# taz.de -- Inflation in Deutschland: Immer noch weniger Essen für mehr Geld | |
> 2024 stiegen die Preise im Schnitt um 2,2 Prozent. Trotz hoher | |
> Lohnzuwächse dürften die Kaufkraftverluste der letzten Jahre noch nicht | |
> aufgeholt sein. | |
Bild: Lebensmittel wie frisches Gemüse wurden deutlich teurer | |
Berlin taz | Die Inflation hat sich im vergangenen Jahr normalisiert. | |
[1][Die Verbraucherpreise] wurden im Schnitt in Deutschland um 2,2 Prozent | |
angehoben, wie das Statistische Bundesamt auf Basis vorläufiger | |
Berechnungen am Montag mitteilte. Ein Jahr zuvor stiegen sie im Schnitt um | |
5,9 Prozent. | |
„Die Inflation hat sich im Jahr 2024 gegenüber den Vorjahren deutlich | |
abgeschwächt und lag sehr nah am Inflationsziel der Europäischen | |
Zentralbank“, sagt Silke Tober vom Institut für Makroökonomie und | |
Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die | |
Teuerung sei aber noch stark von den Folgen der Energie- und | |
Nahrungsmittelpreisschüben der Jahre 2022 und 2023 geprägt gewesen. | |
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine Inflationsrate von zwei Prozent | |
als Ziel, um Preisstabilität zu gewährleisten. Diesen Wert überschritt die | |
Teuerung von Mai 2021 bis Juli vergangenen Jahres. Besonders in den Monaten | |
nach Russlands Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 schossen durch die | |
daraus folgende Energiekrise die Preise in die Höhe. Im Oktober und | |
November 2022 erreichte die Inflationswelle mit einer Rate von jeweils 8,8 | |
Prozent ihren Höhepunkt. | |
Auch wenn sich die Inflation wieder normalisiert hat und Energie | |
zwischenzeitlich wieder etwas günstiger wurde, bleiben die Preise hoch. | |
Nahrungsmittel waren zum Beispiel im vergangenen November um rund ein | |
Drittel teurer als im Jahr 2020. Bei Haushaltsenergie und Kraftstoffe waren | |
es über 40 Prozent. | |
## Erhebliche Kaufkraftverluste | |
Für die Menschen im Land bedeutet dies erhebliche Kaufkraftverluste, da die | |
Einkommen nicht mit der Inflation mithalten konnten. So stiegen die | |
Reallöhne, also die Löhne im Verhältnis zur Inflation, aufs Jahr betrachtet | |
das letzte Mal deutlich im Jahr 2019. Im darauffolgenden Jahr sanken sie | |
aufgrund der Coronakrise um 1,2 Prozent, 2021 stagnierten sie, 2022 brachen | |
sie um 4,0 Prozent ein und 2023 stiegen sie nur um 0,1 Prozent. Für das | |
vergangene Jahr gibt es noch keine abschließenden Daten, es ist aber trotz | |
relativ hoher Lohnsteigerungen nicht von einer Kompensation der Teuerung | |
auszugehen. Die Reallöhne waren zuletzt im dritten Quartal niedriger als | |
jene des dritten Quartals 2018. | |
Besonders hart traf die Teuerungswelle [2][Familien mit mittleren und | |
unteren Einkommen], da diese einen besonders hohen Anteil ihres Geldes für | |
Energie und Nahrungsmittel ausgeben. Deren Leben verteuerte sich in den | |
vergangenen fünf Jahren laut IMK um knapp 21 Prozent, während es bei | |
Singles mit hohem Einkommen lediglich knapp 19 Prozent waren. | |
Dabei kehrte sich in den vergangenen Monaten das Verhältnis etwas um, weil | |
insbesondere Produkte und Dienstleistungen wie Flugtickets, | |
Restaurant-Besuche und Kfz-Versicherungen teurer wurden, was sich wiederum | |
eher auf die Geldbeutel von Besserverdienenden auswirkte. Dies bewirkte | |
auch, dass die durchschnittliche Inflationsrate wieder etwas zulegte. Sie | |
belief sich im Dezember im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 2,6 Prozent, | |
nachdem sie im November noch 2,2 Prozent betragen hatte. | |
Für das neue Jahr gibt Ökonomin Tober indes Entwarnung: „Im laufenden Jahr | |
dürfte sich die Inflationsdynamik normalisieren.“ Die Dienstleistungspreise | |
würden weniger stark steigen. Das liege etwa daran, dass die Anhebung der | |
Mehrwertsteuer auf Speisen in [3][Gaststätten] keine Rolle mehr spiele. | |
6 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Simon Poelchau | |
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