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# taz.de -- Dublin-Regeln durchsetzen?: Habeck will EU-Länder verklagen
> EU-Staaten wie Italien sollen wieder Flüchtlinge zurücknehmen, für deren
> Asylverfahren sie zuständig sind.
Bild: Migrant:innen auf Lampesusa, die auf Weiterfahrt aufs italienische Festla…
Freiburg taz | Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) droht anderen EU-Staaten
mit Vertragsverletzungsverfahren, weil sie [1][EU-Asylrecht] nicht richtig
anwenden. „Deutschland kann nicht länger akzeptieren, wenn andere Staaten
die geltenden Dublin-Regeln nicht umsetzen“, so Habeck. Habeck nannte keine
Namen, gemeint war aber wohl zum Beispiel Italien.
Habeck reagierte damit auf einen [2][Vorstoß von Unions-Kanzlerkandidat
Friedrich Merz], der die Zurückweisung aller Flüchtlinge an den Grenzen
fordert. SPD und Grüne lehnen das ab, weil es gegen EU-Recht verstoße.
[3][Merz konterte, das EU-Recht sei „dysfunktional“]. Er meint damit die
Dublin-III-Verordnung, die regelt, welcher Staat jeweils für ein
Asylverfahren zuständig ist. In der Regel ist es der EU-Staat, über den ein
Flüchtling in die EU kam.
Danach sind vor allem die Staaten an den EU-Außengrenzen für die
Asylverfahren zuständig, also zum Beispiel Italien, Griechenland oder
Bulgarien. Diese Staaten finden die Dublin-III-Verordnung natürlich höchst
ungerecht. Sie versuchen deshalb, die Dublin-Regeln zu unterlaufen, indem
sie ankommende Flüchtlinge oft nicht registrieren und bei der Rückübernahme
wenig kooperieren oder sich (wie Italien derzeit) generell weigern,
Flüchtlinge zurückzunehmen.
Habeck will verhindern, dass Deutschland unter Berufung auf die
Rechtsbrüche anderer EU-Staaten nun selbst EU-Recht bricht. In seinem
Youtube-Video „[4][Tun Sie es nicht, Herr Merz“], in dem er vor einer
Übernahme rechtspopulistischer Positionen warnte, sagte Habeck: „Unsere
europäischen Partner müssen jene Menschen zurücknehmen, für deren
Asylverfahren sie zuständig sind.“ Deutschland müsse alle politischen Hebel
nutzen und „als letzte Konsequenz auch die Möglichkeit eines
Vertragsverletzungsverfahrens nutzen“.
## Dublin-Regel wurden kaum eingehalten
In der EU wurden im Vorjahr rund 1 Million Asylanträge gestellt, rund
225.000 davon in Deutschland. Nach den Dublin-Regeln wäre Deutschland zwar
nur sehr selten zuständig, doch es gelang nur in einigen zehntausend
Fällen, den zuständigen EU-Staat zu identifizieren. Und selbst hier gelang
die Rücküberstellung nur in weniger als 10 Prozent der Fälle. Entweder
verpasste Deutschland die Sechsmonatsfrist oder der Zielstaat kooperierte
nicht ausreichend. 2023 gelangen deshalb nur 5.063 Überstellungen in andere
EU-Staaten.
Das Dublin-System war auch schon vor zehn Jahren dysfunktional. Dennoch hat
Deutschland noch nie einen anderen Staat der Europäischen Union deshalb
verklagt. Auch die EU-Kommission als Hüterin der Verträge hat im Asylrecht
bisher nur gegen Ungarn Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Alle
wissen, dass das Dublin-System ungerecht ist und deshalb Korrekturen an der
Lastenverteilung erforderlich wären, die aber politisch nicht durchsetzbar
sind. Die Androhung Habecks ist daher ein ungewöhnlicher Schritt.
Falls die Bundesregierung Habecks Klageankündigung aufgreift, wäre es aber
kein schnelles Instrument. Schon die Ausarbeitung von Klageschriften dürfte
Monate dauern. Bis zu einer Entscheidung des EuGH würden wohl weitere zwei
Jahre vergehen. Bilaterale Verhandlungen über eine Lastenteilung könnten
dagegen schneller zu Ergebnissen führen.
29 Jan 2025
## LINKS
[1] /Asylrecht/!t5008276
[2] /Die-Wahrheit/!6062188
[3] /Wahlprogramm-der-Union/!6056358
[4] https://www.youtube.com/watch?v=7TAGh4PEBXY
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Asylrecht
Dublin-System
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Robert Habeck
Friedrich Merz
Abschiebung Minderjähriger
Italien
Schwerpunkt Flucht
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