# taz.de -- LNG-Gipfel in Berlin: Zusammen gegen Greenwashing im Adlon | |
> Beim „World LNG Summit“ im Luxushotel Adlon treffen sich im Dezember | |
> Gaslobby und Politik. Umweltaktivist*innen kündigen zivilen | |
> Ungehorsam an. | |
Bild: Schiffbruch für den LNG-Gipfel? Klimaaktivist*innen protestieren seit La… | |
Berlin taz | Brunsbüttel, Wilhelmshaven, Rügen und das Berliner Luxushotel | |
Adlon haben bald eine Gemeinsamkeit: Liquified Natural Gas, kurz LNG. Im | |
Adlon gibt es zwar kein LNG-Terminal, dafür beherbergt das Hotel vom 9. bis | |
12. Dezember den „World LNG Summit and Awards“ – ein Gipfel der | |
internationalen Größen der fossilen Industrie. Neben Konzernen wie RWE, | |
Shell und BP wird auch die deutsche Politik vertreten sein. Einer der | |
Speaker ist Stefan Wenzel (Grüne), Bundestagsabgeordneter und | |
parlamentarischer Staatssekretär von Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck | |
(ebenfalls Grüne). | |
Doch auch die Klimabewegung will den Gasgipfel nicht unbeantwortet lassen. | |
Angekündigt hat sich etwa Ende Gelände, das [1][seit 2021 mit | |
Massenaktionen und Blockaden gegen LNG protestiert]. Bereits Anfang | |
November färbten Aktivist*innen der Letzten Generation den Brunnen in | |
der Lobby des Luxushotels mit Farbe ein und Ende Gelände entrollte ein | |
Banner mit der Aufschrift „Wir nehmen Fracking-Gas die Lobby“ aus dem | |
letzten Stock des Hotels. | |
Denn LNG, das als sauberes Gas beworben wird, steht unter anderem [2][wegen | |
Fracking in der Kritik]. Insbesondere in den USA kommt die Technologie, mit | |
der die Rohstoffe aus unterirdischen Gesteinsformationen gelöst werden, zur | |
Anwendung. Das verflüssigte Erdgas wird dann verschifft, [3][unter | |
erheblichen Risiken und Schäden für Umwelt und Menschen]. Außerdem besteht | |
LNG fast komplett aus Methan, das beim Transport entweichen kann. Methan | |
ist knapp 25-mal so klimaschädlich wie Kohlenstoffdioxid und hat einen | |
großen Anteil am Treibhauseffekt. | |
Laut einer [4][Studie des NewClimate Institute] ist der Ausbau von | |
deutschen Flüssiggas-Importkapazitäten überdimensioniert und stellt somit | |
eine Gefahr für das Erreichen der Klimaziele dar. Von der Politik wird das | |
Flüssiggas damit beworben, dass LNG-Infrastruktur zukünftig für grünen | |
Wasserstoff genutzt werden könne, was von Kritiker*innen und | |
Umweltorganisationen wie Greenpeace infrage gestellt wird. | |
## Blockaden und Massenaktionen | |
Unter dem Motto „Gaslobby stoppen“ planen verschiedene Klima- und | |
Umweltgruppen einen Gegengipfel in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung | |
in Friedrichshain. Vertreten sind NGOs wie Greenpeace, die Deutsche | |
Umwelthilfe oder die Gaswende. Bei der Gegen-Konferenz soll mit Vorträgen | |
und Workshops über LNG und Fracking aufgeklärt werden. | |
Ende Gelände kündigt außerdem zivilen Ungehorsam an: Blockaden und größere | |
Massenaktionen, aber auch kleinere Aktionen seien geplant. „Wir haben | |
versucht, verschiedene Gruppen das machen zu lassen, was sie gut können. | |
Wir treten auch bewusst gemeinsam als diese Vernetzung aus der Letzten | |
Generation, Ende Gelände, Robin Wood, der Interventionistischen Linken, | |
Fridays for Future und vielen weiteren Gruppen auf“, sagt Fran Leitner, | |
Sprecher*in von Ende Gelände, der taz. | |
## „Schulterschluss der Klimabewegung“ | |
Laut Jule Fink, ebenfalls Sprecherin der Gruppe, ist der Protest ein | |
„Schulterschluss der Klimabewegung und ein Schulterschluss gegen Gas“. Seit | |
vier Jahren steht LNG im Zentrum des Aktivismus von Ende Gelände. Doch | |
Flüssiggas ist, so Fink, „ein verdammt schweres Thema“, weil die Lobby | |
dafür groß ist und sich die Märchen über LNG effektiv verbreitet hätten. | |
