| # taz.de -- Haftanstalten in Kuba: Prekäre Realitäten hinter Gittern | |
| > Mindestens vier Menschen, die in Kuba nach den Protesten 2021 verurteilt | |
| > wurden, sind tot. Eine NGO kämpft für bessere Haftbedingungen. | |
| Bild: Wie es in den kubanischen Gefängnissen aussieht, weiß die Öffentlichke… | |
| Hamburg taz | Ein Kubaner, der an den Demonstrationen des 11. Juli 2021 | |
| teilgenommen hat, ist Ende November in einer bekannten | |
| Hochsicherheits-Vollzugsanstalt in Havanna gestorben. Manuel de Jesús | |
| Guillén Esplugas war 29 Jahre alt und ist der vierte Gefangene, der im | |
| Zusammenhang mit diesen historischen Protesten in [1][Kuba] gestorben ist. | |
| Die offizielle Todesursache lautet Selbstmord, Familienangehörige berichten | |
| von brutalen Schlägen von Gefängniswärtern, die zu seinem Tod geführt | |
| haben. Die in Mexiko ansässige [2][Nichtregierungsorganisation Justicia | |
| 11J] ist in Besitz von Fotos, die „Zeichen von Folter“ zeigten. | |
| Guillén war 2021 bei den größten Massendemonstrationen seit mehreren | |
| Jahrzehnten festgenommen worden. In vielen Städten gingen Tausende Menschen | |
| gegen politische Unterdrückung, die [3][Wirtschaftspolitik] und den Kurs | |
| der sozialistischen Regierung in der Coronakrise auf die Straße. | |
| Demonstrierende wurden von der kubanischen Polizei, teilweise von | |
| Spezialeinheiten, niedergeschlagen – zumindest punktuell überaus brutal, | |
| wie Videos dokumentieren. Offiziell ein Toter, aber auch mehrere | |
| Schussverletzungen zeugen davon, so Camila Rodríguez, Direktorin von | |
| Justicia 11J. | |
| ## Fehlende medizinische Versorgung | |
| Von den 1.586 im Anschluss an die Proteste vom 11. Juli inhaftierten | |
| Menschen, zu rund 90 Prozent Männer, sitzen 554 Haftstrafen von bis zu 20 | |
| Jahren ab. Angehörige klagen über extrem prekäre Bedingungen in den Zellen | |
| und eine weitgehend inexistente medizinische Versorgung hinter Gittern. | |
| Die Nichtregierungsorganisation Justicia 11J gründete sich im Anschluss an | |
| die Proteste und dokumentiert Festnahmen im Rahmen dieser. Camila Rodríguez | |
| war damals selbst auf der Straße und begann mit einer Gruppe engagierter | |
| Frauen eine Excel-Datei mit den Daten der Festgenommenen zu erstellen. | |
| Name, Alter, Adresse und der Ort, an dem die Personen in Gewahrsam kamen, | |
| notierten sie dort. Oft fügten sie Daten der Angehörigen dazu. Diese Datei, | |
| immer wieder durch Angaben von Angehörigen und später mit Informationen von | |
| den ersten Prozessen aktualisiert, wurde mit juristischen Organisationen | |
| wie Cubalex, aber auch mit Menschenrechtsorganisationen geteilt. Damit | |
| wurde Justicia 11J in den vergangenen Jahren zur zentralen Quelle von | |
| Menschenrechtsorganisationen auf der Insel. | |
| Momentan arbeitet die Gruppe, in der fünf, teilweise sechs Frauen arbeiten, | |
| im Exil in Mexiko. „Die politische Polizei Kubas, die Staatssicherheit und | |
| das neue Strafgesetzbuch hatten uns die Arbeit auf der Insel | |
| verunmöglicht“, sagt Camila Rodrígue. Nun analysiert Justicia 11J die | |
| repressiven Strukturen, aber auch die Realität in den Vollzugsanstalten der | |
| Insel aus Mexiko. | |
| ## Kuba weist UN-Organisationen ab | |
| Die sind prekär. Fakt ist, dass keine internationale Organisation seit 1989 | |
| kubanische Gefängnisse von innen gesehen hat. Damals wurde einem | |
| Internationalen Komitee vom Roten Kreuz letztmals Zugang gewährt. Seitdem | |
| sind mehrfach UN-Organisationen, zu denen Kuba generell gute Beziehungen | |
| unterhält, abgewiesen worden. Im Mai 2022 versicherte der Vizepräsident des | |
| UN-Ausschusses gegen Folter, Sébastian Touzé, dass Kuba derzeit die | |
| „weltweit höchste Gefangenenrate“ habe. | |
| Fachpublikationen wie der „World Prison Brief“ gehen von 200 Haftanstalten | |
| auf der Insel aus, wo mindestens 90.000 Häftlinge untergebracht sind. Das | |
| sorgt für eine Quote von 794 Inhaftierten pro 100.000 Einwohnern. Nur in El | |
| Salvador sind es mit 1.086 mehr. Zum Vergleich: In Deutschland sind 153 | |
| Personen pro 100.000 Einwohnern inhaftiert. | |
| Einer der über tausend politischen Gefangenen ist Luis Frómeta Compte. Der | |
| 61-jährige Deutschkubaner aus Dresden ist im „Combinado del Este“ | |
| inhaftiert und in dem Hochsicherheitsgefängnis bei Havanna mindestens | |
| einmal tätlich angegriffen worden. Dabei ist er mit einem scharfen | |
| Gegenstand an mehreren Stellen im Gesicht verletzt worden. | |
| Seine beiden Töchter machen in Deutschland mit Demonstrationen vor der | |
| kubanischen Botschaft in Berlin, aber auch in ihrer Heimatstadt Dresden auf | |
| den Fall aufmerksam. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den | |
| kubanischen Präsidenten Miguel Díaz-Canel um die Freilassung des | |
| 61-Jährigen ersucht, auch das Außenministerium und die Botschaft vor Ort | |
| sind für den Kubaner mit deutschem Pass aktiv geworden. | |
| ## Compte filmte die Proteste | |
| Bisher erfolglos, denn für die kubanischen Behörden ist Compte vor allem | |
| Kubaner. Dabei hat er seit 1997 die deutsche Staatsbürgerschaft und war am | |
| 11. Juli 2021 nur zum Familienbesuch auf der Insel. Da filmte er wie viele | |
| andere auch mit seinem Handy die Proteste, wurde festgenommen und von der | |
| Polizei als Rädelsführer eingestuft. Vor Gericht wurde er zu einer | |
| 25-jährigen Haftstrafe wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ verurteilt, die in | |
| der Revision auf 15 Jahre abgesenkt wurde. Die Familie von Luis Frómeta | |
| hofft auf eine politische Lösung mit seiner Ausweisung. | |
| 16 Dec 2024 | |
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| [2] https://justicia11j.org/ | |
| [3] /Wirtschaft-auf-Kuba/!6025383 | |
| ## AUTOREN | |
| Knut Henkel | |
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