| # taz.de -- Archiv in Kiel und Hamburg: Festung der Information | |
| > Was im digitalen Langzeitarchiv des Leibniz-Informationszentrum | |
| > Wirtschaft lagert, bleibt dort für die Ewigkeit. Ständiges Aktualisieren | |
| > ist da nötig. | |
| Bild: Viel Speicherkapazität ist bei einem digitalen Archiv nötig: Netzwerkka… | |
| Osnabrück taz | Wer früher ein Langzeitarchiv aufbauen wollte, griff zu | |
| Steinzeugtafeln, später zu Pergament oder Papyrus. Heute ist das anders, | |
| und die Lebensdauer und Nutzbarkeit moderner Speichermedien liegt, trotz | |
| ihrer Hochtechnologie, nur noch bei einem Zehntel, Hundertstel oder | |
| Tausendstel der Zeit, die [1][die Materialien von einst] überdauert haben. | |
| Fortschritt hat seinen Preis. | |
| Ständiges Umspeichern und Aktualisieren ist also unumgänglich. Auch das | |
| digitale Langzeitarchiv des ZBW – [2][Leibniz]-Informationszentrum | |
| Wirtschaft in Hamburg und Kiel, mit über 4, 4 Millionen Medieneinheiten die | |
| größte wirtschaftswissenschaftliche Bibliothek der Welt, investiert in | |
| diese Pflege viel Arbeit. | |
| Das Archiv, seit Mitte 2015 voll funktionsfähig, umfasst derzeit rund | |
| 608.000 Objekte. Es enthält nahezu alles, was das ZBW auf seinen eigenen | |
| Servern hostet. Was neu hinzukommt, landet, wenn nichts Technisches | |
| dagegenspricht, über Nacht ebenfalls dort. | |
| „Vielen muss ich erst mal erklären, was ich hier mache“, sagt | |
| Bibliothekswissenschaftlerin Yvonne Tunnat der taz, Expertin für digitale | |
| Langzeitarchivierung an der ZBW. „Wenn es kurz sein muss, sage ich dann | |
| oft: Das ist was mit IT. Das ist natürlich schwammig. Aber sonst dächten | |
| vermutlich viele, dass ich Bücher in Regale einsortiere.“ KollegInnen gehe | |
| es ähnlich: „Bei vielen ihrer Gesprächspartner, sagen sie, werden schnell | |
| die Augen glasig, weil das Interesse schwindet.“ Tunnat sieht sich selbst | |
| „in einer Art Nerd-Nische“. | |
| ## Auszeichnung für Vertrauenswürdigkeit | |
| „Mein Job ist es, vernünftig aufzubewahren, was wir haben“, sagt Tunnat. | |
| „Wenn etwas technisch auffällig ist, kommt es auf meinen virtuellen Tisch.“ | |
| Wollte sie versuchen, auch nur das zu lesen, was 2024 neu ins Archiv kam, | |
| würde sie Jahrhunderte brauchen: „Ich kann also durchaus inhaltsagnostisch | |
| sein“, sagt sie. Was nicht bedeutet, dass sie nicht wirtschaftsinteressiert | |
| ist. | |
| Jüngst hat das Archiv das Nestor-Siegel „für vertrauenswürdige digitale | |
| Langzeitarchive“ bekommen, das zweite Mal nach 2017. Mitte 2024 hatte es | |
| den Antrag gestellt, eine 34 Kriterien starke Selbsterklärung abgegeben, | |
| dann gingen GutachterInnen ans Werk. In den Hauptkriterien 1 bis 12 bekam | |
| die ZBW jeweils die erforderlichen 10 Maximal-Punkte, von der | |
| Rechtskonformität bis zu den Erhaltungsmaßnahmen. In den Kriterien 13 bis | |
| 34 kam es auf einen Durchschnitt von 9,1 Punkten. 7 hätten hier | |
| ausgereicht. | |
| Das kann sich sehen lassen. Das zwischen der ersten und der jüngsten | |
| Nestor-Zertifizierung sieben Jahre verstrichen sind, sieht Tunnat | |
| entspannt. „Ich denke, sie in diesem Turnus zu erneuern, ist nicht zu | |
| langsam, immerhin ist das ziemlicher Aufwand.“ | |
| Das 88-seitige Einreichungsformular der ZBW bezeichnet das Ziel der | |
| Langzeitarchivierung als „darauf angelegt, die archivierten Objekte über | |
| kommende technologische Veränderungen, Cyber-Angriffe, Naturkatastrophen | |
| und Kriege hinaus verfügbar zu halten“. Eine Ewigkeits-Aufgabe. | |
| ## Das dunkle Archiv | |
| Tunnats digitale Langzeitarchivierung ist schon öfter zertifiziert worden. | |
| 2015 bekam sie das Data Seal of Approval, 2019 das Core Trust Seal, in dem | |
| das Data Seal of Approval mittlerweile aufgegangen war. Daten sind hier | |
| also sicher aufgehoben, in störungsfreier Lesbarkeit. Die Cyberattacke | |
| einer pro-russischen Hackerbande auf die ZBW Mitte 2023 tat dem keinen | |
| Abbruch. Das Langzeitarchiv war sicher. | |
| Ach ja: Das Archiv ist ein „dark archive“. Das hört sich nach | |
| Schwerkriminalität oder nach Geheimaufzeichnungen katholischer | |
| Folterinquisitoren an. Aber die Erklärung ist einfach: „Das bedeutet, dass | |
| nur Mitarbeitende zu ihm Zugang haben“, sagt Tunnat. „Im Dunkeln können nur | |
| wenige etwas sehen – das sind wir selbst.“ Öffentlich zugänglich sind die | |
| Archivalien natürlich trotzdem. | |
| 2 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Harff-Peter Schönherr | |
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