein könnte. 2023 wurden laut Jansen
auf Sylt, Amrum, Föhr sowie in St. Peter-Ording und Dagebüll insgesamt rund
100 Ferienappartements stillgelegt.
St. Peter-Ording kündigte daraufhin an, alle Bebauungspläne zu überprüfen.
Für einen Bereich wurde im Bebauungsplan ein Sondergebiet „Dauerwohnen und
Fremdenbeherbergung“ festgelegt. Die neue Regelung schreibt vor, dass bei
Neubauten mindestens 30 Prozent der Brutto-Grundfläche für Dauerwohnungen
genutzt werden müssen.
Der Kläger, Eigentümer eines Grundstücks mit sechs Ferienwohnungen im
betroffenen Gebiet, sah darin eine unzulässige Einschränkung seiner
Nutzungsrechte. Er plante einen Abriss und Neubau, kann nun jedoch sein
Grundstück nicht mehr ausschließlich für Ferienwohnungen nutzen. Er
argumentierte, dass es für eine solche Festsetzung keine Rechtsgrundlage im
Baugesetzbuch gebe.
## Rahmenplan mit neuen Regelungen
Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Der Senat urteilte –
abweichend von der älteren Rechtsprechung –, dass Gemeinden sehr wohl das
Recht haben, im Bebauungsplan das Verhältnis von Dauerwohnen und
Fremdenbeherbergung prozentual festzulegen. Die Richter sahen hierfür eine
ausreichende Rechtsgrundlage im Baugesetzbuch und der
Baunutzungsverordnung, insbesondere im Zusammenhang mit Sondergebieten, wie
sie in St. Peter-Ording ausgewiesen wurden.
Für die Gemeinden an der Nordsee bedeutet das Urteil einen wichtigen Sieg
im Kampf um bezahlbaren Wohnraum. Es sei „ein voller Erfolg in den
Bemühungen, bei dem Riesenthema der nicht genehmigten Ferienwohnungen einen
Weg zu finden, mit dem alle Beteiligten leben können“, sagt St.
Peter-Ordings parteiloser Bürgermeister Boris Pfau zur taz. Nun habe man
„tatsächlich ein Instrument, nämlich das der Kontingentierung, das
sozusagen durchgeklagt ist.“
Die Gemeinde kann nun die Überprüfung und Anpassung bestehender
Bebauungspläne fortsetzen. Ein städtebaulicher Rahmenplan werde derzeit
erarbeitet und solle künftig die übergeordneten Regelungen für
Dauerwohnraum, Zweitwohnen und Ferienwohnungen festlegen.
## Urteil mit Signalwirkung
Die Entscheidung hat Signalwirkung für andere Gemeinden. Das Urteil gibt
ihnen Rechtssicherheit und die Möglichkeit, ähnliche Regelungen in ihren
Bebauungsplänen zu verankern.
Tourismusverbände befürchten, dass solche Quoten den Bau von
Ferienwohnungen unattraktiver machen und somit dem Tourismus schaden
könnten. Was die Umsetzung des neuen Bebauungsplans generell für den
Tourismus in St. Peter-Ording bedeutet, lasse sich jedoch noch nicht
bewerten, antwortet die Tourismuszentrale St. Peter-Ording auf
taz-Anfrage. Derzeit befinde man sich „in der Prüfung und Klärung der
Lage“.
Das OVG hat keine Revision zugelassen, aber der Kläger hat noch die
Möglichkeit, Beschwerde gegen die Nichtzulassung einzulegen. In diesem Fall
müsste das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.
17 Jan 2025
## LINKS
[1] /Ferienwohnungen-in-Schleswig-Holstein/!5704246
[2] https://www.datev-magazin.de/nachrichten-steuern-recht/recht/gemeinden-duer…
[3] /!5917603
## AUTOREN
Robert Matthies
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