Beim Greenwashing von LNG gebe es drei Haupterzählungen: einmal die vom | |
sauberen Gas, dann die vom Wasserstoff als Zukunftsperspektive und zuletzt | |
die, dass das Gas nötig sei, damit es warme Wohnzimmer geben kann. | |
„Fracking ist nicht ohne Grund fast gänzlich in Deutschland verboten“, sagt | |
Leitner. Die Gewinnung von LNG werde daher bewusst in Länder des globalen | |
Südens und in die USA ausgelagert. Am südlichsten Zipfel von Texas, | |
zwischen dem Atlantik und der Grenze zu Mexiko wird dabei in ökonomisch | |
schwachen Gebieten gefrackt, wo hauptsächlich Menschen aus Lateinamerika | |
leben. | |
Auch beim Bewerben von LNG als Brückenenergie für Wasserstoff gehe es um | |
koloniale Ausbeutung, so Fink. Dieser Wasserstoff käme dann oft [5][aus | |
wasserarmen Gebieten wie Nordafrika]. | |
## Ausbau nicht notwendig | |
Der schnelle Ausbau von LNG-Infrastruktur wurde im Jahr 2022 mit einer | |
Gasmangellage durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine begründet. | |
Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge | |
sei diese jedoch nicht eingetreten und die drei ersten schwimmenden | |
LNG-Terminals in Deutschland seien nur zur Hälfte ausgelastet gewesen. Ein | |
weiterer Ausbau ist [6][laut DIW also weder kosteneffizient noch | |
notwendig]. Fink sagt dazu: „Es gibt Alternativen zu Gas: Wir können uns | |
überlegen, wofür wir eigentlich Energie brauchen, wie wir sie produzieren, | |
und das demokratisch entscheiden.“ | |
Doch davon könne beim Gipfel im Adlon keine Rede sein: „Das ist ein | |
Schlüsselevent, weil dort alle wichtigen Akteure der LNG-Lobby | |
zusammenkommen werden“, sagt Fink. Leitner ergänzt: „Abends beim | |
Weinchentrinken können bei so einem Treffen ganz unter Ausschluss der | |
Öffentlichkeit Gas-Deals abgeschlossen werden.“ Das Ganze sei also auch ein | |
soziales und vor allem exklusives Event. Denn einfach so am Gipfel | |
teilnehmen geht nicht. Ein Ticket kostet über 4.000 Euro. | |
Der [7][Protest am 10. Dezember] soll auch mit Vorurteilen über die | |
Klimabewegung aufräumen. Die fossile Industrie vermittle immer wieder, dass | |
die Klimabewegung den Leuten etwas wegnehmen oder verbieten wolle. „Nein, | |
wir sind die Leute, die wollen, dass es demokratische Entscheidungen und | |
ein gutes Leben für alle gibt“, sagt Fink. Dazu würde auch gehören, dass | |
Menschen sich keine Sorgen über ihre überlebenswichtige Energieversorgung | |
machen müssen. „Wir finden es nur absurd, dass diese aktuell von Konzernen | |
organisiert wird, die vor allem profitorientiert handeln“, so Fink. | |
Vieles an diesem Protest gegen den LNG-Gipfel im Adlon wird wohl neu sein: | |
Ende Gelände ist dafür bekannt, in großen Massenaktionen aktiv | |
Infrastruktur zu besetzen, die sich fernab vom Stadtzentrum befindet. Mit | |
dem Gegenprotest soll es nun Blockaden und Aktionen im Herzen Berlins | |
geben. Das bedeutet mehr Sichtbarkeit. „Eines der Ziele ist auch, dass wir | |
durch das Zusammenbringen der verschiedenen Klimagruppen wieder eine | |
vielseitige Protestbewegung schaffen, an der sich Menschen gerne beteiligen | |
wollen“, sagt Fink. | |
28 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /LNG-Terminal-in-Brunsbuettel-besetzt/!6035753 | |
[2] /Energiegewinnung-durch-Fracking/!5848832 | |
[3] /LNG-Boom-in-den-USA/!5975624 | |
[4] https://newclimate.org/resources/publications/deutsche-lng-ausbauplane-fuhr… | |
[5] /Deutsche-Importstrategie-fuer-Wasserstoff/!6025859 | |
[6] https://www.diw.de/de/diw_01.c.893582.de/publikationen/diw_aktuell/2024_009… | |
[7] https://www.ende-gelaende.org/news/8-12-dezember-2024-gaslobby-stoppen-worl… | |
## AUTOREN | |
Martha Blumenthaler | |
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