Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pro und Contra: US-Präsident Biden hat seinen Sohn begnadigt – r…
> Vaterliebe versus Staatsräson: Zwei Meinungen zur Entscheidung von
> US-Präsident Joe Biden kurz vor dem Machtwechsel im Weißen Haus.
Bild: Father and son: US-Präsident Joe Biden mit seinem Sohn Hunter Biden
## Ja
Natürlich ist es richtig, [1][dass Joe Biden] seinen Sohn Hunter begnadigt
hat. Merken wir uns „natürlich“ und wenden unsere Aufmerksamkeit kurz einem
anderen Aspekt zu: Was hat Hunter Biden eigentlich getan? Er hat einen
Revolver gekauft und verschwiegen, dass er zum Zeitpunkt des Erwerbs
drogenkrank war. Nach unseren Maßstäben hätte er sich eher schuldig
gemacht, wenn er voll zurechnungsfähig eine Waffe gekauft hätte.
Hunter Bidens zweites Vergehen ist [2][Steuerbetrug], 1,4 Millionen
US-Dollar. Uli Hoeneß wurde wegen hinterzogener Steuern in Höhe von 27
Millionen Euro verurteilt. Nach einem halben Jahr Haft kam er in den
offenen Vollzug, ein Jahr später war er ein freier Mann. Nicht nur in
Bayern sind solche Fälle praktischer Begnadigung Legion. Wenn wir uns also
über politische Einflussnahme auf die Justiz erregen wollen, dann nur zu
und aber bitte – kehren wir doch erst mal vor der eigenen Tür.
„Natürlich“ wollten wir uns merken. Dieses Wörtchen lässt sich auf die
Bidens vielfältig anwenden. Sie sind Vater und Sohn – und es ist in einer
Welt, in der sonst immer die Kinder für die Versäumnisse und Verbrechen
ihrer Eltern büßen müssen, geradezu eine Wohltat, dass Joe Biden sich nicht
um sein persönliches Renommee schert, sondern seinen Sohn vor den
erwartbaren Verfolgungen eines sich etablierenden Unrechtsstaates schützt,
den ja nun mal eine Mehrheit der US-Bürger:innen sich wünscht.
Oder wollen wir über das durch [3][Bidens Entscheidung] beschädigte
Renommee der Demokraten reden? Über den Anspruch der erfolg- und
substanzlosen „When they go low, we go high“-Schwätzer? Der Mann, der alles
für Staat und Partei gegeben hat, soll nun auch noch wegen eines rein
politisch motivierten Manövers seinen Sohn auf dem Altar des
Gratismoralismus opfern?
Glaubt wirklich irgendwer, das schlagende republikanische Argument bei den
Midterms in zwei Jahren oder bei den Präsidentschaftswahlen in vier werde
Joe Bidens Amnestie für seinen – nicht übermäßig sympathischen – Sohn s…
Joe Biden bleibt auch in einer ganz privaten, natürlichen Entscheidung pro
Sohn Staatsmann, der weiß, dass er mit seiner Entscheidung niemandem
Schaden zufügt. Nicht nur in den USA wird man ihm noch viele Tränen
nachweinen. Ambros Waibel
## Nein
Seinen Sohn Hunter noch vor der Verkündung des Strafmaßes vollumfänglich zu
begnadigen, ist vermutlich die zweitschlechteste Entscheidung Joe Bidens
während seiner Präsidentschaft– nach jener, erneut kandidieren zu wollen.
Er respektiere die unabhängige Justiz und werde von seinem Recht nicht
Gebrauch machen, hatte Biden zu Beginn des Prozesses gegen seinen Sohn
erklärt, und dabei war er auch nach dem Schuldspruch im Juni geblieben.
Die Message war klar: Hier die Bidens, eine vom Schicksal gebeutelte
Familie, mit Fehltritten, politisch unter Druck, aber voll des
Bekenntnisses zum Rechtsstaat. Und auf der anderen Seite Trump, der
ausnahmslos alle Verfahren gegen sich als „politisch motiviert“ brandmarkt
und über dem Gesetz stehen will.
