# taz.de -- Kommunale Verpackungssteuern: Die Münchner Verbotsparteien | |
> CSU und Freie Wähler wollen den bayrischen Kommunen die Möglichkeit | |
> nehmen, Verpackungssteuern nach Tübinger Vorbild zu erheben. McDonald's | |
> und Co sind erfreut. | |
Bild: Bayerische Gemütlichkeit: Weniger Ideologie, mehr Müll auf einer Parkba… | |
Berlin taz | „Mehr Bayern in Europa: Subsidiarität als Leitprinzip“ will | |
die bayerische Staatsregierung laut dem [1][„Bericht aus der | |
Kabinettssitzung“] vom 13. Mai fördern. Im Freistaat selbst hält das | |
Bündnis aus CSU und Freien Wählern von Subsidiarität – also dem Prinzip, | |
der jeweils untersten staatlichen Ebene das größte sinnvolle Maß an | |
Autonomie zu gewähren – allerdings eher weniger. Auf Vorschlag des | |
bayerischen Innen- und Kommunalministers Joachim Herrmann (CSU) will die | |
Regierung den Städten und Gemeinden per Gesetz verbieten, | |
Verpackungssteuern auf kommunaler Ebene einzuführen. „Wir wollen die | |
Betriebe in jeder Hinsicht entlasten und nicht zusätzlich belasten. Die | |
Einführung einer Verpackungssteuer wäre daher ein völlig falsches Signal“, | |
begründete Herrmann seinen Vorstoß. | |
„Ministerpräsident Söder entmündigt bayerische Städte und Gemeinden in | |
ihrem Kampf gegen Einweg-Müll“, kommentiert Barbara Metz, Geschäftsführerin | |
der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die Städte Tübingen und Konstanz belegten | |
eindrucksvoll, wie wirksam kommunale Verpackungssteuern seien. „Die | |
Vermüllung des öffentlichen Raums ist sichtbar zurückgegangen, Angebot und | |
Nutzung von Mehrweg haben stark zugenommen“, so Metz. | |
Vorbild für kommunale Verpackungssteuer ist das baden-württembergische | |
Tübingen, das seit 2022 eine Abgabe von 20 Cent auf Einwegbesteck und von | |
50 Cent auf Einweggeschirr wie Kaffeebecher oder Pommesschalen erhebt. Nach | |
Angaben der rund 94.000 Einwohner zählenden Stadt liegen die Einnahmen aus | |
dieser Abgabe bei etwa 800.000 Euro pro Jahr. | |
Die Verpackungssteuer hatte jahrelang die Gerichte beschäftigt, bis das | |
Bundesverfassungsgericht sie Anfang dieses Jahres schließlich für zulässig | |
erklärte – damit war die Verfassungsbeschwerde eines Tübinger | |
McDonald’s-Restaurants gescheitert. Der Deutsche Städtetag wertete den | |
Karlsruher Beschluss im Januar als „wichtige Entscheidung für die Städte“. | |
Zu dem geplanten Verbot in Bayern wollte sich der zuständige bayerische | |
Gemeindetag am Mittwoch nicht äußern. | |
## Laut DUH haben 144 Kommunen Interesse an der Steuer | |
Der Bundesverband der Systemgastronomie e. V. (BdS) mit Sitz in München | |
zeigte sich aber schon einmal „hoch erfreut über den Beschluss des | |
Freistaats Bayern, Kommunen die Einführung einer Verpackungssteuer zu | |
untersagen“. Mit dieser Entscheidung sende das bayerische Kabinett ein | |
klares Zeichen gegen zusätzliche Belastungen für Betriebe sowie Bürgerinnen | |
und Bürger – und zeige, dass es die Bestrebungen der Bundesregierung zum | |
Bürokratieabbau ernst nehme. Mitgliedsunternehmen im BdS sind Ketten wie | |
McDonald’s, Burger King, Vapiano und Starbucks, Sattgrün und Greenkarma | |
Salads. | |
Laut einer aktuellen Umfrage der DUH [2][haben bundesweit 144 Städte | |
Interesse an der Einführung einer kommunalen Steuer auf | |
Einweg-Takeaway-Verpackungen]. Neun Städte und eine Gemeinde bereiten nach | |
ersten Beschlüssen die Einführung vor: Bonn, Bremen, Freiburg, Hameln, | |
Heidelberg, Köln, die Gemeinde Nellingen, Oberhausen, Rottenburg am Neckar | |
sowie Troisdorf. Der Stadtrat von Köln hatte im Februar 2025 den Weg zu | |
einer Verpackungssteuer geebnet. Auf Antrag von CDU und Grünen hatte das | |
Gremium die Stadtverwaltung aufgefordert, eine entsprechende | |
Beschlussvorlage vorzubereiten. | |
Macht Köln ernst, ist auch in Nordrhein-Westfalen die Landesregierung | |
gefragt. Wie in Bayern müssen in NRW, Thüringen, Brandenburg und | |
Mecklenburg-Vorpommern die Landesregierungen neuen kommunalen Steuern | |
zustimmen. Das NRW-Kommunalministerium äußerte sich zunächst zurückhaltend | |
und verwies darauf, der „Bewertungs- und Entscheidungsprozess müsste | |
insbesondere auch anhand der konkreten Satzung und der begleitenden | |
Ausführungen der Kommune erfolgen und kann nicht vorweggenommen werden“. | |
Zudem müssten „die zuständigen Ministerien dabei auch zunächst die | |
Entscheidung des Bundesverfassungsgericht eingehend prüfen“, so ein | |
Sprecher. | |
Nach einer Studie der Umweltorganisation WWF wurden 2023 bundesweit etwa | |
14,6 Milliarden Einwegverpackungen vertrieben, eine Milliarde mehr als | |
2022. Im selben Zeitraum ist die Mehrwegquote nur geringfügig gestiegen: | |
Von 0,7 Prozent 2022 auf 1,6 Prozent 2023. Bei Getränken stieg die Quote | |
von 4,1 auf 7 Prozent und bei Speisen von 0,1 auf 0,3 Prozent. | |
Laut dem Lobbyverband BdS erzielten McDonald’s und Co 2024 mit rund 120.000 | |
Beschäftigten einen Umsatz von 35 Milliarden Euro und erreichten damit | |
einen Anteil von rund 40 Prozent an der gesamten Gastronomie. | |
14 May 2025 | |
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[1] https://www.bayern.de/wp-content/uploads/2025/05/250513-Ministerrat.pdf | |
[2] /Vorbild-Tuebingen/!6061864 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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