# taz.de -- Tübinger Verpackungssteuer: Eine Steuer allein reicht nicht aus | |
> Die Verpackungssteuer in Tübingen könnte Muster werden für andere | |
> Kommunen. Was noch fehlt, sind nutzbare Mehrwegsysteme und Pfand auf | |
> Behälter. | |
Bild: Leider ist Einweg viel zu bequem | |
Endlich herrscht Rechtssicherheit. Drei Jahre nach Einführung der Tübinger | |
Verpackungssteuer hat das Bundesverfassungsgericht grünes Licht gegeben. Es | |
spreche rechtlich nichts gegen die Einführung der kommunalen Steuer auf | |
Einwegverpackungen für Take-away-Speisen und -Getränke. Der Pioniergeist | |
und die Hartnäckigkeit des [1][Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer] | |
hat sich wieder einmal durchgesetzt. | |
Wie sich die Zeiten ändern. In den 1990er-Jahren war Kassel Vorreiter mit | |
einer [2][kommunalen Verpackungssteuer]. Doch 1998 wurde die | |
fortschrittliche Kommune ausgerechnet vom Bundesverfassungsgericht | |
gestoppt. Eine kommunale Steuer auf Einwegverpackungen verstoße gegen das | |
bundesweite Abfallrecht, das derartiges nicht vorsehe, ja geradezu | |
ausschließe. Eine Entscheidung, die damals sehr kontrovers diskutiert | |
wurde. | |
Palmer setzte darauf, dass Karlsruhe rund 25 Jahre später anders | |
entscheiden wird, und er behielt Recht. Zum einen liegt das natürlich am | |
Bundesrecht, das sich weiterentwickelt hat, auch wenn es immer noch keine | |
bundesweite Verpackungssteuer vorsieht. Zum anderen hat sich aber auch das | |
Bundesverfassungsgericht mit seinem grundlegenden Beschluss zum | |
[3][Staatsziel Klimaschutz 2021] selbst in die Pflicht genommen. Es hätte | |
sich lächerlich gemacht, wenn es erneut Widersprüche zwischen Bundes- und | |
Kommunalrecht konstruiert hätte. | |
Nun werden vermutlich viele Kommunen dem Tübinger Beispiel folgen. Das wird | |
ihnen zunächst einmal Einnahmen bringen. Tübingen rechnet mit rund 700.000 | |
Euro pro Jahr. Das eigentliche Ziel, dass Verbraucher:innen massenhaft | |
von Einweg auf Mehrweg umsteigen, wird aber mit einer Steuer nicht | |
automatisch erreicht. Schließlich ist Einweg viel zu bequem. | |
Es sollte bald einheitlich nutzbare Mehrwegsysteme für Getränke und | |
Take-away-Speisen geben, statt Insellösungen für jede Gaststätte und jede | |
Imbisskette. Und die Behältnisse müssen an vielen Stellen gegen Pfand | |
zurückgegeben werden können, damit man sie nicht ständig mit sich | |
herumtragen muss. Erst dann hat Mehrweg im Alltag eine Chance. | |
22 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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