# taz.de -- Aktivistin über Klimastreiks: „Wir brauchen diese Konstante“ | |
> Fridays for Future ruft am Freitag zum Klimastreik auf, auch wegen der | |
> Landtagswahl in Brandenburg. Die Bewegung sei noch lange nicht am Ende, | |
> sagt Darya Sotoodeh. | |
Bild: Am Freitag ist wieder globaler Klimastreik. Auch in Berlin wird demonstri… | |
taz: Frau Sotoodeh, [1][Fridays for Future ruft zum Internationalen | |
Klimastreik auf.] Gleichzeitig gibt es mit dem Hochwasser wieder ein | |
Extremwetterereignis, das mit dem Klimawandel zusammenhängt. Mobilisieren | |
solche Ereignisse noch oder ist das längst Alltag? | |
Darya Sotoodeh: [2][Für diejenigen, die jetzt von der Flut betroffen sind, | |
wird das nie Alltag sein,] denn es ist enorm viel Schaden entstanden. | |
Menschen sind gestorben, andere haben ihre Angehörigen verloren. Daran | |
gewöhnt man sich nicht. Und obwohl Extremereignisse sich häufen und | |
gesamtgesellschaftlich ein gewisser Gewöhnungseffekt eintritt, haben die | |
Hochwasser Menschen aufgerüttelt und dem Klimawandel wieder mehr | |
Aufmerksamkeit verschafft. | |
taz: Was fordern Sie? | |
Sotoodeh: Von Politiker*innen erwarten wir, dass sie das Ausmaß und | |
die Gefahr der Klimakrise jederzeit ernst nehmen. Dass sie nicht nur in | |
betroffene Gebiete fahren, wenn Menschen gestorben sind und dort große | |
Versprechungen machen und gleichzeitig [3][Klimaschutzziele aufweichen]. | |
taz: Im Wahlkampf in Thüringen und Sachsen hat der Klimawandel kaum eine | |
Rolle gespielt, in Brandenburg ist es ähnlich. Rechtsextreme verzeichnen | |
Zugewinne, die Grünen gelten als Feindbild. Welche Schlüsse ziehen Sie aus | |
den Wahlen? | |
Sotoodeh: Die Ergebnisse sind schockierend, obwohl sie keine Überraschung | |
sind. Viele Menschen, auch in unserer Bewegung, fühlen sich jetzt | |
verständlicherweise weniger sicher in diesem Land. Wir sehen eine große | |
soziale Ungerechtigkeit in Deutschland. [4][Menschen können ihren | |
Wocheneinkauf nicht mehr bezahlen, das kenne ich selbst.] Die AfD | |
instrumentalisiert das Gefühl von Angst und Frust, das daraus entsteht. Sie | |
macht es sich leicht, indem sie auf Sündenböcke zeigt, denn einfache | |
Erzählungen ziehen in Krisenzeiten. Andere Parteien lassen sich mitziehen, | |
passen ihre politischen Maßnahmen an rechte Forderungen an. | |
taz: Aber noch mal: Was bedeutet das für Fridays for Future? | |
Sotoodeh: Wir haben gelernt, dass wir nicht auf jede Provokation eingehen | |
müssen und uns nicht um offensichtliche Falschaussagen und Scheinlösungen | |
drehen sollten. Denn die wahren Gründe für soziale Ungerechtigkeit liegen | |
woanders: Die Politik investiert zu wenig in Soziales, stattdessen erhalten | |
Konzerne jährlich Milliarden Euro Steuergeschenke und Subventionen. Wir | |
müssen über das sprechen, was wirklich wichtig ist. Wir wollen, dass | |
Menschen nicht ständig Geldsorgen haben, dass sie in Sicherheit leben | |
können und keine Angst haben müssen, nächste Woche selbst von einem | |
Hochwasser betroffen zu sein. [5][Dafür haben wir klare und umsetzbare | |
politische Forderungen.] | |
taz: In Umfragen gibt [6][eine Mehrheit an, wegen der Klimakrise besorgt zu | |
sein.] Deutlich weniger Menschen blicken positiv auf die Klimaproteste. | |
Muss sich Ihre Strategie ändern? | |
Sotoodeh: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir die Konstante der | |
Klimaproteste weiter liefern. Es gehen Hunderttausende mit uns auf die | |
Straße, das ist immer noch der größte Klimaprotest Deutschlands. Wir müssen | |
der Politik zeigen, dass wir immer wiederkommen werden, wenn sich nichts | |
ändert. Und es hat sich auch viel bewegt: [7][Das Bundesverfassungsgericht | |
hat geurteilt, dass Klimaschutzmaßnahmen nachgeschärft werden müssen.] | |
Gleichzeitig gibt es immer wieder Rückschläge, das Klimaschutzgesetz wurde | |
wieder aufgeweicht. Das Wichtigste ist, dass wir eine breite Unterstützung | |
für unsere geforderten Maßnahmen erreichen. | |
taz: Anfang 2024 hat [8][Fridays for Future sich im Bündnis | |
#Wirfahrenzusammen] mit streikenden Beschäftigten im Nahverkehr | |
zusammengetan. Was ist davon geblieben? | |
Sotoodeh: Es konnten in einigen Betrieben bessere Bedingungen für Bus- und | |
Bahnfahrer*innen ausgehandelt werden. Und wir konnten ein Bündnis | |
zwischen Arbeiter*innen und der Klimabewegung schaffen. Das hat | |
gezeigt, dass wir sehr gut zusammen für unsere Rechte einstehen können, | |
dass es gemeinsam besser funktioniert. Das ist wichtig gegen rechte | |
Parolen, die immer wieder behaupten, wir würden das Leben der arbeitenden | |
Bevölkerung nicht verstehen. Das Beispiel #Wirfahrenzusammen zeigt auch, | |
wie einfach es wäre eine sozial gerechte und klimafreundliche Gesellschaft | |
gleichzeitig zu gestalten. | |
taz: Wie geht es jetzt weiter? | |
Sotoodeh: Wir wollen uns weiterhin mit Gewerkschaften verbinden, auch in | |
der Automobilbranche, wo es inhaltlich erst mal schwerer ist. Denn auch da | |
gibt es Ansätze für eine Transformation und Lösungen, bei denen gute | |
Arbeitsplätze erhalten bleiben oder neue entstehen. Außerdem vernetzen wir | |
uns mit Initiativen für eine gerechtere Wohnungspolitik, zum Beispiel mit | |
dem [9][Bündnis gegen Verdrängung #Mietenwahnsinn,] bei deren Demo wir als | |
Fridays for Future dabei waren. Dann engagieren wir uns noch für das | |
[10][Bündnis Soziale Wärmewände], das Klima und die Wohn- und Wärmewände | |
direkt verbindet. | |
19 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://fridaysforfuture.de/klimastreik/ | |
[2] /Rekord-Hochwasser-in-Mitteleuropa/!6037322 | |
[3] /Aufweichung-des-Klimaschutzgesetzes/!6006867 | |
[4] /Preissteigerung-bei-Lebensmitteln/!6019124 | |
[5] https://fridaysforfuture.de/forderungen/ | |
[6] https://yougov.de/politics/articles/50554-die-halfte-der-deutschen-sorgt-si… | |
[7] /Umweltjurist-ueber-Klima-Urteile/!6021789 | |
[8] /WirFahrenZusammen/!5995633 | |
[9] https://www.mietenwahnsinn.info/2024/ | |
[10] https://www.instagram.com/p/C7y9LGuoF7U/ | |
## AUTOREN | |
Luisa Faust | |
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