# taz.de -- Konzertempfehlungen für Berlin: Avantgarde und Groove | |
> 100 Jahre Luigi Nono, Jazz mit ausgeprägten Melodien, Vokalperformances | |
> und eine Band namens Los Bitchos sind diese Woche zu bestaunen. | |
Bild: Los Bitchos | |
Ist die Musik des 20. Jahrhunderts dabei, in die Ferne zu rücken? Wenn man | |
Konzerte mit Werken aus der Zeit erlebt, scheint die Reaktion des Publikums | |
oft das Gegenteil vermuten zu lassen. Trotzdem kann es nicht schaden, an | |
ihre Vertreter zu erinnern, selbst wenn es so monumentale Figuren wie der | |
Komponist Luigi Nono sind. | |
Der hätte in diesem Jahr 100. Geburtstag gehabt, und das Festival | |
Klangwerkstatt Berlin würdigt ihn am Freitag im Kunstquartier Bethanien mit | |
zwei Kammerwerken. Nonos Streichquartett „Fragmente – Stille, An Diotima“ | |
ist eines der bemerkenswertesten und leisesten dieser Gattung, das Sonar | |
Quartett spielt. | |
Das Ensemble Reflexion K gibt seinerseits „A Pierre. Dell’azzurro silenzio, | |
inquietum“ für Holzbläser und Elektronik. Zudem liest der Schriftsteller | |
Florian Neuner einen für den Anlass verfassten Text (15. 11., 20 Uhr, | |
[1][Tickets kosten 7 Euro]). | |
Am Donnerstag spielt im Gretchen das Trio Shalosh. Der Pianist Gadi Stern, | |
der Schlagzeuger Matan Assayag und der Bassist David Michaeli spielen eine | |
Mischung von Stilen, die man früher kurzerhand als Fusion bezeichnet hätte, | |
unter anderem lassen sie es mitunter schon mal rocken, fehlende Gitarre hin | |
oder her. Man soll mit diesen Ausdrücken aber ohnehin sparsam umgehen, weil | |
sie beim Lesen sonst dazu beitragen, dass sich die eine oder andere Klappe | |
senkt. | |
Was die Band aus Tel Aviv darbietet, ist jedenfalls sehr heutiger Jazz mit | |
viel Sinn für leicht verzierten Melodien, Dynamik und das Ganze mit einer | |
scheinbar unbefangenen Energie. Ihr jüngstes Album, mit dem man sich davon | |
überzeugen kann, heißt „Tales of Utopia“ (21. 11., 19.30 Uhr, Vorverkauf | |
12/18/25 Euro plus Gebühren / Abendkasse 30 Euro). | |
Ebenfalls an diesem Donnerstag geht es im Acker Stadt Palast mutmaßlich | |
abstrakter zu. „Zwischen Reduktion und Expansion“ heißt das Programm, wobei | |
es mit dem Abstrakten so eine Sache ist. Immerhin besteht das Trio | |
Generator, das diesen Abend bestreitet, aus drei Sängerinnen Frauke | |
Aulbert, Anna Clementi und Natalia Pschenitschnikova, die folglich mit | |
recht konkretem Körpereinsatz Werke aus der Zeit von 1988 bis heute | |
darbieten, immer mit Stimme, einige dazu mit Elektronik oder Objekten, | |
wodurch die Musikerinnen auch zu Performerinnen werden. | |
So ist denn wohl die Expansion in diesem Zusammenhang gemeint. Geboten wird | |
unter anderem Musik von der im vergangenen Jahr gestorbenen Komponistin | |
Kaija Saariaho, von Charlotte Seiter und die Uraufführung eines | |
Auftragswerks von Hanna Eimermacher ([2][Acker Stadt Palast], 21. 11., 14 | |
Euro). | |
Müssen doofe Bandnamen abgestraft werden? Nicht, wenn es sich um die | |
Londoner Band Los Bitchos handelt. Die vier Musikerinnen verbergen ihr | |
Können hinter ihrer Markenbezeichnung zugegebenermaßen ein klein wenig, | |
doch wie sie Funk- und Rockeinflüsse unterschiedlichster Traditionen von | |
kolumbianischer Cumbia bis zu türkischem Psychedelic mischen, hat nicht | |
bloß Stil und Witz, sondern eine Kraft, die geschmäcklerische Zweifel | |
sanft, aber entschieden beiseitezuschieben in der Lage ist. Kann man [3][am | |
Freitag im Festsaal Kreuzberg] am eigenen Leib erleben (22. 11.,20 Uhr, 29 | |
Euro). | |
15 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://t.rausgegangen.de/tickets/nono-100-fragmente-stille-klangwerkstatt-… | |
[2] https://ackerstadtpalast.de/ | |
[3] https://www.greyzone-tickets.de/produkte/863 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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