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# taz.de -- Weihnachtswerbung in Großbritannien: Schnöder Mammon statt Mann i…
> In Großbritannien bringen zu Weihnachten die Kleinspielfilme der
> Kaufhauskette John Lewis alle zum Heulen. Aber diesmal gab es
> stinknormale Werbung.
Bild: Nur ein f..... normales John Lewis- Kaufhaus in der Londoner Oxford Street
Im britischen Fernsehen beginnt die Weihnachtszeit, wenn zum ersten Mal der
John-Lewis-Weihnachts-Werbespot läuft. Die alljährlichen Kleinspielfilme
der Kaufhauskette für gut verdienende Kreise gehören seit fast zwei
Jahrzehnten zum britischen Kulturgut. „Very British! Dort einzukaufen
können sich nur wenige leisten, aber den Werbespot kennen leider alle?“,
sagt die Mitbewohnerin.
Ja, denn da kümmert sich mal ein kleines Mädchen rührend um den alten Mann
im Mond oder ein anderes um den süßen kleinen Feuerdrachen, der
versehentlich den Tannenbaum auf dem Dorfplatz abfackelt. Der Hase weckt
seinen Freund, den Bären, damit der nicht wegen des Winterschlafs das Fest
aller Feste verpennt. Und der [1][Schneemann] nimmt für Mrs Snowman den
gefährlichen Weg in die große Stadt auf sich, um ihr Weihnachtsfreude zu
schenken. Wer spätestens hier nicht heult, hat kein Herz.
Das gibt es zwar auch nicht bei John Lewis zu kaufen, aber um den Laden
geht es ja höchstens am Rande, sondern um die Botschaft „Alles wird gut,
wenn wir uns nur liebhaben“. Dazu wird meist noch ein karitativer Zweck
gegen [2][Alterseinsamkeit], für „Save the Children“ oder Tierschutz
befördert.
Bis zum Sündenfall 2024. Dieses Jahr spielt der John-Lewis-Spot völlig
dreist im John Lewis-Kaufhaus und ist Werbung! Mit stinknormalen Produkten,
die ins beste Licht gerückt werden. Aufgehängt wird das Ganze an der mäßig
poetischen Geschichte einer Frau, die durch eine Art „The Lion, the Witch
and the Wardrobe“-Vorhang in frühere [3][Narnia]-Zeiten hopst. Dort trifft
sie ihre Schwester in verschiedenen Lebensabschnitten. Und zwar schnöde in
bestimmten Abteilungen des Ladens, wo dann von Schmuck und Kleidung bis zu
Möbeln so ziemlich alles angepriesen wird. England is not amused.
## „Hallo, wir sind ein Kaufhaus“
Wie kommt John Lewis dazu, die frohe Botschaft einfach gegen ein „Hallo,
wir sind ein Kaufhaus“ auszutauschen? Klar, dem Einzelhandel geht’s
schlecht und nicht jedeR hat ’nen alten Mann im Mond zu beschenken. Dass
schnöder Mammon auch anders geht, beweist dieses Jahr der Christmas-Spot
der Lebensmittelkette Waitrose. Hier hockt die Familie zusammen, doch
plötzlich ist das Waitrose Red Velvet Bauble Dessert weg. Geklaut, einfach
verschwunden aus dem Kühlschrank. Alle sind verdächtig und haben ein Motiv.
Aber Familien-Sherlock Matthew Macfadyen (of „Succession“-Fame) ist wegen
des frisch geschenkten Detektivromans abgelenkt …
Waitrose ist übrigens die Lebensmittelmarke von John Lewis, wahrscheinlich
hat das Geld in diesem Jahr nur für eine kreative Glanzleistung gereicht.
Weswegen der Preis für den Tearjerker-Spot der Weihnachtsaison 2024
ausgerechnet an Amazon geht, wo eine Reinigungskraft zum singenden Star
wird. Und „What this world needs now, is love, sweet love“ trällert. Aber
diese frohe Botschaft nehmen [4][dem Ausbeuterkonzern] weder Mrs Snowman
noch der Mann im Mond ab.
27 Dec 2024
## LINKS
[1] /Verfilmung-von-Jo-Nesbs-Schneemann/!5455715
[2] /Projektmitarbeiter-ueber-Alterseinsamkeit/!5923065
[3] /Dritter-Teil-der-Chroniken-von-Narnia/!5130221
[4] /Ausbeutung-bei-Amazon/!5980811
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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