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# taz.de -- Demokratie-Befragung in Niedersachsen: Jugend schützt vor Pessimis…
> Der Demokratie-Monitor untersucht alle zwei Jahre Einstellungen im Land.
> Zentrale Erkenntnis: Das Vertrauen in die Politik schwindet.
Bild: Von Misstrauen geprägt: das Bild der Politiker
Hannover taz | Zwei Befunde, sagen die Wissenschaftler vom Göttinger
Institut für Demokratieforschung, hätten sie besonders alarmierend
gefunden: Das Vertrauen darin, dass Politik in der Lage ist, die aktuellen
Probleme wahrzunehmen und zu lösen, sinkt und der Optimismus in die
Zukunftsfähigkeit des Landes auch – selbst bei jungen Menschen, die sonst
immer ein bisschen optimistischer waren als ältere.
Alle zwei Jahre versucht der [1][niedersächsische Demokratie-Monitor]
herauszufinden, wie gut sich die Niedersachsen im aktuellen politischen
System so aufgehoben fühlen. Dazu werden 1.000 zufällig ausgewählte
Menschen über 16 Jahre mit Wohnsitz in Niedersachsen telefonisch befragt.
Die Interviews wurden zwischen dem 12. Oktober 2023 und dem 18. Dezember
2023 durchgeführt – also lange vor dem Bruch der Ampelkoalition.
Das muss man hier wohl betonen, weil die Versuchung groß sein könnte, die
Ergebnisse mit diesem tagespolitischen Geschehen in Verbindung zu bringen.
[2][Die Befragung zeigt aber]: Schon Ende 2023 waren die Vertrauenswerte
deutlich im Sinkflug.
## Kaum noch Vertrauen in Parteien
Nur noch 13 Prozent der Befragten sagten, sie hätten Vertrauen in Parteien,
zwölf Prozent sagten das über Politiker – im Jahr 2019 hatten diese beiden
Werte noch knapp über 30 Prozent gelegen. Im Gegensatz dazu trauen 79
Prozent der Polizei, 67 Prozent dem Bundesverfassungsgericht und 50 Prozent
dem Verfassungsschutz, aber nur noch 40 Prozent den Medien.
Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) glaubt, dass die Politik die
wichtigsten politischen Probleme ignoriere. 32 Prozent trauen der Politik
keine Lösung der Probleme mehr zu. Als wichtigste Probleme benannt wurden
dabei: Migration/Zuwanderung mit sehr weitem Abstand, die Klimakrise und
die steigenden Energiepreise.
Dabei hängen die Zustimmungswerte aber auch stark von der politischen Ebene
ab, nach der gefragt wird: Mit ihrer Gemeinde- und Landespolitik sind die
Menschen anscheinend erheblich zufriedener als mit der Bundespolitik, die
sogar noch schlechter abschneidet als die EU.
## Hohe Zustimmung für abstrakte Grundwerte
Allerdings bietet der Demokratie-Monitor auch beruhigende Botschaften, für
denjenigen, der danach sucht. So gibt es in Niedersachsen immer noch hohe
Zustimmungswerte für abstrakte demokratische Grundwerte. Die meisten
Befragten verorten sich irgendwo in der politischen Mitte und stimmen
grundsätzlich der Aussage zu, dass alle Menschen gleiche Rechte haben
sollten.
75 Prozent lehnen die Aussage „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man
die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken“ ab. 62 Prozent glauben,
dass für eine Bekämpfung des Fachkräftemangels eine Zuwanderung
Hochqualifizierter unverzichtbar ist.
Deutliche Ablehnung gibt es dagegen für klassische rechtsextreme Aussagen
wie „Der Stärkere sollte sich durchsetzen“ (72 Prozent), „Das NS-System
hatte auch seine guten Seiten“ (86 Prozent), „eine Diktatur wäre die beste
Staatsform“ (95 Prozent). Ein geschlossen rechtsextremes Weltbild sieht die
Studie dann auch in Niedersachsen noch [3][seltener als im
Bundesdurchschnitt].
## Gefühl, abgehängt zu sein
Aber immer noch rund ein Viertel der Befragten stimmte einzelnen
rassistischen Äußerungen zu oder sagt, sie seien es leid, immer wieder von
den deutschen Verbrechen an den Juden zu hören. Auch scheinen Niedersachsen
einen gewissen Hang zur Autoritätsgläubigkeit zu pflegen, konstatieren die
Forscher: Immerhin 35 Prozent stimmen voll und ganz zu, wenn sie gefragt
werden, ob man härter gegen Außenseiter und Unruhestifter vorgehen sollte,
19,9 Prozent stimmen eher zu.
Zum ersten Mal untersucht hat die Studie, welche Rolle das Gefühl des
Abgehängtseins spielt. Gefragt wurde dabei nach der Zustimmung zu Sätzen
wie „Die Menschen in anderen Teilen von Deutschland verstehen und
respektieren nicht, wie die Menschen in meiner Region leben“, „Die Politik
in Hannover (oder Berlin) hat zu wenig getan, um die wirtschaftliche
Situation meiner Region zu verbessern“ oder „Die Politiker in Berlin (oder
Hannover) interessieren sich nicht für die Region, in der ich lebe“.
Dabei kam heraus, dass das Gefühl des politisch und wirtschaftlichen
Abgehängtseins offenbar verbreiteter ist als das kulturelle Abgehängtsein.
Rund um Hannover fühlt man sich weniger abgehängt als im Nordosten. Die
Autoren beschreiben einen Halbkreis, der von Lüneburg über Celle und
Braunschweig bis nach Göttingen reicht. Dabei scheint einerseits die
Erreichbarkeit von zentraler Infrastruktur eine Rolle zu spielen,
andererseits aber vor allem mangelnde wirtschaftliche Perspektiven.
Das scheint für die Vertrauensfrage momentan auch entscheidender zu sein
als der Rückblick auf vergangene Krisen: Immerhin 68 Prozent der Befragten
haben ein positives Bild von der Bewältigung der Coronakrise. Und 66
Prozent glauben an eine ähnlich positive Bewältigung der Klimakrise.
8 Dec 2024
## LINKS
[1] /Soziologe-ueber-Niedersachsens-Demokratie/!5599617
[2] https://www.uni-goettingen.de/en/891.html?id=7650
[3] /Demokratie-als-Krise/!6046805
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Meinungsbildung
Krise der Demokratie
Umfrage
Demokratie
Niedersachsen
Kolumne Einfach gesagt
Sparhaushalt
Autoritarismus
Krise der Demokratie
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