| # taz.de -- Kein Platz für Bedienstete | |
| > Die Gemeinde Sylt will die illegale Vermietung von Ferienwohnungen mit | |
| > einem Beherbergungskonzept eindämmen, damit wieder mehr Wohnraum für | |
| > Einheimische und Beschäftigte zur Verfügung steht. Der Kreis | |
| > Nordfriesland kündigt an, unabhängig davon ab sofort zu kontrollieren | |
| Bild: Zu selten für Einheimische: Häuser auf Sylt | |
| Von Malek Tellissi | |
| [1][Auf Sylt ist Wohnraum knapp] – und das liegt auch daran, dass zu viele | |
| Ferienwohnungen dem Mietmarkt entzogen werden, weil sie an Touristen | |
| vermietet werden. Nun will die größte Gemeinde der Insel gegen den | |
| Wildwuchs an Ferienwohnungen vorgehen. Vertreter der Gemeinde Sylt | |
| entscheiden am 16. März über die Aufnahme eines Beherbergungskonzeptes | |
| (BHK) in den Bebauungsplan. | |
| Das BHK würde, wenn es denn beschlossen wird, einheitlich regeln, unter | |
| welchen Bedingungen die Vermietung an Feriengäste erlaubt ist. [2][Eine | |
| Lübecker Beratungsfirma hat ein solches Konzept] erarbeitet. Darin wird | |
| zunächst die Wohnraumsituation der größten Inselgemeinde erfasst – und | |
| erstmals werden zumindest stichprobenartig auch illegal vermietete | |
| Immobilien erhoben. Burkhard Jansen, Fachbereichsleiter Bauen im Kreis | |
| Nordfriesland, schätzt den Anteil der ungenehmigten Ferienwohnungen und | |
| -häuser inselweit auf mehr als 25 Prozent. | |
| Leidtragende sind auf der Insel Arbeitende und die Einheimischen. Menschen | |
| wie Birte Wieda: „Ich bin in Keitum, einem Teil der Großgemeinde Sylt, | |
| aufgewachsen“, sagt sie. „Gerade weil ich hier groß geworden bin, den Ort | |
| noch mit Lebensmittelläden, Bäckern und Schule kenne, vermisse ich Licht in | |
| den Häusern und das dörfliche System, das aus sich heraus lebt.“ Wieda ist | |
| Initiatorin von [3][„Merret reicht’s]“, einer Bürgerinitiative, die sich… | |
| März 2020 gegründet hat. | |
| „Uns fehlt es nicht an Wohnraum, er wird nur falsch genutzt“, sagt Wieda. | |
| Während der Pandemie sei die Insel selbst der Kurgast gewesen, schreibt die | |
| Initiative auf ihrer Internetseite. Sylt habe sich vom Übertourismus | |
| erholt. Man habe verstanden, dass ein Umdenken nötig sei, es so nicht | |
| weitergehen könne. | |
| Etwa 4.000 Menschen kommen jeden Tag vom Festland zum Arbeiten auf die | |
| Insel. Das Beherbergungskonzept schaffe eine Grundlage, um die Probleme zu | |
| lösen. „Orte wie Kampen und Rantum sind schon stark von Bevölkerung | |
| entleert“, sagt Wieda. „Da ist viel Wohnraum ungenutzt, den die Insel so | |
| dringend braucht.“ Als Folge fehlten die Menschen, besonders Vereine und | |
| die Feuerwehren merkten das. „List [4][hatte zeitweise schon eine | |
| Zwangsfeuerwehr]“, sagt Wieda. In einer Pressemitteilung schreibt sie: „Es | |
| wird für Inselnatur, Bewohner, Infrastruktur und Gäste zu viel!“ Die Insel | |
| sei nicht ausgelegt für den Massentourismus, deswegen müsse der Neubau von | |
| Ferienwohnungen deutlich eingeschränkt werden. | |
| Von der Entscheidung über das Beherbergungskonzept ausgenommen sind die | |
| umliegenden Gemeinden Hörnum, Kampen, List und Wenningstedt-Braderup. Sie | |
| haben eigene Gemeindevertretungen. | |
| Die Initiative „Merret reicht’s“ hofft, dass die Sylter Gemeindevertreter | |
| für das Konzept stimmen. „Am liebsten ohne Wenn und Aber – die | |
| Feinjustierung kommt erst in den Bebauungsplänen“, sagt Birte Wieda. Der | |
| stellvertretende Bürgermeister Carsten Kerkamm (CDU) ist optimistisch, dass | |
| das BHK verabschiedet wird. Er verweist auf den Beschluss des | |
| Bauausschusses – einstimmig hatte dieser im September 2022 für das BHK | |
| gestimmt. | |
| Wieda sagt, die Wirkung eines Beherbergungskonzeptes würde sich erst in | |
| frühestens drei bis fünf Jahren zeigen. Aber: Ein positiver Beschluss der | |
| Gemeindevertretung wäre der erste Schritt, „um das Knäuel aus Recht und | |
| Gewohnheitsrecht zu entwirren“. | |
| Kontrolliert wird die illegale, aber lukrativere Ferienwohnungsvermietung | |
| bislang nur nach Hinweisen an den Kreis Nordfriesland. Ein Sprecher | |
| erklärt, es habe dafür bislang an Personalstärke gefehlt, die der Kreistag | |
| mit dem Haushalt und dem Stellenplan 2023 nun ermögliche. Der Kreis müsse | |
| „systemgerecht“ vorgehen, also ganze Gebiete auf Genehmigungen überprüfen, | |
| nicht nur Einzelfälle. Auch die Rechtslage sei lange Zeit uneindeutig | |
| gewesen – die Legaldefinition von Ferienwohnungen gebe es erst seit 2017. | |
| Ab sofort wolle der Kreis in allen Tourismusorten Nordfrieslands | |
| kontrollieren. | |
| „Wir werden unsere Kontrollen deutlich intensivieren, unabhängig vom | |
| Beschluss. Wir arbeiten Plangebiete systematisch ab, nicht auf Anzeige“, | |
| kündigt der Sprecher an. Um eine Immobilie nachträglich zu legalisieren, | |
| müsse diese dem Baurecht entsprechen, also der Landesbauordnung und dem | |
| geltenden Bebauungsplan. | |
| 14 Mar 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5025658&SuchRahmen=Print | |
| [2] https://gemeinde-sylt.de/wp-content/uploads/2022/05/BHK_Sylt.pdf | |
| [3] https://merret-sylt.de/ | |
| [4] https://www.abendblatt.de/region/norddeutschland/article106972707/Die-unfre… | |
| ## AUTOREN | |
| Malek Tellissi | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |