# taz.de -- LNG-Terminal in Brunsbüttel besetzt: Ende fürs Hafengelände | |
> Ende Gelände hat am Donnerstag das im Bau befindliche LNG-Terminal | |
> besetzt. Die Arbeiter*innen im Hafen waren von der Aktion nicht | |
> überzeugt. | |
Bild: Protest gegen LNG in Brunsbüttel: Die im Bau befindlichen Stützpfeiler … | |
Brunsbüttel taz | Sie haben sich schon die weißen Maleranzüge übergezogen | |
und die Gesichter verhüllt, als sie in [1][Brunsbüttel] nahe des Hafens aus | |
dem Bus steigen. Schnell tragen die rund 50 Aktivist*innen der | |
linksradikalen Klimagruppe „Ende Gelände“ Banner, Schlauchboote und | |
Rücksäcke aus dem Fahrzeug. Wenige Meter entfernt ist schon der mit einem | |
Zaun abgesperrte Deich. Das Schloss wird aufgebrochen und schon laufen sie | |
los zum Hafengelände. | |
Am Donnerstagmorgen haben Aktivist*innen den in Bau befindlichen | |
Anleger für Flüssiggasimporte besetzt. Mit ihren Aktionen will Ende Gelände | |
auf einen sofortigen Ausstieg aus allen fossilen Energien einsetzen. Denn | |
an diesem Anlieger soll künftig dauerhaft das schwimmende | |
LNG-Terminalschiff „Hoegh Gannet“ liegen, das gerade noch wenige Meter | |
entfernt an einem anderen Pier angedockt ist. Solche LNG-Terminals wurden | |
an [2][verschiedenen Hafenstädten in Norddeutschland] gebaut, um sich nach | |
Kriegsausbruch von Russlands Gasimporten unabhängig zu machen. | |
Als die Aktivist*innen auf dem Gelände ankommen, wütet der erste | |
Arbeiter lautstark. Ob sie denn wirklich glaubten, damit einen Einfluss zu | |
haben. „Wollt ihr im Winter mit fünf Pullovern dasitzen?“, ruft er ihnen | |
zu, als die Aktivist*innen das Gittertor passieren. Die aufgebläht in | |
Weiß gekleideten Aktivist*innen stört das nicht weiter, sie verteilen | |
sich über das Gelände. Einige klettern auf einen Bagger, andere besetzen | |
einen Kran. Eine größere Gruppe läuft auf den Zugang zu den im Bau | |
befindlichen Stützpfeilern im Wasser. | |
Jule Fink behält die Situation vom Deich aus im Blick. „Einige werden sich | |
dort anketten, damit sie nur langsam geräumt werden können“, sagt die | |
Sprecherin von Ende Gelände. Vier weitere Aktivist*innen wuchten ein | |
Schlauchboot ins Wasser und paddeln los. Wenig später klettern sie an der | |
Schiffswand zu einem der Bauschiffe hoch. Es beginnt zu regnen. | |
## Festes Terminal an Land geplant | |
Auch Umweltverbände wie Greenpeace fürchten, dass durch den LNG-Ausbau | |
länger an fossilen Energiequellen festgehalten wird. Und in Brunsbüttel | |
soll das temporär genutzte Terminalschiff mittelfristig durch ein festes | |
Terminal an Land ersetzt werden, obwohl Bundeswirtschaftsminister Robert | |
Habeck (Grüne) erst vor wenigen Tagen die sogenannte Gasmangellage in | |
Deutschland für beendet erklärt hatte. Und dennoch: Für den Bau des festen | |
Terminals erließ das Land Schleswig-Holstein den endgültigen | |
Planfeststellungsbeschluss, teilte der Betreiber des Terminals, das | |
Unternehmen German LNG, zeitgleich zur Besetzung am Donnerstag mit. | |
Für Ende Gelände ist die Ablehnung von LNG nicht nur aus rein | |
klimapolitischen Gründen zwingend. „Wir stehen für Klimagerechtigkeit und | |
ein Ende der fossilen Ausbeutung, bei der eine Hand voll Konzerne | |
Milliardengewinne macht, während wir alle die Zeche zahlen“, sagt Fink. LNG | |
zerstöre vor allem die Lebensgrundlagen von Menschen in anderen Gebieten | |
der Welt. So stammt der Großteil des nach Deutschland importierten LNG aus | |
den USA, das dort mit der umstrittenen [3][Fracking-Methode] gewonnen wird. | |
Die Bohr- und Pressmethode ist in Deutschland weitestgehend verboten, in | |
den USA wiederum leide die lokale Bevölkerung an Luft- und | |
Wasserverschmutzung und an der wachsenden Zahl von Erdbeben. | |
Die Wut des Arbeiters hat sich nach wenigen Minuten gelegt: Er und seine | |
Kolleg*innen mit ihren Neonjacken haben sich mittlerweile am | |
Metallgitterzaun versammelt, wo eben noch die Aktivist*innen auf das | |
Gelände strömten. Mit verschränkten Armen und zusammengezogenen | |
Augenbrauen stehen sie anfangs da, nach einigen Minuten blicken sie | |
neugierig-amüsiert den Aktivist*innen hinterher. Die haben bereits | |
Banner zwischen den Stützpfeilern aufgehängt: „LNG stoppen“ und | |
„Kapitalismus überwinden“ ist darauf zu lesen. Fink unterstützt ihre | |
Mit-Aktivist*innen lautstark vom Deich aus; „Attacke, Attacke, LNG ist | |
kacke“, ruft sie, während der Regen von ihrer lila Mütze tropft. | |
Um kurz nach 9 Uhr schlagen etwa zehn Polizist*innen auf. Die | |
dunkelblau Uniformierten verteilen sich auf dem Gelände wie vorher die | |
Aktivist*innen. Ruhig laufen die Beamt*innen über das Gelände, | |
besprechen sich untereinander und mit den Arbeiter*innen. | |
## Besetzung dauert an | |
Hafenchef Frank Schnabel möchte sich am Donnerstag zu den Vorkommnissen | |
nicht im Detail äußern. Zwei Aspekte seien ihm jedoch wichtig: „Es wurde in | |
Kauf genommen, dass die Unruhe für die geschwächten Schafe zum Tod führen | |
kann“, sagt Schnabel. Schließlich sind die Schafe auf dem Deich, den die | |
Aktivist*innen zur Besetzung genutzt hatten, von der | |
Blauzungenkrankheit betroffen und die Deiche deshalb gesperrt. | |
Außerdem seien Demonstrationen für ihn nur so lange akzeptabel, bis die | |
„Flächen Dritter betreten“ würden. Am späten Donnerstagnachmittag dauerte | |
die Besetzung noch an. | |
26 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Luisa Gohlke | |
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