# taz.de -- Plädoyer im Prozess zu Polizeigewalt: Tödliche Schüsse, geringe … | |
> Im Prozess um den von der Polizei erschossenen Geflüchteten Mouhamed | |
> Dramé in Dortmund fordert die Staatsanwaltschaft Freisprüche. Mit einer | |
> Ausnahme. | |
Bild: Die fünf angeklagten Polizeibeamtinnen und -beamten kommen in den Gerich… | |
Dortmund taz | Im Prozess um den von der Polizei [1][in Dortmund | |
erschossenen Geflüchteten Mouhamed Dramé] hat die Staatsanwaltschaft am | |
Montag nur eine Freiheitsstrafe, aber viermal Freispruch für die | |
beteiligten Polizeibeamt:innen gefordert. Wegen Verleitung seiner | |
Untergebenen zu fahrlässiger Tötung und gefährlicher Körperverletzung soll | |
lediglich der Einsatzleiter der tödlichen Polizeiaktion, Thorsten H., eine | |
zehnmonatige Haftstrafe erhalten, die für zwei Jahre auf Bewährung | |
ausgesetzt werden soll. Außerdem soll er 5.000 Euro an eine gemeinnützige | |
Organisation zahlen. | |
Bei den weiteren vier Angeklagten, darunter auch der Todesschütze Fabian | |
S., plädierten Oberstaatsanwalt Carsten Dombert und Staatsanwältin Gülkiz | |
Yazir vor dem Landgericht Dortmund dagegen für Freisprüche. Zwar sei | |
unstrittig, dass Fabian S. Dramé getötet und seine drei Kolleg:innen | |
gefährliche Körperverletzung begangen hätten. Dabei seien sie aber einem | |
sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtum erlegen. | |
Alle vier Beamt:innen hätten auf dem Höhepunkt [2][des katastrophal | |
ausgegangenen Polizeieinsatzes] fälschlicherweise vermutet, von dem erst 16 | |
Jahre alten Geflüchteten angegriffen zu werden – und hätten deshalb | |
angenommen, sich in Notwehr verteidigen zu dürften, so die Argumentation | |
der Ankläger:innen. | |
Verantwortlich dafür sei aber allein die Einsatzplanung ihres Vorgesetzten | |
Thorsten H., der Mouhamed Dramé am 8. August 2022 zusammen mit elf weiteren | |
Beamt:innen eigentlich zur Hilfe kommen sollte. An diesem Montag hockte | |
der Geflüchtete aus dem Senegal im Hof einer Jugendhilfeeinrichtung in der | |
Dortmunder Nordstadt, [3][hielt sich ein Messer gegen den Bauch]. Bei Dramé | |
bestand Verdacht auf Suizidgefahr – erst am Tag zuvor war er deshalb in | |
einer Klinik in Behandlung. Betreuer:innen sprachen ihn an, doch der | |
Jugendliche reagierte nicht. Um 16.22 Uhr wählten sie deshalb den Notruf | |
der Polizei. | |
## Fataler Pfeffersprayeinsatz | |
Was danach passiert – gut dokumentiert durch den bis zu den Todesschüssen | |
weiterlaufenden und aufgezeichneten Notruf und die Funksprüche der | |
Polizist:innen untereinander –, schilderte Oberstaatsanwalt Dombert | |
noch einmal in aller Ausführlichkeit. Einsatzleiter H. beschloss, Mouhamed | |
Dramé ausgerechnet durch den massiven Einsatz von Pfefferspray am | |
befürchteten Suizid zu hindern. Der sollte dazu gebracht werden, sich an | |
die Augen zu fassen und dafür das Messer fallen zu lassen, so die Idee | |
dahinter. | |
Doch die scheitert katastrophal. Mit dem Messer in der Hand versuchte | |
Dramé, dem Reizgas auszuweichen – und lief auf die nur wenige Meter | |
entfernten Polizist:innen zu. Die fühlten sich tödlich bedroht, | |
beschossen ihn zunächst mit Elektroschockern – und nur 0,771 Sekunden | |
später dann auch mit einer Maschinenpistole vom Typ MP5. Sechs Schüsse | |
trafen seinen Oberkörper. Sein Tod wurde um 18.02 Uhr festgestellt. | |
Alternativen wie etwa den Einsatz von Psycholog:innen habe | |
Einsatzleiter Thorsten H. nie erwogen, erklärte Oberstaatsanwalt Dombert. | |
Zumindest er als Vorgesetzter sei deshalb zu bestrafen. Der Prozess, | |
[4][der seit Dezember 2023 läuft], wird am Mittwoch fortgesetzt. Ein Urteil | |
soll am 12. Dezember verkündet werden. | |
2 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Todesschuesse-in-Dortmund/!6009171 | |
[2] /Polizist-erschiesst-Teenager/!5872147 | |
[3] /Polizist-erschiesst-Teenager/!5872147 | |
[4] /Prozess-zu-toedlichen-Polizeischuessen/!5977944 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
## TAGS | |
Tödliche Polizeischüsse | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Polizei NRW | |
Dortmund | |
Polizeigewalt | |
Justiz | |
Polizeigewalt | |
Polizeigewalt | |
Tödliche Polizeischüsse | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Polizeigewalt | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Erschossener Geflüchteter Mouhamed Dramé: Revision gegen Freisprüche | |
Staatsanwaltschaft und Nebenklage akzeptieren nicht, dass niemand für den | |
Tod Mouhamed Dramés bestraft werden soll. Sie legen Revision ein. | |
Nach Urteilen im Dramé-Prozess: 1.500 Menschen protestieren gegen Freisprüche | |
Alle angeklagten PolizistInnen wurden im Prozess um die tödlichen Schüsse | |
auf Mouhamed Dramé freigesprochen. DemonstrantInnen fordern Gerechtigkeit. | |
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund: Freisprüche für die Polizei im Fall Mou… | |
2022 töteten Polizisten den 16-Jährigen Dramé in Dortmund. Nun hat das | |
Gericht ein milderes Urteil gefällt, als es die Staatsanwaltschaft | |
gefordert hatte. | |
Rassistische Polizeigewalt: Land Berlin wegen Kniefixierung vor Gericht | |
Vor dem Landgericht wird ein Fall von Polizeigewalt verhandelt. Der Fall | |
Zefanias M. erinnert an den Mord an George Floyd im Mai 2020. | |
Anstieg tödlicher Schüsse durch Polizei: Nicht eure Zielscheibe | |
Die Polizei hat 2024 so viele Menschen erschossen wie seit 1999 nicht mehr. | |
Viele dieser Menschen waren psychisch krank. Beamt*innen werden zur | |
Gefahr. | |
Todesschüsse in Dortmund: Ein verstörender Prozess | |
Im August 2022 erschoss die Polizei den Geflüchteten Mouhamed Dramé. Vor | |
Gericht offenbart sich in den ersten Prozesstagen das Versagen des Staates. | |
Tödlicher Polizeieinsatz in Dortmund: Sechs Schüsse ohne Vorwarnung | |
Im Prozess um den von der Polizei in Dortmund getöteten Mouhamed Dramé | |
räumen Beamte ein, dass ohne Vorwarnung geschossen wurde. |