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# taz.de -- Kulturkürzungen in München: München leuchtet nicht mehr
> Auch Bayerns Hauptstadt muss sparen. Die dortige Kulturszene ist
> alarmiert: Schon bald könnte die Stadt ihre kulturelle Strahlkraft
> einbüßen.
Bild: Ob Performances, wie die des Briten Martin Creed in der Münchner Villa S…
München taz | Ein Aufschrei geht durch die Münchner Kulturszene. Vor ein
paar Tagen kursierte ein offener Brief, der es in sich hatte – auch wenn
mehr als zwei Drittel des Platzes auf dem Papier die Namen der
UnterzeichnerInnen einnahmen. Und das waren nur die Erstunterzeichnenden.
Es war eine sehr bunte Runde: Kulturschaffende aus München,
spartenübergreifend, Hochkultur ebenso wie freie Szene, Institutionen
ebenso wie einzelne Künstler.
Die Intendanten von Residenztheater, Kammerspielen und Volkstheater waren
vertreten, aber auch DJs, Zirkusartistinnen, Designer, Schauspielerinnen
und Dirigenten; Museen, die Stadtbibliothek und Stadtteilzentren.
Grund für die Aufregung ist der neue Sparkurs der Stadt. Nun ist München
nicht die einzige Kommune, die ihre Ausgaben runterschraubt, gerade erst
hatte der Berliner Kultursenator Joe Chialo [1][Kürzungen in seinem
Zuständigkeitsbereich in der Höhe von 130 Millionen Euro] bekannt gegeben.
Nur: In der bayerischen Landeshauptstadt, die sich als deutsche
„Kulturhauptstadt“ (SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter) betrachtet und
noch immer zu den reichsten Städten der Republik gehört, schlägt eine
solche Nachricht ganz anders ein. Wenn sich schon München keine Kultur mehr
leisten kann, wer dann?
Dazu komme, klagen die Kulturschaffenden, dass bei ihnen überproportional
gespart werde. So sei der Kulturetat mit 3,2 Prozent des Gesamthaushalts
der kleinste Etat, müsse aber 9 Prozent der städtischen Sparauflagen
tragen. Die Briefeschreiber sehen nicht weniger als Münchens einzigartige
Kulturszene in Gefahr. Gerade in Zeiten, in denen die Gesellschaft und ihr
Zusammenhalt von Spaltung und Polarisierung bedroht würden, benötige die
Stadt Räume für Austausch und Kultur.
Diese spiele eine [2][wesentliche Rolle für eine funktionierende
Demokratie.] „In ganz Deutschland instrumentalisieren demokratiefeindliche
Kräfte bewusst einen verengten Kulturbegriff für ihre politischen Ziele und
fordern drastische Kürzungen. Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.“ Die
geplanten Kürzungen aber zerstörten die Struktur des kulturellen Angebots
„unumkehrbar“.
Es werde weniger Theatervorstellungen und Konzerte geben, Festivals stünden
auf der Kippe, die kulturelle Teilhabe von Kindern, Jugendliche und
Senioren ebenfalls. Und für Menschen, die in der Kulturszene ihren
Unterhalt verdienten – oft weniger als den Mindestlohn –, gehe es schlicht
um ihre Existenz.
Gut, ein bisschen Kultur wird es auch weiterhin geben. Christian Stückl,
Intendant des Volkstheaters, nahm jüngst die etwas übereilte Ankündigung
einer drohenden Insolvenz seines Hauses wieder zurück, man habe schließlich
noch ausreichend Rücklagen. In drei Jahren jedoch könne der an die Wand
gemalte Teufel womöglich Realität werden.
## Konkrete Vorschläge zur Rettung der Münchner Kultur
Konkret geht es um folgendes: Der gerade von der grün-roten
Stadtratskoalition ausgehandelte Haushalt 2025 sieht Einsparungen in Höhe
von 243 Millionen Euro vor, davon über 15 Millionen im Kulturetat. Den
Kürzungsplan halten die Koalitionspartner für „verträglich“ und verweisen
darauf, dass ja trotzdem notwendige Investitionen getätigt würden – etwa in
Kita-Essen, bezahlbares Wohnen, die Sanierung des Olympiaturms und einen
neuen Gewerbehof.
Auch in der Kultur seien die städtischen Häuser weiter gut ausgestattet,
bei Förderungen in der freien Szene werde gar nicht gekürzt. Und OB Reiter
wiegelt ab: „Von massiven Einsparungen, wie wir es aus anderen Kommunen –
[3][etwa aus Berlin] – hören, kann hier keine Rede sein.“
Das Bündnis „München ist Kultur“ sieht das freilich anders. Bei einer
Pressekonferenz nach der Veröffentlichung seines Offenen Briefes gaben die
Sprecher des Bündnisses auch konkrete Vorschläge zur Rettung der Münchner
Kultur, etwa die Einrichtung eines Kulturbeirats, der dem Stadtrat künftig
bei entsprechenden Themen zur Seite stehen solle, oder einen
„Soziokultur-Fonds“, in den die oberen zehn Prozent einzahlen und so die
Kulturszene erhalten.
Auch eine Kulturtaxe wie in anderen Städten wäre denkbar. So könnte die
Stadt jedem Hotelgast pro Übernachtung noch mal 2 Euro extra für die Kultur
in Rechnung stellen. Bei knapp 20 Millionen Übernachtungen im Jahr käme da
einiges zusammen.
1 Dec 2024
## LINKS
[1] /Berlin-spart-an-der-Kultur/!6048501
[2] /Theater-und-Aktivismus-in-Chile/!5984616
[3] /Protest-gegen-die-Berliner-Sparliste/!6048264
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
Kulturpolitik
München
Münchner Kammerspiele
Residenztheater München
Sparmaßnahmen
Feminismus
Kürzungen
Kolumne Starke Gefühle
Kürzungen
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