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# taz.de -- Belästigungsvorwürfe und falsche Angaben: Grüne richten Gelbhaar…
> Mit Verzögerung macht sich die Bundesspitze an die Aufarbeitung des
> MeToo-Falls. Als rehabilitiert betrachtet sie den Abgeordneten Gelbhaar
> nicht.
Bild: Stefan Gelbhaar im Januar während der Versammlung, auf der sein Kreisver…
Berlin taz | Am Ende hat [1][der Fall Stefan Gelbhaar] die Bundesebene der
Grünen doch noch voll erwischt. Über die letzten Tage hatte die
Parteispitze die Causa noch als Provinzangelegenheit des Berliner
Landesverbands abgetan und sich nur am Rande dazu geäußert. Am Montag
befasste sich der Bundesvorstand in seiner montäglichen Sitzung dann aber
mit dem Sturz des 48-jährigen Bundestagsabgeordneten aus Berlin-Pankow – so
ausführlich, dass sich der Beginn der folgenden Pressekonferenz um eine
ganze Stunde verschob.
Als Parteichef Felix Banaszak, begleitet von der Co-Vorsitzenden Franziska
Brantner, am Nachmittag schließlich doch vor die Kameras trat, war seine
Stimme brüchig. Er sei „persönlich betroffen und auch erschüttert“. Hint…
den mutmaßlich falschen Vorwürfen gegen Gelbhaar stecke „kriminelle Energie
und Niedertracht“. Durch die „Falschaussagen zu seinen Lasten und die
Berichterstattung darüber“ sei dem Abgeordneten „Schaden zugefügt worden�…
Gleichzeitig sieht der Bundesvorstand Gelbhaar aber auch nicht als
vollständig entlastet an: Banaszak zufolge sind im parteiinternen
Ombudsverfahren weiterhin nicht alle Vorwürfe entkräftet. „Zunächst sieben
weitere meldende Personen halten an ihren Meldungen fest“, sagte er.
Die Partei sei auch ihnen verpflichtet. Weitere Details – etwa dazu, wie
gravierend die in Rede stehenden Vorwürfe sind – nannte Banaszak nicht.
Seine Begründung: Dies würde die vereinbarte Vertraulichkeit verletzen.
Der hausinternen Ombudsstelle entzieht der Vorstand den Fall jetzt
allerdings. Stattdessen, so Parteichefin Brantner, wird eine gesonderte
Kommission eingerichtet, deren Vorsitz zwei erfahrene grüne
Justizpolitiker*innen einnehmen: Anne Lütkes, ehemalige
Justizministerin von Schleswig-Holstein, und Jerzy Montag, ehemaliger
Bundestagsabgeordneter. Brantner zufolge sollen sie einerseits die
konkreten Vorwürfe aufklären und andererseits „Konsequenzen für zukünftige
Verfahren“ vorschlagen.
## Verfahren ohne Ordnung
Fragen für die parteiinternen Meldestrukturen wirft der Fall tatsächlich
auf. Als Konsequenz aus Pädophilie-Fällen der Vergangenheit, die in den
2010er Jahren aufgedeckt worden waren, haben die Grünen auf Bundes- und auf
Länderebene Ombudsstellen eingeführt.
In konkreten Verfahren sei die „Perspektive der Betroffenen
handlungsleitend“, heißt es in der Selbstbeschreibung der Ombudsstelle des
Bundes. Offen ist, welche Rechte Beschuldigten in den Verfahren zustehen.
Gelbhaar selbst hatte schon vor Wochen angemahnt, dass eine Ombudsordnung
„zwingend“ nötig wäre und eine „immanente Gefahr“ bestehe, dass die
Verfahren instrumentalisiert werden.
Dass es für eine progressive Partei schwierig ist, einen angemessenen
Umgang mit Belästigungsvorwürfen zu finden, zeigt aber auch ein Fall aus
dem Europaparlament. Die Grünen-Fraktion dort nutzt ein weit stärker
formalisiertes Verfahren als die Partei im Bund. In der Vergangenheit sah
es die Möglichkeit zu weitreichenden Untersuchungen und Konsequenzen nur
für Fälle vor, in denen Vorwürfe nichtanonym erhoben wurden. Als es dann im
vergangenen Jahr tatsächlich [2][anonyme Vorwürfe gegen einen deutschen
Abgeordneten] gab und daraus regelkonform erst mal nichts folgte, stand die
Fraktionsspitze auch dafür öffentlich in der Kritik.
## Wende am Wochenende
Gegen den Bundestagsabgeordneten Gelbhaar gingen im Dezember Vorwürfe bei
der Ombudsstelle des Bundesverbands ein. Details erfuhr er nach eigenen
Angaben erst Wochen später durch eine Anfrage des RBB, der zum Fall
recherchierte. Laut einem RBB-Bericht und Gelbhaar selbst ist die
Spannbreite der Vorwürfe sehr weit. Sie reichten von abstrakten
Beschwerden, dass sich Personen im Beisein von Gelbhaar „unwohl“ gefühlt
hätten, bis hin zu strafrechtlich relevanten Übergriffen.
Vergangene Woche zog der RBB einen Großteil seiner Berichterstattung
zurück, da gravierende Vorwürfe mutmaßlich von einer grünen
Bezirkspolitikerin fälschlicherweise und unter falschem Namen erhoben
worden waren. Die Person, bisher Vorsitzende der Grünen-Fraktion in
Berlin-Mitte und Mitarbeiterin eines Abgeordneten im Abgeordnetenhaus, gab
am Wochenende bekannt, ihre Ämter niederzulegen, ihren Job zu kündigen und
aus der Partei auszutreten. Der Bundesvorstand der Grünen beschloss am
Montag, Strafanzeige gegen sie zu stellen.
Das Aus für Gelbhaars Karriere im Bundestag ist trotzdem besiegelt. Schon
im Dezember hatte er unter Eindruck der Vorwürfe seine Kandidatur um einen
neuerlichen Listenplatz zur Bundestagswahl zurückgezogen. [3][Sein
Kreisverband entzog ihm im Januar die erneute Kandidatur um sein
Direktmandat]. Der Vorstand des Kreisverbandes hatte ihn zuvor
aufgefordert, von sich aus zu verzichten. Landes- und Bundesvorstand
unterstützen das.
Direkt habe der Bundesvorstand Gelbhaar aber nicht zum Rückzug gedrängt,
heißt es aus der Parteizentrale. Es habe lediglich ein Gespräch vor dem
Berliner Listenparteitag gegeben, das Vorstandsmitglied Manuela Rottmann
und eine Mitarbeiterin der Bundesgeschäftsstelle stellvertretend für die
Ombudsstelle geführt hätten. Die Beiden hätten den Abgeordneten nur über
das Verfahren gegen ihn informiert – und zu „Risiken beraten“.
20 Jan 2025
## LINKS
[1] /Vorwuerfe-gegen-Gruenen-Politiker/!6059812
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## AUTOREN
Tobias Schulze
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