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# taz.de -- Landtagswahl in Österreich: Erfolgslauf der FPÖ geht weiter
> Mit einem historischen Ergebnis gewinnt die FPÖ die Wahl in der
> Steiermark. Die Schockwellen werden auch bei den Regierungsverhandlungen
> in Wien spürbar sein.
Bild: Für seine FPÖ läuft's in der Steiermark: ein erfreuter Parteichef Herb…
Wien taz | Nach der EU-Wahl und der Parlamentswahl hat die rechtsradikale
FPÖ nun auch die Landtagswahl in der Steiermark gewonnen. Und zwar
eindeutiger als vorhergesagt: Knapp 34,8 Prozent erreichten die Blauen, die
sich ausgehend von 17,5 Prozent damit etwa verdoppelt haben. Die bisher in
der Steiermark regierende konservative ÖVP verlor deutlich und kam auf 26,8
Prozent, die sozialdemokratische SPÖ verlor ebenso und landete bei 21,4
Prozent. Zuletzt hatten die beiden gemeinsam regiert. Auch die Grünen (6,2
Prozent) und die KPÖ (4,4 Prozent) haben verloren, die liberalen Neos (5,9
Prozent) leicht dazugewonnen.
Als wichtigste Themen bei der Wahl galten Inflation, Zuwanderung sowie der
Bereich Gesundheit und Pflege. Unter anderem die Zusammenlegung mehrerer
Spitäler in ein neues „Leitkrankenhaus“ sorgte für viel Unmut weit über …
betroffenen Gemeinden hinaus. Doch auch der Frust, dass die FPÖ auf
Bundesebene keinen Regierungsbildungsauftrag vom Bundespräsidenten erhalten
hatte, wurde oft als Motiv genannt. Auch der bisherige ÖVP-Landeshauptmann
Christopher Drexler führte sein schlechtes Ergebnis auf diese Entwicklung
zurück. Bereits im Vorfeld hatte er auch seine eigene Partei kritisiert,
mit [1][FPÖ-Bundesparteichef Herbert Kickl] nicht verhandeln zu wollen.
Eigene Fehler und Versäumnisse sah Drexler hingegen nicht.
Das Ergebnis ist auch überregional von Bedeutung, da die Steiermark mit
ihren 1,3 Millionen Einwohner:innen nicht nur das viertgrößte
Bundesland Österreichs ist, sondern auch das erst zweite, in dem je die FPÖ
gewann. Bisher gelang die Blaufärbung eines Bundeslandes bloß [2][Jörg
Haider], der das zuvor rote Kärnten Anfang der 1990er eroberte und damit zu
einem Pionier der europäischen Rechtsradikalen wurde. Seit 2013 wird
Kärnten wieder von der SPÖ regiert. Als Juniorpartner sitzt die FPÖ
hingegen bereits in mehreren Landesregierungen.
In der Steiermark, seit 1945 hauptsächlich von der ÖVP beherrscht, ist eine
Fortführung der bisherigen ÖVP-SPÖ-Koalition schon rein rechnerisch nicht
mehr möglich. Laut Landesverfassung geht der Regierungsbildungsauftrag
zudem zwangsläufig an den Wahlsieger, weswegen nun FPÖ-Spitzenkandidat
Mario Kunasek am Zug ist. Zwar ist auch eine Mehrheit gegen ihn möglich,
etwa wenn ÖVP und SPÖ noch die Neos oder Grünen mit ins Boot holen.
Angesichts des so eindeutigen Wahlsiegs und der politischen Großwetterlage
ist aber deutlich wahrscheinlicher, dass Kunasek der künftige
Landeshauptmann sein wird.
## Vom Verteidigungsminister zum Landeshauptmann?
Der 48-Jährige begann seine Karriere beim Bundesheer und kam 2008 auf einem
FPÖ-Ticket in den Nationalrat. Nach Jahren als FPÖ-Wehrsprecher war er von
2017 bis 2019 Bundesverteidigungsminister, bevor die Koalition mit der ÖVP
am [3][Ibiza-Skandal] zerbrach. Daraufhin kehrte Kunasek zurück nach Graz,
wo er die steirische FPÖ-Landtagsfraktion anführte.
Seit mittlerweile drei Jahren wird jedoch, neben anderen, auch gegen
Kunasek ermittelt: Die FPÖ Graz steht im Zentrum eines Finanzskandals, bei
dem bis zu 1,8 Millionen Euro veruntreut worden sein könnten. Die Affäre
kam Ende 2021 durch eine Selbstanzeige des ehemaligen FPÖ-Finanzreferenten
ins Rollen. Kunasek beteuerte am Wahlabend einmal mehr, dass sich die
Vorwürfe gegen ihn in Luft auflösen würden. Anklagen gibt es bis dato
keine, es gilt die Unschuldsvermutung.
## Auf Bundesebene wird noch immer koalitionsverhandelt
Anders als im Bund haben im Vorfeld der Wahl weder die steirische ÖVP noch
SPÖ ausgeschlossen, mit der FPÖ zu koalieren. Kunasek wolle bereits an
diesem Montag Gespräche mit den anderen Parteien aufnehmen. Zu erwarten
ist, dass die neue Landesregierung deutlich vor der neuen Bundesregierung
fixiert sein wird.
Zurzeit verhandeln im Bund ÖVP, SPÖ und Neos an einer bisher nie
dagewesenen Dreierkoalition. Ihr Zustandekommen ist fraglich, da die
ideologischen Unterschiede der drei Parteien größer kaum sein könnten.
Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte die ÖVP doch noch in
Verhandlungen mit dem Wahlsieger Herbert Kickl (FPÖ) treten.
Klar ist: Das steirische gestrige Ergebnis gibt den Freiheitlichen weiteren
Rückenwind im Bund. Schon jetzt macht die FPÖ massiv Stimmung gegen die
aktuellen Verhandlungen. Unter Druck steht vor allem auch die ÖVP, der bei
der Gemeinderatswahl in ihrem Kernbundesland Niederösterreich im Januar
herbe Verluste drohen. Dann könnten sich weitere beträchtliche Landesteile
blau einfärben.
25 Nov 2024
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## AUTOREN
Florian Bayer
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