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# taz.de -- Fotoausstellung in Braunschweig: Zeigen und verbergen
> Regelmäßig präsentiert das Museum für Photographie Bilder von Mitgliedern
> des Trägervereins. Dieses Jahr blicken sie zurück auf 40 Jahre Museum.
Bild: Axel Grüner hat das Motto ganz buchstäblich genommen und das Museum im …
Als der in Hannover lebende luxemburgische [1][Fotograf Marc Theis] 2017 im
Braunschweiger Museum für Photographie ausstellte, galt eine seiner neu
verfassten Bildreihen einem lokalen Kuriosum: der seit über 125 Jahren
familiengeführten Tapetenhandlung Hossfeld. Theis hatte sich einfühlsam
diesem bereits merklich aus der Zeit gefallenen Kleinod aus Warenlager,
Produktpräsentation und Firmenarchiv genähert, generell einer dekorativen
Branche, deren wohl letzte Blüte aus den 1970er-Jahren datierte. Um das
Jahr 2022 wurde das Braunschweiger Geschäft aufgegeben.
Die Fotografin [2][Eva-Maria Tornette], in Berlin lebendes Mitglied im
Trägerverein des Museums, besuchte die sich leerenden Räume, dokumentierte
Situationen und barg verschiedene Dinge, etwa das großformatige, bis zum
Schluss gehütete Musterbuch. Ihre Fotoreihe mitsamt Installation aus einem
Stück gelb-weiß gestreifter Tapete und eben jenem Wälzer ist nun der
Eyecatcher der aktuellen Mitgliederausstellung des Museums.
Diese [3][Querschnittsschau, „Entwicklung – 40 – Development“] titulier…
beschließt das Festprogramm zum [4][40-jährigen Jubiläum des Museums] – wie
die Zahl 40 und der Verweis auf eine Entwicklung, und markiere sie auch
einen Ausklang oder gar ein Ende, unmissverständlich kundtun. Das
partizipative Format der Mitgliederausstellung, das sich an die
mittlerweile rund 175 Vereinsangehörigen aus Profis wie Laien der
Fotografie richtet, gehört seit Anbeginn zum Konzept des Hauses.
## Ritual zum Jahreswechsel
32 Mal wurde es auf die Beine gestellt und hat sich als Ritual rund um den
Jahreswechsel verstetigt. Erstmals ist nun ein umfangreicher Katalog
erschienen, gleichermaßen Dokumentation der Bildbeiträge wie Rückblick auf
die Institutionsgeschichte und Würdigung des ehrenamtlichen Einsatzes der
Mitglieder und des Vereinsvorstands
Nicht exakt 40, sondern 44 Ausstellende sind jetzt dabei, insgesamt sind
weit über 100 Arbeiten in den beiden Torhäusern des Museums zu sehen. Das
Thema wurde in großer Bandbreite angegangen. Sie reicht von sehr
persönlichen Einblicken wie etwa einer geglückten Knieoperation, die Gerald
Borchers in atmosphärischen Fotos aus seinen Therapiestationen einfing,
über freie Assoziationen bis hin zu originellen Zugriffen. So sah sich Jan
Gäbler zu einem Streifzug durch Braunschweigs Straßen motiviert und
lichtete in perfekter Architekturdokumentation Bauwerke mit der Hausnummer
40 ab. Darunter: eine Tankstelle, eine Speicheranlage im Gewerbegebiet,
aber auch die Trauerhalle des jüdischen Friedhofs.
Renate Fink inszenierte in eindringlichem Schwarz-Weiß eine Dose des unter
Oldtimerfans geschätzten Sprays WD 40, das selbst verrostete Schrauben oder
festsitzende mechanische Teile wieder gangbar zu machen verspricht –
inmitten alter Maschinen bedingter Funktionsfähigkeit. Helge Paulsen
steuert eine fotografische wie textliche Ode an das 40-mm-Objektiv der
analogen Kamera bei, sowie an die Interaktion von menschlichem Auge,
apparativer Technik und künstlerischem Bildwollen.
## Beuys in Neon
Mehrere Verfasser:innen beziehen sich direkt auf das Jahr 1984. Vivien
Slopianka porträtierte Menschen dieses Geburtsjahrgangs, Johann Zambryski
entsann sich der megalomanen Leistungsschau „von hier aus“ in jenem Jahr.
Für zwei Monate wollte sie „neue deutsche Kunst“ zeigen, versammelte dafür
Werke von rund 60 prominenten Künstler:innen auf 14.000 Quadratmetern
einer Düsseldorfer Messehalle. Die Titelzeile lieferte Joseph Beuys:
Neonbuchstaben in seiner Handschrift vor suggestiv grünem Hintergrund.
Zambryski entnahm seinem Archiv eine Schwarz-Weiß-Fotografie eines
Textfragments, dessen Zusammenhang sich nicht mehr direkt erschließt:
Erinnerungslücke – oder Kritik an dem verhobenen Anspruch jener
Ausstellung?
Man sieht: Fotografie ist mehr als ein Bild zu liefern. Sie ist das
Ergebnis einer bewussten Entscheidung, welche Situation als wichtig
erachtet wird, um sie zu fotografieren, besser: sie so zu fotografieren,
wie sie erscheinen soll. Betrachtende wiederum müssen lernen, eine
Fotografie zu lesen. Denn sie isoliert Dinge aus dem Kontext, vermag mehr
zu verbergen als offen zu zeigen. Schön, wenn eine Ausstellung einer
fotografischen Institution einmal eher beiläufig solche Qualität
demonstriert.
21 Dec 2024
## LINKS
[1] /Kunst-des-Hinsehens/!5376721
[2] /Maria-im-Solarium/!5823041/
[3] https://www.photomuseum.de/40-development-entwicklung/
[4] /!6040425/
## AUTOREN
Bettina Maria Brosowsky
## TAGS
zeitgenössische Fotografie
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Fotokunst
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