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# taz.de -- Modellprojekt Dekoloniale wird beendet: Kein Raum für Erinnerungsk…
> Fünf Jahre erinnerte die „Dekoloniale“ an den deutschen Kolonialismus aus
> Betroffenen-Perspektive. Nun müssen die Initiativen ihre Räume aufgeben.
Bild: Handwerker räumen die letzten Reste der Ausstellung ab
Berlin taz | Rausschmiss trotz Zahlungsfähigkeit. Dieses Schicksal droht
jetzt dem Modellprojekt „Dekoloniale“, welches aus der Perspektive von
Betroffenen an den deutschen Kolonialismus erinnert. Das Projekt läuft Ende
Dezember zwar planmäßig aus – doch die beteiligten Initiativen hatten
darauf gehofft, ihren Projektraum in der Wilhelmstraße 92 weiter nutzen zu
können.
Für die „Dekoloniale“ hatten die Initiative Schwarzer Menschen in
Deutschland, Each One Teach One, Berlin Postkolonial und die Stiftung
Stadtmuseum Berlin [1][fünf Jahre zusammengearbeitet]. Für die Initiativen
ist es nämlich nicht irgendein Büro-Raum. „Wir bedauern sehr, dass das
Mietverhältnis für den Standort Wilhelmstraße 92 nicht verlängert wurde.
Wir hatten uns sehr dafür eingesetzt, dass der Vertrag verlängert wird. Wir
begrüßen und unterstützen das Bemühen, einen dauerhaften Erinnerungsort an
den Kolonialismus in Berlin zu schaffen“, teilten uns die
Projektverantwortlichen schriftlich mit.
Denn das Modellprojekt [2][hatte seine „Zentrale“ genau an dem Standort]
aufgemacht, an dem von 1884 bis 1885 die sogenannte „Afrika-Konferenz“
stattfand. An diesem Ort hatten die damaligen selbsternannten
„Kolonial-Mächte“ bei der genannten Konferenz den afrikanischen Kontinent
regelrecht unter sich aufgeteilt.
Das Stadtmuseum hatte sogar die Mittel für die weitere Anmietung der
Räumlichkeiten in der Wilhelmstraße vom Senat zugesagt bekommen. Auch
[3][Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU)] hatte sich im April noch dafür
ausgesprochen, das Projekt langfristig sichern zu wollen.
## Kein Grund für die Nicht-Verlängerung genannt
Am Montag war die Kulturverwaltung für eine Stellungnahme nicht zu
erreichen. „Wir sind auch vom Kultursenator enttäuscht, denn nach seinem
mehrmaligen Bekenntnis zur Sicherung des Projektraumes hatten wir von ihm
Unterstützung im Kampf für seinen Erhalt erwartet“, sagt Mnyaka Sururu
Mboro von Berlin Postkolonial.
Einen Grund für die Nicht-Verlängerung des Mietvertrags habe die
Immobilienfirma B.Ä.R.A.N.O. Gesellschaft für Grundbesitz Berlin GmbH & Co.
KG nicht genannt. Die Nachricht, dass der Mietvertrag nicht verlängert
werde, hatten die Betreiber:innen vor sechs Wochen erhalten.
Zwischenzeitlich hatte das Gestaltungsbüro Visual Intelligence versucht,
die Räumlichkeiten anzumieten, und zunächst positive Resonanz vom
Eigentümer erhalten. Doch dann kam an sie ebenfalls eine Absage – nach
Angaben der Initiative sei die erfolgt, als die Verbindung zur
„Dekoloniale“ deutlich wurde.
Aktuell gibt es eine Ausstellung, die man im Vorbeilaufen wie in einem
Schaufenster sehen kann. Diese wurde vor erst vier Wochen installiert – und
sollte langfristig bleiben. „Zurzeit suchen die Projektpartner der
Dekoloniale nach einem alternativen Präsentationsort für die
Schaufenster-Ausstellung 'Erinnern. Entschuldigen. Entschädigen.’ und
hoffen, dass zeitnah eine Lösung gefunden werden kann. Wir freuen uns umso
mehr, dass die Ausstellungen des diesjährigen Dekoloniale-Projekts im
Museum Nikolaikirche in Mitte sowie im Afrikanischen Viertel in Wedding
noch bis Mai 2025 und teilweise darüber hinaus zu sehen sind“, so die
Projektverantwortlichen.
Mit der Aufgabe des „Dekoloniale“-Projektraumes gehe ein wichtiger
Knotenpunkt im dünnen Netz der postkolonialen Erinnerungsorte der Stadt
verloren, von dem aus sich der seit Jahrzehnten geforderte zentrale Lern-
und Erinnerungsort Berlins konzipieren und denken ließe, beklagen die
Projekte.
## Kampf für den Weitererhalt
„Vor ein paar Wochen besuchte eine Delegation des Auswärtigen Amts die
Ausstellung. Die Teilnehmer:innen, hauptsächlich Vertreter:innen der
ehemals kolonialisierten Länder, bewunderten die Dekoloniale und wünschten
sich eine Verlängerung“, so die Verantwortlichen.
Workshops, Ausstellungen und Führungen – das alles ist nun Geschichte. „Das
Stadtmuseum Berlin und ihre Kooperationspartner*innen aus den
afrikanischen und Schwarzen Communities verlieren damit die Möglichkeit, an
dem Symbolort für Europas koloniale Unrechtsherrschaft in Afrika
zugängliche und wirkungsvolle historisch-politische Bildungsarbeit zu
leisten“, kritisiert Berlin Postkolonial.
Die Macher:innen der „Dekoloniale“ selbst hatten bei der Eröffnung ihrer
Abschluss-Ausstellung Mitte November deutlich gemacht, dass sie gern
weitermachen und ihre Arbeit auch auf bundesweit ausdehnen würden.
17 Dec 2024
## LINKS
[1] /Modellprojekt-Dekoloniale/!6045709
[2] /Dekoloniale-Erinnerungskultur-in-Berlin/!5875076
[3] /Sparliste-der-Berliner-Kulturverwaltung/!6055910
## AUTOREN
Raweel Nasir
## TAGS
Postkolonialismus
Deutscher Kolonialismus
Schwerpunkt Kunst und Kolonialismus
Stadtmuseum Berlin
Schlagloch
Dekolonisierung
Straßenumbenennung
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