# taz.de -- Neue Praxis bei Zahnfüllungen: Amalgam nur noch in Ausnahmefällen | |
> Quecksilber in Zahnfüllungen ist schädlich für die Umwelt. Der | |
> standardmäßige Einsatz in der Zahnarztpraxis ist deshalb ab Anfang 2025 | |
> verboten. | |
Bild: Künftig stopfen sie eher Kunststoff als Amalgam in den kariesgeplagten Z… | |
Berlin dpa | Mit Beginn des neuen Jahres wird die Verwendung von Amalgam | |
als Zahnfüllung weitgehend verboten – allerdings nicht aus direkten | |
gesundheitlichen Gründen. Vielmehr geht es bei dem EU-Beschluss darum, das | |
in Amalgam enthaltene giftige Quecksilber [1][besser aus der Umwelt zu | |
verbannen]. Das Verbot betrifft ausschließlich neue Füllungen, es geht | |
nicht um die Entfernung bereits vorhandener. Erachtet der Zahnarzt es etwa | |
wegen hoher Kariesaktivität als medizinisch notwendig, Dentalamalgam zu | |
nutzen, ist dies weiterhin erlaubt. | |
Eine Amalgamfüllung galt bisher für gesetzlich Krankenversicherte als | |
einzige Kassenleistung für die Behandlung eines durch Karies geschädigten | |
Zahnes. Künftig sind nun selbsthaftende Füllungen wie sogenannte | |
Glasionomerzemente zuzahlungsfrei, die ohne zusätzliche Klebemittel | |
angebracht werden können, wie der Spitzenverband der gesetzlichen | |
Krankenkassen (GKV) mitteilte. | |
Die EU setzt damit Beschlüsse des sogenannten Minamata-Übereinkommens von | |
2017 um, eines internationalen Vertrags zum Schutz vor | |
Quecksilberemissionen. Ziel ist es, die Verwendung von Quecksilber in | |
Produkten zu reduzieren und so die Freisetzung in die Umwelt zu vermindern. | |
Mit Quecksilber versetzte Produkte wie Zahnamalgam oder Lampen stellen die | |
größte verbleibende absichtliche Verwendung des Stoffes in der EU dar. | |
Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr solcher Lampen sollen von 2026 an | |
eingestellt werden. Früher wurde Quecksilber unter anderem auch in | |
Batterien, Leuchtstoffröhren und Thermometern verwendet. | |
## Gefährliches Stoffgemisch mit Quecksilber | |
Amalgam ist ein Stoffgemisch, das zu etwa der Hälfte aus Quecksilber sowie | |
aus weiteren Metallen wie Silber, Zinn und Kupfer besteht. Es wird schon | |
seit weit über 100 Jahren für Zahnfüllungen verwendet. Das Material ist | |
preisgünstig, haltbar und leicht formbar. Das Problem darin ist allerdings | |
das Quecksilber. | |
Es ist ein auch natürlich weltweit in der Umwelt vorkommendes Metall und | |
ist etwa ein typischer Bestandteil der Steinkohle, wie es beim | |
Umweltbundesamt heißt. Das in Deutschland vorhandene Quecksilber in Luft, | |
Wasser und Sedimentschichten von Gewässern geht demnach auf Jahrhunderte | |
der Kohleverfeuerung sowie insbesondere in bestimmten Flussabschnitten auf | |
die einstige Einleitung aus Industrieanlagen zurück. Für Menschen und Tiere | |
ist die Substanz giftig, in größeren Mengen auch tödlich. Eine Belastung | |
mit Quecksilber kann das zentrale Nervensystem, die Lunge, die Nieren und | |
das Immunsystem schädigen. Da es vom Organismus schlecht ausgeschieden | |
wird, reichert es sich im Körper an. [2][Neben dem Fischverzehr ist | |
Dentalamalgam hierzulande die Hauptquelle]. | |
Das Quecksilber wird – in sehr geringen Mengen – aus den Füllungen | |
freigesetzt. Höher ist die potenzielle Aufnahme beim Einsetzen oder dem | |
Entfernen einer Füllung, wenn die Substanz dampfförmig freiwerden kann. Wer | |
eine Amalgamfüllung hat, sollte sie daher nicht ohne Anlass – wie einem | |
Spalt zwischen Füllung und Zahn – entfernen lassen, raten Experten. Laut | |
Umweltbundesamt sind neben Amalgamzahnfüllungen Fisch und andere | |
Meerestiere eine bedeutsame Quelle für die Aufnahme von Quecksilber. | |
Mit zunehmender Zahl und Größe der Füllungen steigt die Belastung. Studien | |
zufolge ist die aufgenommene Menge in Deutschland meist zu gering, um | |
schädlich zu wirken. Mehrere Analysen, unter anderem eine bereits 2007 vom | |
Robert-Koch-Institut (RKI) und eine 2008 von der TU München | |
veröffentlichte, kamen zu dem Schluss, dass es keine wissenschaftlichen | |
Beweise für einen Zusammenhang zwischen Amalgamfüllungen und chronischen | |
Erkrankungen gibt. Es gebe auch keine wissenschaftlichen Beweise für ein | |
Krebsrisiko durch Amalgamfüllungen, heißt es beim Deutschen | |
Krebsforschungszentrum (DKFZ). | |
Verwendet werden alternativ bestimmte Kunststoffe, nichtmetallische | |
Legierungen aus Keramik sowie Metalllegierungen aus Edelmetallen wie Gold. | |
Der Einsatz von Dentalamalgam war in den letzten Jahrzehnten bereits stark | |
rückläufig – vielfach, weil Menschen die grauen Füllungen unschön finden. | |
Im Jahr 2022 bestanden daraus nur noch 2,4 Prozent der plastischen | |
Restaurationen, die über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet wurden, | |
wie es von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde | |
(DGZMK) heißt. | |
26 Dec 2024 | |
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