Es ist Joe Biden nicht verboten, seinen Sohn zu begnadigen – es ist das
Vorrecht eines Präsidenten, egal, wie unsinnig man das finden mag. Aber wie
Biden die Begnadigung begründet, ist unterirdisch: Hunter sei nur so hart
verfolgt worden, weil er sein Sohn sei, letztlich sei der Schuldspruch ein
Justizirrtum. Fehlte nur noch, dass Biden das Wort [4][„Hexenjagd“] oder
[5][„Lawfare“] verwandt hätte.
Gerade angesichts einer bevorstehenden zweiten Trump-Amtszeit wäre es
wichtig gewesen, den Kontrast aufrechtzuerhalten zwischen jenen, die in der
Justiz mit zweierlei Maß messen, und jenen, die tatsächlich die
Entscheidungen der unabhängigen Justiz respektieren. Jedes weitere Sägen an
der Glaubwürdigkeit der Justiz schadet massiv – und das in einer Zeit, wo
stabile Richter*innen ganz sicher gebraucht werden, solange Trump sie
noch nicht ausgetauscht hat.
Sicher, sobald Joe Biden nicht mehr Präsident ist, wird auch über Hunter
Biden niemand mehr sprechen; und natürlich war es eine gewaltige rechte
Propagandamaschine, die sich einzig und allein für dessen Fehlverhalten
interessierte, um damit dem Präsidenten an den Karren zu fahren, bis hin zu
dem vollkommen absurden Versuch, ein Amtsenthebungsverfahren zu initiieren.
In all den Jahren hat Joe Biden es geschafft, mit dieser Situation
würdevoll und aufrichtig umzugehen – als Staatsmann und als liebender
Vater. Viele haben ihm dafür Respekt gezollt. Dass er diese Balance so kurz
vor dem Ende aufgibt und die anstehenden Kämpfe noch viel schwerer macht,
schmerzt. Bernd Pickert
2 Dec 2024
## LINKS
[1] /US-Praesident-begnadigt-Hunter/!6053920
[2] /Leichteres-Spiel-fuer-Steuerhinterzieher/!6037884
[3] /Joe-Biden-in-Deutschland/!6043607
[4] /Urteil-gegen-Hunter-Biden/!6015090
[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Lawfare
## AUTOREN
Bernd Pickert
Ambros Waibel
## TAGS
Joe Biden
Begnadigung
USA
GNS
Kolumne Die Woche
Hessen
Joe Biden
USA
US-Wahl 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Biden, Georgien, Frankreich: Vorhöllisches Unterscheiden
Biden begnadigt seinen Sohn und schadet seiner Partei. Die EU sollte aus
der Vergangenheit lernen. Und Macron kann Regierungskrise besser als
Scholz.
Protest gegen Kies- und Sandabbau: Der neue Kampf gegen Gruben
Bei Frankfurt protestieren Klimaaktivist*innen gegen Sand- und
Kiesabbau in einem Wald. Konflikte wie dieser häufen sich in Deutschland.
US-Präsident begnadigt Hunter: Biden sieht seinen Sohn als Opfer eines „Just…
Entgegen früherer Ankündigungen spricht der scheidende US-Präsident Joe
Biden jetzt doch eine umfassende Begnadigung für seinen Sohn Hunter aus.
Waffenlieferungen in die Ukraine: Biden will neues Hilfspaket für die Ukraine�…
Biden will den Kongress über ein weiteres Ukraine-Paket informieren. Es
soll Panzerabwehrraketen, Drohnen und Luftabwehrsysteme beinhalten.
Urteil gegen Hunter Biden: Wahl zwischen Narzissmus und Demut
Innerhalb weniger Tage wurden Hunter Biden und Donald Trump gerichtlich
verurteilt. Das ist aber auch schon alles, was die beiden gemeinsam haben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.