# taz.de -- Bundestag debattiert Gewalthilfegesetz: Hoffnung für Frauenhäuser | |
> Der rot-grüne Gesetzentwurf für mehr Frauenhausplätze könnte noch vor der | |
> Bundestagswahl beschlossen werden – falls auch Forderungen der CDU/CSU | |
> aufgenommen werden. | |
Bild: Familienministerin Lisa Paus (Grüne) verspracham Freitag, dass der Bund … | |
BERLIN taz | Das Gewalthilfegesetz könnte doch noch in dieser Wahlperiode | |
beschlossen werden. Das zeichnete sich am Freitag bei der ersten Beratung | |
im Bundestag ab. In der kommenden Woche wollen sich Expert:innen von | |
SPD, Grünen und CDU/CSU zu Verhandlungen treffen. | |
Bei der Problemanalyse herrschte im Bundestag große Einigkeit. Fast jede | |
Rednerin erwähnte, [1][dass im Jahr 2023 rund 180.000 Frauen und Mädchen | |
Opfer häuslicher Gewalt wurden]. [2][360 Frauen wurden in Deutschland sogar | |
getötet, weil sie Frauen waren]. Dabei gibt es in Deutschland nur 7.700 | |
Plätze in Frauenhäusern, der Bedarf wäre dreifach so hoch. Regelmäßig | |
müssen deshalb Frauen abgewiesen werden. | |
Der Gesetzentwurf „für ein verlässliches Hilfesystem bei | |
geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“, den SPD und Grüne in den | |
Bundestag einbrachten, will das ändern. Gewaltbetroffene Personen sollen | |
einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung erhalten. Familienministerin | |
Lisa Paus (Grüne) versprach, dass der Bund in den Ausbau der Schutz- und | |
Beratungsinfrastuktur „einsteigen“ werde. Bis 2036 sollen immerhin 2,6 | |
Milliarden Euro an Länder und Kommunen fließen. | |
Für Leni Breymaier (SPD) war der entscheidende Durchbruch hierzu der | |
Ampel-Koalitionsvertrag 2021. Damals sei man endlich „weggekommen von | |
dieser Förderalismusdenke, dass nur die Länder zuständig sind für den | |
Schutz der Frauen“. | |
Zunächst gab es im Bundestag aber vor allem Schuldzuweisungen. Die | |
Ampel-Koalition habe drei Jahre lang „nichts“ gemacht, kritisierte die | |
Abgeordnete Silvia Breher (CDU). „Sie haben dieses Thema erst mit dem | |
Ampel-Aus für sich entdeckt.“ Dorothee Bär (CSU) warf Ministerin Paus vor, | |
sie habe nicht das Gespräch mit der Union gesucht. Erst am Vorabend der | |
Bundestagsdebatte habe es eine Einladung gegeben. | |
Familienministerin Paus sah die Schuld dagegen bei Finanzminister Lindner, | |
der „kein Geld zur Verfügung gestellt“ habe. SPD-Frau Breymaier lobte | |
zugleich den neuen Finanzminister Jörg Kukies (SPD), der „neue | |
Finanzierungsmöglichkeiten aufgetan“ habe. | |
Ministerin Paus mahnte: „Länder, Kommunen und Verbände warten auf dieses | |
Gesetz“. Die SPD-Abgeordnete Ariane Fäscher wurde ganz massiv: Falls man | |
das Gesetz in die nächste Wahlperiode verschiebe, werde das „mindestens 170 | |
Frauenleben“ kosten. | |
## Kompromisssuche in dieser Woche | |
Doch die Debatte endete eher konstruktiv. Ministerin Paus bot der | |
Opposition an: „Lassen Sie uns an den Tisch setzen und schauen, wie wir das | |
Gesetz noch verbessern können.“ Und Grünen-Fraktionsvize Maria | |
Klein-Schmeink unterbrach die schimpfende CSU-Frau Bär mit einer konkreten | |
Zwischenfrage: „Kommen wir ins Gespräch? Können wir gemeinsam daran | |
arbeiten, dieses wichtige Gesetz noch zu verabschieden?“ Und Bär | |
antwortete: „Selbstverständlich – ich habe das immer gesagt – stehen wir | |
für Gespräche zur Verfügung.“ In dieser Woche werden sich nun Bär, | |
Klein-Schmeink und der SPD-Fraktionsvize Sönke Rix auf Kompromiss-Suche | |
machen. | |
Die CDU-Abgeordnete Ingrid Pahlmann beschrieb, welche Punkte aus Sicht der | |
CDU/CSU-Fraktion „eingearbeitet werden müssen“. So müsse es auch | |
„konsequente Prävention“ und „Strafverschärfungen“ für Täter geben. | |
Notwendig seien zudem „Antiaggressionsprogramme“ und eine „elektronische | |
Überwachung zur Durchsetzung von Annäherungsverboten“. Letzteres dürfte bei | |
der rot-grünen Rumpf-Koalition sogar offene Türen einrennen. Denn erst | |
vorige Woche hat der neue Justizminister Volker Wissing (parteilos) | |
[3][einen Gesetzentwurf zur Nutzung der elektronischen Fußfessel gegen | |
prügelnde Männer vorgestellt]. | |
Bevor es zu harmonisch wurde, forderte Dorothee Bär aber auch Gespräche | |
über die Aufnahme von „biologischen Männern“ in Frauenhäuser. Die | |
Mitarbeiter:innen seien verunsichert und fürchteten Mittelkürzungen, | |
wenn sie Transfrauen ablehnen. Die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge hielt | |
entgegen: „Für mich persönlich sind Transfrauen auch Frauen“. Nach ihrer | |
Kenntnis fänden Frauenhäuser immer einen Weg, wenn Transfrauen um Schutz | |
bitten. Ideal seien „Apartmentlösungen“. | |
7 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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