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# taz.de -- Drei-Religionen-Projekt House of One: Leerstelle of One
> Längst sollten Christen, Juden und Muslime im „House of One“
> nebeneinander beten und miteinander reden – stattdessen klafft dort noch
> eine Lücke.
Bild: Hinter diesem Bauzaun soll es einmal stehen: das House of One
Berlin taz | Ein Leuchtturm der Verständigung soll es werden, das
3-Religionen-Projekt „House of One“ am Petriplatz in Mitte. Ein Gebäude mit
einer eindrucksvollen Ziegelarchitektur über den Fundamenten der einstigen
Petrikirche in Mitte, das getrennte Sakralräume für Christen, Muslime und
Juden mit einem Treffpunkt für alle unter einem Dach vereint. Seit 2009
gibt es den Plan, seit 2012 einen Entwurf, seit 2014 wird Geld eingeworben.
Was auch zehn Jahre später fehlt, ist immer noch – die Baustelle.
An der Getraudenstraße klafft weiterhin ein von Bauzäunen umgebenes Loch.
Die Leerstelle sticht umso mehr ins Auge, als sich links und rechts
mittlerweile die Lücken im Stadtbild geschlossen haben: Zuletzt wurde in
direkter Nachbarschaft das „Archäologische Haus“ fertiggestellt, in dem
bald die Grundmauern der mittelalterlichen Lateinschule besichtigt werden
können.
Die einzige bauliche Vorleistung für das House of One sind 71 Betonpfähle.
Die wurden 2019 ins Erdreich gerammt, um darauf den Neubau zu errichten und
die Überreste der Petrikirche zu erhalten. Seinerzeit galt das als
„symbolischer Startschuss“, zu dem noch Michael Müller als Regierender
Bürgermeister erschien.
Nach Verzögerungen durch die Coronapandemie fand die Grundsteinlegung im
Mai 2021 statt. [1][Damals führte die taz ein Interview mit drei Vertretern
des Projekts.] „Wenn das Haus in vier Jahren eröffnet, wird hier von
morgens bis abends ein sichtbarer, offener Dialog von und mit den
Religionen stattfinden“, sagte Pfarrer Gregor Hohberg.
Ausgerechnet Hohberg, Initiator und über die Jahre hinweg eines der
Gesichter des House of One, hat sich nun aus Berlin verabschiedet – er
wechselte im September von der Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien, wo die
Idee entstand, an die Potsdamer Nikolaikirche. Das House of One sei „auf
einem guten Weg“, so Hohberg, daher sei es „ein passender Zeitpunkt,
operative Tätigkeiten in andere Hände zu legen“.
Seinen Kollegen und Freunden, Rabbiner Andreas Nachama und Imam Kadir
Sanci, will Hohberg weiterhin beratend zur Seite stehen. Derweil sucht die
Stiftung „House of One – Bet- und Lehrhaus“ eine Nachfolge. Vier
Bewerbungen gebe es, heißt es, man befinde sich noch in der ersten
Auswahlrunde.
## Stark gestiegene Baukosten
Aber warum will es mit dem Bau nicht vorangehen? Stiftungs-Sprecherin
Kerstin Krupp verweist gegenüber der taz auf die stark gestiegenen
Gesamtkosten: Wurden 2014 zum Start des Crowdfundings knapp 44 Millionen
Euro veranschlagt, rechnet man nun aufgrund explodierender Preise in der
Baubranche mit fast 70 Millionen. Dabei wurde laut Krupp schon versucht,
den Bau zu „verschlanken“, ohne Volumen oder Ästhetik zu reduzieren.
So sollen etwa die ursprünglich für die gesamte Wanddicke vorgesehenen
hochwertigen Klinker – es handelt sich um ein gemauertes Gebäude ohne ein
Innenleben aus Beton – nur noch die äußerste, sichtbare Schicht bilden,
dahinter kämen günstigere Ziegel zum Einsatz. Auf Statik oder
Funktionalität habe das keine Auswirkung, sagt Krupp. Wegen der
Veränderungen befasst sich derzeit erneut das Bundesamt für Bauwesen und
Raumordnung (BBR) mit der Prüfung der Planungsunterlagen.
Durch den Preissprung fehlt auch immer noch Geld auf dem Konto. 53,2
Millionen Euro an Spenden, Förderzusagen und Eigenmitteln hat das House of
One mittlerweile, darunter über 25 Millionen als Zuwendung des Deutschen
Bundestags und fast 16 Millionen aus dem SIWANA-Fonds des Landes Berlin.
Aktuell läuft eine Kampagne unter dem Motto „1x Frieden mit allen, bitte“,
bei der sich zwei Stiftungen verpflichtet haben, alle private Spenden bis
zu einem Gesamtbetrag von 100.000 Euro zu verdoppeln. Der Weg ist also noch
weit.
Trotzdem könnte es irgendwann, vielleicht schon bald, eine richtige
Baustelle geben: „Wir haben ein Modell entwickelt, demzufolge der Bau in
Phasen vollendet wird“, sagt Krupp. Das lehne sich „an die Tradition der
schrittweisen Errichtung von Sakralbauten an, die von bürgerschaftlicher
Teilhabe getragen wurde“.
Als erstes würde dann zwar schon die Kubatur des Gebäudes entstehen,
genutzt werden könne aber vorerst nur der „zentrale Begegnungsraum“. Dafür
würden rund 53 Millionen Euro fällig. Die Sakralräume sollten dann „nach
und nach“ ausgebaut werden.
## Bildungsarbeit geht weiter
So lange verweisen alle Beteiligten auf die Bildungsarbeit, die sie im
Rahmen des House of One schon lange leisten – und die zuletzt immer
wichtiger geworden ist. 2024 habe das Bildungsteam allein bis November über
3.000 Menschen mit Workshops und Veranstaltungen zum Thema religiöse
Vielfalt erreicht, heißt es, deutlich mehr als im Vorjahr. Fast die Hälfte
seien Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gewesen.
„Schon während Corona begannen radikale Weltbilder unsere Gesellschaft zu
spalten“, sagt Osman Örs, Imam und theologischer Referent des House of One.
„Nach dem 7. Oktober, dem Überfall auf Israel und dem folgenden Gazakrieg,
haben diese Weltbilder an Häufigkeit und Intensität zugenommen.“ Parallel
hätten auch die Anfragen an das House of One zugenommen.
Im Hintergrund bleibt die Problematik, dass das Projekt nicht von den drei
Religionen gleichermaßen unterstützt wird: Während es etwa in der
evangelischen Kirche großen Rückhalt hat, ist nur ein kleiner muslimischer
Verein im Boot Dieser gehört der von Fethullah Gülen gegründeten
Hizmet-Bewegung an, die in der Türkei von der Erdoğan-Regierung als
terroristisch verfolgt wird. Auf die Frage, ob das House of One bezüglich
seiner Inhalte, aber auch der beteiligten Gruppen noch von allen Akteuren
mitgetragen werde, gibt Sprecherin Krupp allerdings eine klare Antwort:
„Ja.“
24 Dec 2024
## LINKS
[1] /Bau-eines-interreligioesen-Gotteshaus/!5771077
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Religion
Christen
Muslime
Lesestück Interview
Glaube, Religion, Kirchenaustritte
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